De Libero Arbitrio

Methodius

Methodius, De Libero Arbitrio, Bonwetsch, Hinrichs, 1917

Aber auch darüber hast du zu fragen (oder »wirst Du fragen«), woher, wenn niemand böse war, der Schlange, welche man Teufel nennt, die Kenntnis des Bösen. Entgegen wird aber dies gut gesagt, daß der Teufel das als böse erkannte, Gotte ungehorsam zu sein, daher er auch den Menschen dazu anreizte.

Denn wenn ein Feind die Feindschaft verbirgt, heimlich mit Bösem umgeben wollend, jedoch nicht kennend die Weise des Bösen, auf welche er imstande sein wird, das zu tun, was er sinnt, indem er einen der Heilkunst Kundigen fragt, der dem Nächsten kund getan hat — nämlich jenem, dem dieser (sein Feind) Schaden antun wollte — diejenige Weise, auf welche er imstande sein wird, gesund zu sein; sei es, daß er eine Zeit bestimmt hat, in welcher allein der Speise zu gebrauchen, oder das Meiden vieler Speisen oder nur diese Speise meidend;

jener aber sofort, sobald er es gehört, nachdem er wie mit Freundschaft gekommen und den Arzt verleumdet, als der Schädliches ihm befohlen, heißt ihn wiederum das Entgegengesetzte von dem tun, was jener (der Heilkundige) befohlen, und so vertrauensvoll machend bereitete er Schaden dem Menschen, nicht vor diesem die Weise des Bösen kennend, sondern von dem Befehl des Arztes es lernend.

So verstehe mir auch den Teufel, daß er zuerst eifersüchtig war, ferner alsdann, daß er nicht kannte die Weise, wie Böses zu tun. Denn nicht war zuvor Böses, von dem er hätte die Kenntnis nehmen können. Er wußte aber, daß von Gott ein Gesetz dem Menschen gegeben, welches [*](S Ezn 2 »gegeben«: »Frage, woher dem Teufel die Kenntnis (statt dianolŭ unĕdĕnie l. diavolu vĕdĕnie) des Bösen wird« + S 4f »welche ihr Satan nennt« Ezn 5 »Entgegen — gesagt« Z. 6: »Wir sagen« Ezn 8 »mit B. umg. wollend«: »schaden will« Ezn 9 »auf—meidend Z. 15: »und sich hinundhergehend umhertreibt, die Mittel ausfindig zu machen, dann aber die Zeit findet, da einer der Ärzte seinem Feinde den Auftrag gibt, sich diesem nicht zu nahen und von jenen Speisen nicht zu kosten, wodurch er zur Gesundheit gelangen könnte« Ezn 15 »diese« S 25v | »meiden« φεύγοντα: viell. φευκτέον 17 »als d. Schädl. ihm bef.«: »das ihm als nützlich Verordnete als schädlich darstellt« Ezn 19 »so vertr. machend«: »hierdurch« Ezn 21 »es lernend«: »die Mittel gefunden hat und ihm schädlich geworden ist« Ezn 22 »zuerst — alsdann, daß er«: »den ersterschaffenen Menschen beneidete und« Ezn 25 »Er wußte aber«: »Als er aber hörte« Ezn)

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nicht gestattete Speise zu essen von einem gewissen Baum — wie mir scheint, nicht wie wenn der Baum den Tod enthielte, sondern wie als den Menschen nicht dienlich zur Speise erkannt habend —; sie es, weil die Pflanze den Tod gab, und deshalb der Mensch verhindert ward, von ihm zu nehmen, von welchem der Mensch auch zu sterben schien, sei es wiederum, daß, Gotte ungehorsam zu sein, Ursache des Todes dem Menschen, als der das gatan, was Gott verboten.

Er überredete den Menschen zu übertreten das Gebot Gottes, noch nicht wissend, welches ihr Böses ist; als er aber hernach Gott den Menschen tadelnd in betreff dessen, daß er sein Gobot übertreten, wahrnahm, und den den Lohn der Verurteilung Empfangenden, da erkannte er, wie das Böse ist, nicht aus einer früheren Substanz, sondern von der Drohung Gottes.

Wie wir nun einen Arzt nicht tadeln, welcher angesagt, auf welche Weise ein Mensch gesund sein könne, wenn auch vielmhr der Feind früher nicht wußte, auf welche Weise möglich sei, jenem Schaden zu tun, sondern von der Mahnung des Arztes es lernte. Denn nicht gebührte es dem Kundigen, das Geeignete (συμφέρον?) zu ver- [*](S Ezn 1 »von einer todbringenden Frucht« Ezn und + »da legte er diese dem Menschen vor« 1f »wie mir scheint — zu sterben schien« (»und — nehmen« Z. 4f auch bei Ezn) Z. 5: »nicht als ob sie schädlich gewesen wäre für die Nahrung des Menschen oder von Natur eine todbringende Pflanze« richtig Ezn 6 »des Todes« S 26 7 »als der — verboten«: »wie einem Verbrecher, welcher den Befehl des Befehlgebers übertritt, der ihm aufgetragen wurde« Ezn | »Er«: »der Feind« Ezn 8f »noch nicht w., w. i. B. ist«: »Denn nicht etwa mit Gewißheit wußte er, daß er dadurch etwas ihm Schädliches tun könnte, sondern im Zweifel und im Unklaren sich annähernd, ob es gelingen werde oder nicht gelingen werde« Ezn 10 »und den — Empfangenden« Z. 11 und (Z. 11f) »wie das Böse — Drohung Gottes« Z. 13: »daß seine Gebote ihm den tod bewirkten und daß mit Recht er und der Mensch bestraft worden seien, welchen er zum Ungehorsam verleitet hatte, zu kosten von dem Baum, welcher nicht von Natur todbringend war, sondern erst durch die Androhungen Gottes die Ursache solcher Dinge geworden ist« Ezn 11f vielleicht »nicht aus einer früheren . . erkannte er da, wie das Böse ist« 15 »wenn auch — lernte« Z. 17: »während dieser, die Befehle des Arztes beiseite lassend, dem Feinde folgte, welcher ihm schädliche Ratschläge gab, wodurch die Ursache des Schadens nicht vom Arzte, welcher ihm schon vorher es vorausgesagt hat, zu verstehen ist, sondern vom Feind, welcher vom Gebote des Arztes das ihm Schädliche erfand« Ezn 17f »Denn nicht — gestehend S. 193, 7 < Ezn)

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bergen, denn ohne zu wissen hätte juner auch dies vielleicht gegeben, was er der Weisung des Arztes entnahm, und wäre schuldig des von hier etwas Böses Empfangens, obschon alsdann nicht wissend, daß jener Leiden empfängt, so daß er nicht Strafe empfangen wird; und dem Feinde zwar wäre der Anschlag zugetroffen, das Gericht aber konnte er nicht empfangen wegen unvernünftiger Feindschaft, nicht

wenn auch durchaus der Teufel feind der Menschen geworden war, er noch nicht Kenntnis des Bösen hatte, sondern aus dem Gebot (es) erkannte, als Gott bedräute, dem Menschen kung tuend, daß er, wenn er gegen seinen Willen von dem Baum essen werde, den Tod haben werde als Strafe. Denn wenn er nicht dem Menschen zuvor kung getan, daß er noch nicht will, daß er esse vom Baum, so hätte er vielleicht ganz unwissend gegessen und hätte ein Ende gehabt auch des Lebens, sei es wie noch nicht imstande zu ertragen die Frucht des Baumes — wie auch nicht ein Kind, noch mit Milch genährt, feste Speise empfangen kann — sei es wieder gegen den Willen Gottes vom Baum genommen habend; und wären zwar die Anschläge der Schlange [*](11 Gen. 2, 17 — 16 Theoph. Ad Autol. II, 25. Iren. Adv. haer. IV, 38, 1 S Ezn — 16 vgl. Prokop. PGr 87, 1 S. 164 B. Greg. Naz. Or. 38, 12 3 »obschon« ižde: »welcher« iže HSS 7 »Auf die« S 26v 10 »als Gott — kund tuend«: »wollte er dem Menschen schaden« Ezn 12 »er«: »Gott« Ezn 14 »und hätte — Baumes« Z. 16: »so wäre ihm die Todesstrafe nicht zuteil geworden; weil er aus Unkenntnis gegessen hätte oder aus Unenthaltsamkeit von der Speise des Baumes, so wäre er keiner Strafe schuldig gewesen« Ezn 16 »wie auch — kann« Z. 17: »Denn auch ein Säugling, welcher nach einer andern Speise verlangt, ist nicht strafbar, sondern bemitleidenswert, weil er beim Mangel an Milch sich hierzu verleiten ließ« Ezn | Prok.: ὁ δὲ Ἀδὰμ νήπιος ἦν· στερεὰ γὰρ τροφὴ τοῖς νεωστὶ τεχθεῖσιν ἀνάρμοστος. Theoph. S. 125 καὶ γὰρ νῦν ἐπὰν γενηθῇ παιδίον, οὐκ ἤδη δύναται ἄρτον ἐσθίειν, ἀλλὰ πρῶτον γάλακτι ἀνατρέφεται, ἔπειτα κατὰ πρόβασιν τῆς ἡλικίας καὶ ἐπὶ τὴν στερεὰν τροφὴν ἔρχεται. οὕτως ἂν γεγόνει καὶ τῷ Ἀδάμ. Iren. sicut infans solidum cibum adhuc accipere non potest, erat ὁ ἄνθρωπος ἀδύνατος λαβεῖν αὐτὸ (scil. τὸ τέλειον)· νήπιος γὰρ ἦν. Greg. or. 38, 12 τὸ ξύλον τῆς γνώσεως . . καλὸν μὲν εὐκαίρως μεταλαμβανόμενον . . οὐ καλὸν δὲ τοῖς ἁπλουστέροις ἔτι . . , ὥσπερ οὐδὲ τροφὴ τελεία λυσιτελὴς τοῖς ἁπαλοῖς ἔτι 17 »sei es — habend« Z. 18 < Ezn 18 »und wären — würdig ist« S. 194, 3: »Dagegen wurde die Schlange, welche der Satan ist, mit Recht bestraft, wegen der unversöhnlichen Feinchaft, welche sie gegen den Menschen hatte« Exn: mit S D r IV, 11 non est iusti iudicii ex praescientia damnari aliquid quod re et opere non sit admissum)

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in Exfüllung gegangen, nicht aber schiene sie nach Billigkeit Gericht zu empfangen wegen unvernünftiger Feindschaft gegen den Menschen, da sie, keinerlei Tat gewagt habend, <nicht> klar der Strafe würdig wäre.

Τὴν μὲν οὖν ἀρχὴν τοῦ κακοῦ τὸν φθόνον εἶπον ἔγωγε, τὸν δὲ φθόνον ἐκ τοῦ κρείττονι τιμῇ κατηξιῶσθαι τὸν ἄνθρωπον πρὸς τοῦ θεοῦ· τὸ δὲ κακὸν ἡ παρακοὴ ἐκ τοῦ προστίμῳ περιπεσεῖν τὸν ἄνθρωπον ὑπερβάντα τὴν τοῦ θεοῦ ἐντολήν. . . πολλάκις εἰ καὶ τὰ μάλιστα τὸ γινόμενον τῇ φύσει φαῦλον οὐκ ἔστιν, ἀλλά γε δὴ διὰ τὸ μὴ βούλεσθαι τὸν θεὸν γίνεσθαι αὐτό . . σαφῶς . . <τοῦτο> ὑπάρχειν κακόν.

ἦν <ποτε γὰρ> καιρός, ὅτε προσέταξεν ὁ θεὸς τῷ πρώτῳ λαῷ εἰς τὴν τῆς ἐπαγγελίας εἰσάγειν γῆν, καὶ τότε μὲν οὐκ ἐπείσθη τῷ θείῳ προστάγματι οὐδὲ τῆς ἐπαγγελίας ἀπολαύειν ἤθελεν· ὕστερον δ᾿ αὖ πάλιν ἐπέχοντος τοῦ θεοῦ τὴν εἴσοδον τὴν ἐκεῖ ἔλαττον ἐφρόντισεν παρακούειν τοῦ θεοῦ δεδιδαγμένος καὶ παρὰ τὴν θείαν βουλὴν εἰσελθὼν δικαίαν ἀπῃτήθη τιμωρίαν. Ebenso <sagen wir>, daß wenn auch durchaus dies seiner Substanz nach nicht böse ist, <es böse sei,> weil Gott nicht will, daß es geschehe, und daß die Menschen gelehrt werden, es zu tun.

Aber nun zu sagen, daß der Teufel sofort, nachdem er geworden, von Gott wisse, daß das Böse Gotte ungehorsam zu sein, daß [*](4 S. zu De autex. 17, 5 S. 190, 11. De res. I, 36, 2. 3 — 6 Iren. Adv. haer. IV, 39, 1 S C (von Z. 4 an) D r (bis Z. 3, s. zu S. 193, 18) Ezn 4 C in C 236r und R 222r (Holl 196). Lemma C ἐκ τοῦ αὐτοῦ (vorausgeht De autex. 13, 1—5), R τοῦ αὐτοῦ (vorausgeht De resurr. I, 38, 3. 4) | εἶπον ἔγωγε: »bezeichnen wir« Ezn 6 »τὸ δὲ — παρακοὴ«: »und das Böse vom Ungehorsam des Menschen« Ezn | ἐκ τοῦ — ἐντολήν Ζ. 7: »denn Gott hat den Menschen so sehr geehrt, dieser aber war ungehorsam und trat das Gebot mit Füßen« Ezn |ἐκ τοῦ — ὑπερβάντα Ζ. 7 < C r | προστ. περιπ.] πρὸς διαθήκην προσπεσεῖν (εἰσπεσεῖν)? »in das Testament gefallen« S 7 ὑπερβάντα S Md: ὑπερθέντα C | τῆς τ. θ. ἐντολῆς C r | . .] »daher auch« S 27 | πολλάκις — μάλιστα . . ἔστιν Ζ. 8: »Darum finden wir alles das« Ezn 9 σαφῶς — κακόν Ζ. 10] »Wenn aber nun man beistimmen muß, <Böses> zu tun sei nur das Gotte ungehorsam zu sein, so deutlich gelernt habend, dies sei böse« S | σαφῶς < Ezn ὑπάρχει C Ezn 10 »ἦν — zu tun« Z. 18 < Ezn | ποτε γὰρ + S 19 »Daß nicht (< S b) böse zu sagen, der Teufel kenne das Böse, Gotte ungehorsam zu sein« vor» Aber nun« + mit roter Schrift S 20 »von Gott wisse« S Ezn: viell. (»geworden) von Gott, wisse« | »das — daß Gott» Z. 20f < Ezn)

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Gotte ungehorsam sein böse, nicht gut, scheint mir zu sein. Denn nicht unvernünftig ward er von Gott, so daß er nicht unbewußt war, daß nicht gut ist, wider den Willen Gottes etwas zu tun.

Denn deshalb sage ich, werde er mit Recht gepeinigt, weil, vernünftig von gott geschaffen und das Wissen besitzend, daß das Böse ist, sich dem Willen Gottes zu widersetzen, er wagte dieses zu tun. Das Böse aber nenne ich den Ungehorsam; nicht als ob ich sagte, irgend ein zuvor seiendes Element habe in Kenntnis der Teufel, sondern als gewollt habend, daß etwas von dem Accidierenden geschehe.

Ich sage daher, daß <auch> der Mensch mit Recht Strafe empfange für das, was er tut, denn mit eigenem Willen gibt er sich zum Lernen, er steht aber ab vom Lernen dann, wenn er selbst will. Denn er hat die Macht zu wollen und nicht zu wollen. Es folgt aber, daß er auch tun kann, was er will.