History of the Peloponnesian War

Thucydides

Thucydides. Geschichte des Peloponnesischen Kriegs. Wahrmund, Adolf, translator. Stuttgart: Krais and Hoffmann, 1864.

Diese Geschichten nun fielen den Athenern jetzt wieder ein, und man erinnerte sich an Alles, was man vom Hörensagen darüber wußte, und deßhalb war das Volk damals so schwierig und nahm die Anklage wegen der Mysterien, mit solchem Argwohn auf und glaubte, daß Alles mit einer Verschwörung zum Zweck der Herstellung einer Adelsherrschaft oder einer Tyrannis zusammenhänge. Wegen dieser gereizten Stimmung des Volks waren schon viele und ansehnliche Bürger in's Gefängniß geworfen worden, und als die Sache

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gar kein Ende zu nehmen schien, sondern die Erbitterung und Leiden- [*]( 4l5 v. Chr, ) schaft von Tag zu Tag stieg.und immer mehr Menschen .eingezogen wurden, so ließ.sich, einer der Gefangenen, der von Allen der Schuldigste zu sein schien, durch einen Mitgefangenen bereden, ein Geständnis zu machen — ob wahr oder unwahr, , muß dahingestellt bleiben; Vermuthungen werden für..beide Meinungen aufgestellt, aber .die Wahrheit in Betreff der-wirklihcen Thäter konnte damals und kann auch.heute Niemand mit Gewißheit angeben.. Jener indeß überredete den Andern,, indem er ihm sagte,, er selber werde sich Straflosigkeit erwirken, ob er nun der Thäter sei oder nicht, und den Staat werde er von der Gefahr des allgemeinen Mißtrauens befreien. Denn sein Leben werde er. eher erhalten, wenn er ein Geständniß mache, welchem Straflosigkeit zugesichert sei, als'wenn er bei seinem Läugnen beharre und sich dem Richterspruch unterwerfen müsse. Jener also machte sowohl gegen sich selbst, als auch gegen Andere die Anzeige, den Frevel an den Hermen begangen zu haben. Das Volk aber nahm dieß Geständniß, welches es für wahrheitsgetreu hielt, um so lieber an, als es vorher sehr erzürnt , darüber gewesen war, daß man diejenigen nicht sollte herausbringen können, welche die Volksherrschaft zu stürzen trachteten. Sie gaben also den Anzeiger und mit ihm Alle die, welche er nicht mit angeklagt hatte, frei, über die Angeschuldigten aber hielten sie Gericht und tödteten diejenigen, die sie in Händen'hatten, die Entflohenen aber verurtheilten sie gleichfalls zum Tode und setzten für deren Mord, einen Preis aus. Indeß auch hiebei war es ungewiß, ob die Betroffenen nicht mit Unrecht bestraft würden, aber die übrige Stadt hatte.freilich unter jenen Umständen offenbaren Nutzen davon...< : , i

Gegen den Alkibiades nun war das Volk, auf Betreiben seiner.Feinde, die auch schon vor der Abfahrt gegen ihn gewirkt hatten, sehr übel gestimmt, und da sie in Betreff des Hermenfrevels die Wahrheit zu wissen glaubten, so waren.sie. wegen der Mysterien, deren,Verhöhnung jener angeschuldigt.war, um so mehr überzeugt, daß.diese aus denselben geheimen Absichten und ebenfalls unter einer Verschwörung gegen die Volksherrschast von jenen ausgeführt worden sei. Zufällig war nämlich auch um dieselbe Zeit ein kleines Heer der Lakedämonier während dieser Wirren in Athen bis zum Jsthmos

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[*]( 415 v. Chr. ) vorgerückt, um im Einvernehmen mit den Böotiern irgend etwas zu unternehmen. Man glaubte nun, dieselben seien auf Betreiben des Alkibiades und nach einer Verabredung mit ihm, keineswegs aber der Bootier wegen, gekommen, und wenn sie nicht in Folge jenes Geständnisses noch grade rechtzeitig sich der Schuldigen versichert hätten, so wäre die Stadt wohl verrathen worden. Eine Nacht hatten sie auch im TheseuStempel in der Stadt unter Waffen geschlafen. Um dieselbe Zeit kamen auch die Gatsfreunde des AlkibiadeS zu Argos in den Verdacht, etwas gegen die Volksherrschaft im Schilde zu führen, und die Athener lieferten die Geißeln von Argos 65), die auf den Inseln lagen, damals dem Argivischen Volk aus, um sie dafür hinzurichten. Von allen Seiten also mehrte sich der Verdacht gegen den Alkibiades, demnah cwollten sie ihn vor Gericht stellen und hinrichten, und schickten deßhalb das Schiff Salaminia nach Sieilien, um ihn und die mit ihm Angeklagten nach Athen zu bringen. Es war der Auftrag, ihm nur zu sagen, daß er zu seiner Vertheidigung mitgehen solle; gefangen setzen dürften sie ihn nicht. Man mußte nämlich aus die eigenen Truppen in Sieilien Rücksicht nehmen und durste auch bei den Feinden kein Aussehen erregen; vor allen Dingen aber wünschte man, die Mantineer und Argiver, welche man durch jenen zur Theilnahme am Feldzug bewogen glaubte, bei der Armee zu erhalten. So ging also Alkibiades und die mit ihm Angeschuldigten auf seinem eigenen Schiffe von Sieilien mit der Salaminia ab, als wolle er wirklich nach Athen. In Thurii angekommen, gingen sie aber nicht weiter mit, sondern verließen das Schiff und versteckten sich, weil sie sich fürchteten, so schwer verklagt und verläumdet sich vor Gericht zu stellen. Die von der Salaminia nun suchten zwar eine Zeitlang nach dem Alkibiades und seinen Genossen, da diese aber wie verschwunden waren, so gingen sie wieder unter Segel nach der Heimat. Alkibiades aber, der nun schon so gut wie ein Verbannter war, fuhr nicht lange danach auf einem Kauffahrer von Thurii nach dem Peloponnes hinüber, und die Athener verurtheilten ihn und seine Genossen-'als gesetzwidrig Abwesende zum Tode. [*]( 65) Vergl. V, 84. )
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Danach theilten die beiden zurückgebliebenen Feldherrn der [*]( 415 v. Chr. ) Athener in Sieilien das Heer in zwei Theile und verloosten diese unter sich. Dann schifften sie mit der gesammten Macht gegen Selinus und Egesta, um sicher in Erfahrung zu bringen, ob die Egestaner das Geld hergeben wollten, und um die Verhältnisse der Selinuntier durch eigene Anschaung kennen zu lernen und sich über die Natur ihrer Streitsachen mit den Egestanern zu belehren. , Sie steuerten also an der Küste hin, Sieilien zur linken Hand lassend, d. h. die Seite der Insel, welche dem Tyrrhenifchen Meerbusen zugekehrt ist, und landeten bei Himera, der einzigen hellenischen Stadt in diesem Theile SicilienS; und da man sie.hier nicht aufnahm, so fuhren sie weiter. Im Vorbeifahren nahmen sie Hykkara, ein Titanisches Städtlein, das mit den Egestanern Feindschaft hatte und dicht am Meere lag. Die Athener machten die Einwohner zu Sklaven und übergaben den Platz den Egestanern, welche eine Reiter- abtheilung geschickt hatten. Sie selbst marschirten dann mit der Landmacht durch Sikulisches Gebiet, bis sie nach Katana kamen, wahrend ihre Schiffe mit den Sklaven die Fahrt um die Insel fortsetzten. Nikias selbst aber fuhr sogleich von Hykkara weiter an der Küste hin nach Egesta, verhandelte Verschiedenes mit ihnen, erhielt dreißig Talente ausbezahlt und fand sich dann wieder beim Heere ein. Sie verkauften nun die Sklaven und lösten daraus hundert und zwanzig Talente, dann schifften sie weiter bei ihren Bundesgenossen unter den Sikulern herum und forderten sie auf, ihnen Zuzug an Mannschaft zu schicken. Mit der andern Hälfte ihrer Macht aber zogen sie gegen das Geleatifche Hybla, welches feindlich gesinnt war, konnten es aber nicht einnehmen. So ging der Sommer zu Ende. <

Im folgenden Winter rüsteten sich die Athener sofort, um den Syrakusanern zu Leibe zu gehen; aber auch die Syrakusaner schickten sich ihrerseits an, jene anzugreifen. Da nämlich die Athener sie nicht in ihrer ersten Furcht und angstvollen Erwartung allsogleich angegriffen hatten, so war ihnen mit jedem Tag Aufschub der. Muth mehr gewahcsen, und als jene dann nach den weit von ihnen abgelegenen Gegenden Siciliens gesegelt waren und jetzt auch Hybla mit Gewalt zu nehmen versucht und doch nicht erobert hatten, so verachteten sie dieselben noch mehr, und wie denn der große Hause, wenn [*]( ThukydtdtS. VI. ) [*]( 9 )

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[*]( 415 v Chr ) ihm der Muth gewahcsen ist, zu thun pflegt, so verlangten sie von ihren Feldherren, sie gegen-Katana zu führen, da ja jene doch nicht gegen sie marschirten. Und ihre Reiter umschwärmten zur Beobachtung des athenischen Heeres dasselbe ununterbrochen aus der Nähe und riefen ihnen Spottreden zu, unter andern auch, ob sie nicht vielmehr gekommen seien, sich selbst in ihrer Nähe anzusiedeln, als um den Leontinern ihre Stadt wieder auszubauen? " - i ­

Die Feldherrn der Athener wußten dieß! und sie dachten nun, die ganze Streitmacht der Syraküsancr möglichst weit von ihrer Stadt wegzulocken, um gleichzeitig unter dem Schutze'der Nacht mit ihren Schiffen dorthin zu fahren und in aller Ruhe an einem passen-- den Punkte ein Lager zu schlagen. Denn sie wußten, daß dieß nicht eben so leicht-ginge; wenn'sie von ihren Schiffen im Angesicht eines kampfbereiten Heeres ihre Truppen'ausschiffen wollten, oder auch, wenn sie'unter den Augen jener zu Lande vorrückten, — denn ihren leichtewTruppen und dem großen Haufen wurde die sehr zahlreiche Syrakusanische Reiterei, bei ihrem völligen Mangel an dieser Waffe,' großen Schaden zufügen; so aber würden sie einen Platz in Besitz nehmen, von wo sie leicht vorgehen könnten, 'ohne «durch die Reiterei erheblichen Schaden zu erleiden. Syrakusanische Verbannte nämlich, die dem Heere folgten, hatten sie über die Beschaffenheit der Oertlichkeit beim OlyMpieion des Näheren belehrt; welchen Platz sie dann auch wirklich einnahmen. Um diese Absicht nun zu erreichen, setzten die Feldherren Folgendes in's Werk. Sie schickten einen ihnen ganz ergebenen Mann ab, der aber auch von den'Syrakusanischen Feldherren als ihrer Sache nicht weniger ergeben betrachtet wurde. Er war aber ein Katanäer und sagte, er komme von gewissen Männern aus Katana geschickt, die den Syrakusanischen Feldherren namentlich bekannt waren, und von denen man wußte, daß sie zu der den Syrakusiern treu gebliebenen Partei gehörten. ' Er berichtete nun, daß die Athener in einiger Entfernung von ihrem Waffenplatz die Nacht in der Stadt zuzubringen pflegten, und wenn jene an einem vorher bestimmten Tage mit ihrer ganzen Macht bei Sonnenaufgang das Lager angreifen würden, so wollten sie selbst die Athener in ihren [*]( 56) Ein Iupitertempel. )

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Mauern absperren und deren Schiffe in Brand stecken, und jene [*]( 415 v. Chr. ) konnten dann das Lager durch einen Angriff aus das Pfahlwerk lklcht i einnehmen. Unter den Katanäern seien sehr Viele gesonnen, dabei mitzuhelfen und hätten schon Alles in Bereitschaft gesetzt, und er selbst sei von diesen hergesandt.

Die Feldherren der Syrakusaner nun, die überhaupt voller Zuversicht waren und auch außerdem schon die Absicht hatten, gegen Katana zu marshciren, glaubten darum dem Menschen um so unbedenklicher, redeten sogleich den Tag mit ihm ab, wann sie ershceinen wollten, und entließen ihn wieder. Darauf sagten sie der ganzen städtischen Macht der Syrakufier an, daß man ausmarshciren werde — denn schon waren auch von ihren Bundesgenossen die Selinuntier und einige andere ershcienen. Als sie nun mit allen Zulüftungen fertig und auch die Tage schon nahe waren, die sie für ihr Kommen verabredet hatten, so traten sie den Marsch gegen Katana an und übernachteten am Flusse Symaithos auf Leontintfchem Gebiet. Die Athener aber, als sie von ihrem Herannahen Kunde erhielten, nahmen ihr ganzes Heer und was von den Sikulern oder sonst woher zu ihnen gestoßen war, brachten Alle auf-die Kriegs- und Lastschiffe und fuhren in der Nacht nach Syrakus. Hier nun stiegen die Athener bei Tagesanbruch in der Gegend des Olympieions aus, um dort einen Lagerplatz in Besitz zu nehmen; bei den Syrakufanern aber eilten zuerst die Reiter gegen Katana vor, und als sie merkten, daß das ganze Heer abgezogen sei, wendeten sie um und meldeten es dem Fußvolk, und nun machten Alle Kehrt, um der Stadt so rasch als möglich zu Hülfe zu kommen.

Da aber der Weg, den sie machen mußten, sehr lang war, so schlugen unterdessen die Athener in aller Ruhe ihr Lager an einem passenden Platze, von welchem aus sie jeden Augenblick, wenn eS ihnen beliebte, angriffsweise vorgehen, und die Reiterei der Syrakusaner ihnen vor und in dem Kampf nur den geringsten Schaden zufügen konnte; denn von der einen Seite schloffen Mauern, Häuser, Bäume und ein See den Platz ab, und von der andern Seite steile Abhänge.. Auch hieben sie die in der Nähe stehenden Bäume ab, schafften sie an's Meeresufer und rammten davon ein Pfahlwerklbei ihren Schiffen ein: Auch erbauten sie bei Daskon, wo ein Angriff [*]( 9' )

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[*]( 415 v. Chr. ) Seitens der Feinde am leichtesten möglich war, in aller Eile ein Kastell aus erlesenen Steinen und Holzwerk, und brachen die Brücke über den .Anaposfluß ab. Während die Athener dieß betrieben, kam aus der Stadt Niemand, um sie daran zu hindern; zuerst erschienen dann die Reiter der Syrakusaner, und später sammelte sich auch ihr ganzes Fußvolk. Sie rückten nun zuerst nah an das Athenische Lager heran, dann aber, als diese in ihrem Lager sich nicht rührten, zogen sie sich wieder zurück, überschritten die helorische Straße und lagerten die Nacht über im Freien.

Am folgenden Tag rüsteten sich die Athener und ihre Bundesgenossen zur Schlacht und stellten sich in folgender Weise auf. Den rechten Flügel hatten die Argiver nnd Mantineer, die Athener die Mitte, den andern Flügel die übrigen Bundesgenossen, Die eine Hälfte des Heeres war etwas vorgeshcoben, acht Mann hoch ausgestellt, die andere Hälfte blieb beim Schiffslager in einem Viereck, ebenfalls acht Mann hoch aufgestellt. Diesen war befohlen, sie sollten Acht haben und zu Hülse eilen, wo sie etwa einen Theil des Heeres in besonderer Bedrängniß sähen. Den Troß mit dem Gepäck stellten sie in die Mitte des Hinteren Vierecks. Die Syrakusaner aber stellten ihre Schwerbewaffneten sechzehn Mann hoch auf; eS war dieß die gesammte streitbare Mannschaft der Stadt mit den erschienenen Bundesgenossen — es waren ihnen nämlich zu Hülfe gekommen vor Allen die Selinuntier mit der größten Anzahl, dann auch Reiter der Gelaner, im Ganzen gegen zweihundert, und von den Kamarinäern einige zwanzig Reiter und gegen fünfzig Bogenschützen. Die Reiter stellten sie an den rechten Flügel, zusammen nicht weniger als Tausend zweihundert, und neben sie auch die Speerschützen. Weil nun die Athener zuerst angreifen wollten, so durchschritt NiklaS die Reihen, und nach Volksstämmen und insgesammt ermuthigte er sie mit diesen Worten:

„Wozu bedarf es langer Ermunterung, ihr Männer? Zum Kampfe sind wir ja hier, und Alle zum selben Kampfe. Unsere Rüstung scheint mir geschickter, um Muth einzuflößen, als schöne Worte, die an ein schwaches Heer gerichtet würden. Wo Argiver und Mantineer und Athener und die Ersten der Inselbewohner zu einander stehen, wie sollte da Einer mit solchen und so zahlreichen Bun»

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desgenossen nicht große Zuversicht des Sieges hegen, zumal gegen- [*]( 415 v. Chr. ) über Leuten, die nur ihren Volkshaufen entgegenstellen können, und nicht so auserlesene Männer, wie wir, — und was noch mehr ist, gegenüber Sikelioten, die zwar meinen, uns verachten zu dürfen, uns aber nicht Stand halten werden, weil ihre Geschicklichkeit hinter ihrer Kühnheit zurückbleibt. Es habe aber auch Jeder vor Augen, daß wir weit von unserer Heimat entfernt sind und hier keinen befreundeten Boden haben, außer den ihr selber mit dem Schwert erkämpfen werdet. Und ich rufe euch das Gegentheil von dem zu, was die Feinde, wie ich wohl weiß, den Ihrigen sagen werden. Jene sagen, daß sie um ihr Vaterland kämpfen, — ich sage euch, daß ihr hier nicht im Vaterlande kämpft, sondern an einem Orte, wo ihr siegen müßt, wenn ihr nicht einen Rückzug unter großen Gefahren haben wollt. Denn zahlreiche Reiterei wird euch dann auf dem Hals fitzen. So gedenkt also eures eigenen Werthes, geht muthig an die Feinde und seid überzeugt, daß die vorhandene Noth und Hülslofigkeit mehr zu fürchten find, als die Feinde."

Nachdem Nikias mit solchen Worten sein Heer ermuthigt hatte, führte er es grade auf den Feind los. Die Syrakufier waren aber in diesem Augenblicke noch nicht auf den Kampf gefaßt, und Einige von ihnen hatten sich sogar nach der Stadt begeben, die nahe war. Andere wieder kamen erst jetzt spornstreichs dahergelaufen, stellten sich aber noch da an, wo sie grade auf einen größeren Haufen stießen. Denn keineswegs ließen sie es an Eifer und Muth fehlen, weder in dieser Schlacht, noch in den andern; aber wenn sie auch den Athenern an Mannhaftigkeit Nichts nachgaben, soweit eben ihre KriegSersahrung reichte, so mußten sie doch bei deren Mangelhaftigkeit ihren guten Willen vergeblich aufgewendet sehen. Gleichwohl hatten sie nicht erwartet, daß die Athener sie zuerst angreifen würden; und so zu raschester Gegenwehr gezwungen, ergriffen sie die Waffen und rückten schnell vor. Zuerst entstand nun ein Geplänkel zwischen den beiderseitigen Steinwerfern ^), Schleuderern und Bogenschützen, und diese trieben sich auch gegenseitig in die Flucht, wie eS bei Leichtbewaffneten schon geht. Dann aber trugen die Wahr­ [*]( 67 Die aus freier Hand Steine warfen. )

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[*]( 415 v. Chr. ) sager die herkömmlichen Wahrzeichen der Opferthiere vor 6«), und die Trompeter der Schwerbewaffneten bliesen zum Angriff, und diese rückten vor, — die Syrakusaner, um für ihr Vaterland zu fechten, und jeder Einzelne um seine eigene Rettung in der Gegenwart und für die Freiheit in der Zukunft, — auf feindlicher Seite aber die Athener, um ein fremdes Land zu erobern und durch eine Niederlage das eigene Vaterland nicht in Schaden und Gefahr zu bringen, die Argiver aber und die freien Bundesgenossen, um jenen das feindliche Land erobern zu helfen und als Sieger ihre Heimath wiederzusehen; die unterthänigen Bundesgenossen aber zeigten vornämlich deßhalb großen Eifer, weil für jetzt nur vom Siege Rettung zu hoffen war, und daneben auch, weil ihr Unterthanenverhältniß sich wohl leichter gestalten würde, wenn sie den Athenern ein anderes Land hätten unterwerfen helfen.

Als es nun zum Handgemenge gekommen war, hielten sich beide Theile einander lange die Wage. Zufällig fielen auch einige Donnerschläge und Blitze und ein starker Regen, so daß für diejenigen. welche heute zum ersten Male fochten und am wenigsten Kriegs- vertrautheit hatten, auch dieß zur Vermehrung der Furcht beitrugt während die Erfahrenen zwar dachten, daß das Unwetter ganz der Jahreszeit gemäß sei, aber doch in noch viel größere Bestürzung geriethen, daß ihre Gegner trotzdem nicht weichen wollten. Als nun die Argiver zuerst den linken Flügel der Syrakusaner, und danach die Athener, was ihnen gegenüberstand, zurückgedrängt hatten, so war bald auch die übrige Aufstellung durchbrochen, und die Syrakusaner flohen. Weit zwar verfolgten sie die Athener nicht, denn die zahlreiche und noch unbesiegte Reiterei der Syrakusaner hielt sie auf, sprengte in die Haufen der Schwerbewaffneten ein, die in der Verfolgung voran waren, und warf sie zurück. Die Athener drängten daraus in- geschlossener Linie so weit nach, als es ihre eigene Sicherheit erlaubte, kehrten dann wieder um und errichteten ein Siegeszeichen. Die Syrakusaner ihrerseits sammelten sich wieder bei der Elorischen Straße, stellten sich, so gut es eben anging, wieder in Schlachtordnung, und schickten trotz ihrer Niederlage eine Besatzung nach dem [*]( 58) Die Opserthiere wurden vor der Schlachtlinie geopfert und beschaut. )

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Olympieion, aus Furcht, die Athener möchten sich an den dort nie- [*]( 415 v. Chr. ) dergelegten Schätzen vergreifen. Die Andern zogen dann zurück nach der Stadt.' ^ ..

Die Athener indeß gingen nicht nach jenem-Tempel, sondern suchten ihre Todten zusammen, legten sie aus. einen.Scheiterhausen und lagerten die Nacht im Freien. Am folgenden Tag gaben He unter einem. Waffenstillstand d.en-Syrakusiern ihre Todten heraus —> von diesen.und ihren Bundesgenossen waren,aber gegen zwei hundert und sechzig, gefallen — sammelten die Gebeine.der Ihrigen^) — von ihnen.und ihrer Bundesgenossenschaft waren gegen fünfzig geblieben — und gingen dann mit der feindlichen Waffenbeute wieder unter Segel nach Katana, Es war ^nämlich schon Winterszeit,. und eS schien.ihnen nicht mehr möglich, von ihrer Stellung (am Olympieion) aus den Krieg fortzusetzen, bevor sie nicht Reiterei von Athen hätten, nachkommen lassen und bei den dortigen Bundesgenossen gesammelt hätten, damit sie der feindlichen Reiterei gegenüber nicht so. ganz und gar im Nachtheil seien. Auch wollten sie aus Sieilien Geld sammeln und solches aus Athen kommen lassen, und auch einige Städte dachten sie für sich zu gewinnen, denn sie hofften, daß man nach dieser Schlacht ihnen mehr Gehör geben werde..Auch alles Sonstige, Getreide und, die andern Bedürfnisse, wollten sie sich verschaffen, um gegen das Frühjahr hin Syrakus wieder anzugreifen.

Mit. diesen Absichten also gingen die Athener ans ihren Schiffen nach Naxos und Katana zurück, um dort zu.überwintern; die Syrakusaner.aber, nachdem sie ihre Todten begraben hatten, beriefen eine Volksversammlung. Da trat nun Hermokrates aus, des Hermon Sohn, ein Mann, der überhaupt Keinem anMnsicht nach- stand und ein-erfahrner-und.tüchtiger Soldat und durch Tapferkeit ausgezeichnet war, Der nun richtete sie wieder auf und hieß sie-'sich des Geshcehenen wegen nicht schwach und nachgiebig zu zeigen; denn nicht ihr Eifer und Muth sei besiegt worden, sondern ihre Unordnung habe sie in? Schaden gebracht. Sie.seien nicht einmal in der-Weise Hintere.den Feinden zurückgeblieben, als man.hätte vermuthen sollen, [*]( 69) Damit sie nach Athen zurückgebracht' und im KerameikoS bestattet würden lDuker) zc. „Anstatt der Männer^tommev'Wilffen und Asche in'S Hau5 zurück." Aeschy« los Ngamemnon.' 423 (Böhme) j )

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[*]( 415 v. Chr. ) zumal sie den allererfahrensten Kriegsleuten unter den Hellenen gegenübergestanden hätten, — sie, sozusagen nur Laien gegenüber Soldaten vom Handwerk. Sehr geschadet habe auch die große Zahl der Feldherrn und das Vielkommandiren — sie hatten nämlich fünfzehn Feldherrn — und dann die Unbändigkeit der großen Masse, die sich der Ordnung nicht fügen wolle. Wenn sie jetzt nur wenige, aber erfahrene Feldherrn wählten und den Winter über schweres Fußvolk ausbilden und denen, welche keine schwere Rüstung hätten, solche verschaffen wollten, damit sie möglichst zahlreich wären, und sie überhaupt zu allen Kriegsübungen zwingen, so würden sie nach aller Wahrscheinlichkeit über ihre Feinde siegen, denn Tapferkeit hätten sie schon, und schöne Ordnung, wie man sie im Kampf brauche, werde auf diese Weise dazukommen. So würden sie in zweierlei Hinsicht gewinnen, indem ihre Disciplin durch Uebung unter Gefahren sich verbessere, und selbst ihr Muth in Folge des Vertrauens auf die gewonnene Erfahrung sich noch stärke. Zu Feldherrn aber dürfe man nur Wenige machen und diesen unumschränkte Vollmacht geben und selber einen Eid leisten, daß sie jene nach ihrem besten Wissen ungehindert wollten schalten und walten lassen. Denn so werde das, was geheim gehalten werden müsse, leichter verschwiegen bleiben, und alles Uebrige der Ordnung gemäß und ohne Ausflüchte durchgeführt werden.

Die Syrakufaner nun, nachdem sie ihn angehört hatten, beschlossen Alles, so wie er gerathen hatte, und wählten zu Feldherrn den Hermokrates selbst und den Herakleides, des Lysimaches Sohn, und den Sikanos, Sohn des Exekestes, zusammen ihrer drei, und nach Korinth und Lakedämon schickten sie Gesandte, damit ihnen von dort Bundestruppen zu Hilfe kämen, und um die Lakedämonier zu überreden, zu ihrem Schutz den Krieg gegen die Athener offen und mit größerer Entschiedenheit zu führen, damit diese entweder gezwungen seien,'ihr Heer von Sieilien abzuberufen, oder doch'weniger in der Lage wären, demselben Unterstützung nachzusendend r

Das Athenische Heer in Katana aber schiffte sogleich nach Messana, in der Hoffnung, diese Stadt werde ihnen durch Verrath übergeben werden. Die deßhalb angeknüpften Unterhandlungen führten jedoch den gewünschten Ausgang-nicht herbei. Alkibiades nämlich, als er, von seinem Kommando abberufen, in See ging und schon

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recht gut wußte, daß er werde in die Verbannung gehen müssen, hatte [*]( 4l5 v. Chr. ) der Syrakusanisch gesinnten Partei in Messana den Plan mitgetheilt, um den er wußte. Die Bürger von dieser Partei nun tödteten zuerst die Schuldigen, erregten einen Aufstand und setzten mit den Waffen in der Hand den Beschluß durch, daß die Athener nicht aufgenommen werden dürften. Diese blieben ungefähr dreizehn Tage vor der Stadt, und da sie vom stürmischen Wetter litten und keine Lebensmittel hatten, auch die Sache nicht von der Hand ging, so zogen sie wieder ab gen Naxoö, errichteten ein Pfahlwerk rings um ihr Lager und überwinterten daselbst. Nach Athen, schickten sie einen Dreiruderer wegen des Geldes'und'der Reiter; damit diese mit Frühlingsanfang ihnen zugeschickt würden... s ^

Auch die Syrakusaner erbauten in diesem Winter Befesti- [*]( 414 v. Chr. ) gungSwerkt'bei ihrer Stadt. Sie zogen nämlich eine Mauer, die auch den-Temenites mit einschloß, längs der ganzen nach Epipolä zu gelegenen Strecke, damit sie bei geringerem Mauerumfang nicht leicht durch eine Gegenmauer eingeschlossen werden könnten, wenn sie allenfalls so weit in Nachtheil kämen. Auch aus Megara machten sie ein Kastell, und. ein zweites erbauten sie beim Olympieion, und am Meeresufer verpallisadirten sie alle Landungsplätze. Da sie auch wußten, daß die Athener in Naxos überwinterten, so unternahmen sie mit ihrer gesammten Macht einen Zug gegen Katana, verwüsteten die Landschaft, steckten die Zelte der. Athener und ihr Lager in Brand und kehrten dann wieder nach Hause zurück. Da sie nun in Erfahrung brachten, daß die'Athener gemäß der alten unter Laches abgeschlossenen Bundesgenossenschaft durch Gesandte mit den Kamarinäern unterhandelten, um sie zum Uebertritt zu. bewegen, so schickten auch sie eine.Gegengesandschaft dorthin. - Sie hatten nämlich Verdacht, daß die Kamarinäer ihnen auch zu der ersten Schlacht die Hilfsmannschaft nur ungern geschickt hätten -und ihnen für die Zukunft überhaupt nicht mehr helfen wollten, seitdem sie die Athener in jener Schlacht siegreich gesehen hätten sondern sich durch die frühere Freundschaft bewegen lassen, zu ihnen überzugehen. Als nun von Seiten der Syrä» kusaner Hermokrates nebst einigen Andern, von den Athenern Euphemös und Andere nach'Kamarina gekommen waren,-so'wollte HermokrateSfnachdem'eineiVolksversammlung der Kamarinäer berufen

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[*]( 414 v. Chr. ) worden war, den Athenern durch Anklagen zuvorkommen und redete, wie folgt:

„Nicht deßwegen, ihr Kamarinäer, haben wir zu euch Gesandte geschickt, weil wir fürchteten, daß ihr der Macht der Athener gegenüber'den Muth verlieren möchtet, sondern vielmehr, daß ihr euch durch ihre Reden könntet gewinnen lassen, wenn ihr nicht zuvor auch uns gehört. Unter welchem Vorwand sie nach Sieilien gekommen find, habt auch ihr gehört; was aber ihr eigentlicher Plan dabei ist, können wir Alle vermuthen. Mir nun scheint es keineswegs, als ob sie die Leontiner in ihre Heimath zurückfuhremwollten,, sondern vielmehr, daß sie uns selbst der Heimath berauben wollen. Denn eS ist wohl nicht gar wahrscheinlich, daß sie dort Städte vernichten, hier aber Städte wieder aufbauen sollten, auch wohl-nicht, daß sie sich hier der Leontiner, als Chalkidischen Ursprungs, der Verwandtshcaft wegen annehmen, während sie die Chalkidier auf Euböa selbst, deren Pflanzvolk diese sind, in Knechtschaft halten. Viel wahrscheinlicher ist, daß sie mit demselben Verfahren,.wie sie dort ihre Herrschaft erlangt haben, dieselbe auch hier bei uns zu erlangen suchen.: Nachdem sie nämlich durch freiwilligen Entschluß der Joner, und wer sonst frei ihrer Bundesgenossenfchast sich angeschlossen hatte, Führer der Hellenen geworden waren, wie um an den Medern Rache zu nehmen, haben sie sich Alle unterworfen, indem sie die Einen anklagten, daß sie der Kriegspflicht nicht nachgekommen, die Andern, daß sie unter einander Krieg geführt, und so bei Allen und Jeden irgend eine Beschul? digung zum Deckmantel nahmen. Also haben weder diese für die Freiheit der Hellenen, noch auch die Hellenen selbst um ihre eigene Freiheit gegen die Meder gekämpft, vielmehr die Athener nur, damit die Hellenen nicht dem Meder, sondern ihnen selbst unterthänig würden, und die Hellenen nur, um ihren Herrn mit einem neuen zu vertauschen, der freilich nicht so schwachköpfig war, aber doch nur zu ihrem eigenen Unglück schlauer."

„Aber wir sind ja nicht hieher-gekommen, um euch alle Gewaltthaten des Athenischen Staates zu enthüllen, welcher der Anklage so reichen Stoff bietet — denn ihr kennt,sie selber — vielmehr um uns selbst anzuklagen, die wir. trotz.der warnenden Beispiele, welche die Knechtung der dortigen Hellenen-uns bietet,- die sich zur

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eigenen Vertheidigung nicht entschließen konnten, —- die wir trotz [*]( 414 v. Chr. ) Anwendung eben derselben verschmitzten Scheingründe — Zurückführung der stammverwandten Leontiner nnd Unterstützung der bundesgenösfischen Egestaner — doch zu träge find, unS zu vereinigen und ihnen zu zeigen, daß es dahier keine Joner gibt und keine Hellespontier oder Inselbewohner, die an's Sklavenjoch gewohnt find, ob sie nun den Meder zum Herrn haben, oder ihn mit irgend einem andern vertauschen, sondern daß wir freie Dorer find, die vom freien Peloponnes aus sich in Sieilien Wohnfitze begründet haben. Oder wollen wir vielleicht warten, bis wir Alle, eine Stadt nach der andern, erobert find, da wir doch wissen, daß wir nur auf diese Weise besiegbar sind, und da wir sehen, daß sie selbst sich eben dieser Politik bedienen) die Einen von uns durch Vorspiegelungen mit den Uebrigen verfeinden, Andere wieder durch das Versprechen ihrer Bundesgenossenschaft dazu antreiben, sich gegenseitig zu bekriegen, und wie sie sonst eben Unheil ausstreuen können, indem sie Jedem etwas Verlockendes zu sagen wissen. Sollen wir glauben, daß, wenn der entferntere Nachbar vor uns zu Grunde gerichtet wird, die Gefahr nicht auch uns selbst über den Hals kommen werde, sondern uns einstweilen einbilden , daß der vor uns Leidende nur eben für sich das Unglück habe?"

„Und wenn sich Einer die Sache so vorstellt, als ob nur der Syrakusaner mit dem Athener im Krieg sei, er selbst aber nicht, — wenn Einer denkt, daß es thöricht sei, für mein Vaterland sich in die Gefabren des Kriegs zu begeben, so möge er bedenken, daß er nicht sowohl für meine Vaterstadt, sondern in der meinigen auch eben so gut für die seinige fechten wird, und zwar deßhalb mit um so mehr Sicherheit, weil ich nicht bereits schon vor ihm vernichtet bin, und er also nicht allein, sondern in meiner Bundesgenossenschaft kämpfen wird. Er bedenke, daß der Athener nicht gekommen ist, um die Feindschaft des Syrakusaners gegen ihn (und seine sikelischen Bundesgenossen) zu bestrafen, sondern vielmehr, um auch seine eigene'Knechtschaft sicher vorzubereiten, unter dem Vorwande, daß es mir gilt. Wenn uns aber Einer beneidet, oder auch fürchtet — denn beidem ist die überlegene Macht ausgesetzt — und deßhalb wünscht, daß Sy? rakus zwar durch Unglück gedemüthigt und bestraft werde, aber seiner eigenen Sicherheit wegen doch erhalten bleibe, so hofft er die Erfül­

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[*]( 414 v. Chr. ) lung eines Wunsches, der über das Bereich menschlicher Kraft weit hinausgeht. Denn es ist nicht möglich, daß Einer auf dieselbe Weise, wie seinen Wunsch, so auch das Glück beherrsche. Und wenn er dann wider Erwarten Alles anders kommen sieht, so wird er bald über sein eignes Unglück zu jammern haben, und würde dann vielleicht viel darum geben, wenn er unser Glück noch beneiden dürste, wie vorher. Aber das ist dann unmöglich, wenn er uns schon preisgegeben und nicht dieselben Gefahren hat mit uns theilen wollen, die zwar nicht dem Namen, aber doch der That nach auch die seinigen sind. Denn scheinbar'hätte Einer unsere Macht retten zu helfen, in der That aber würde er für seine eigene Rettung handeln. Und vor allen Andern hättet ihr Kamarinäer, die ihr unsere Gränznachbarn und deßhalb zunächst nach uns bedroht seid, die Gefahr rechtzeitig in's Auge fassen sollen, und euch nicht als so lahme Bundesgenossen zeigen, wie ihr es jetzt thut; sondern wie ihr gewiß uns bittend um Hilfe angegangen hättet, wenn die Athener zuerst gegen das Gebiet von Kaniarina gezogen wären, so solltet ihr in gleicher Weise auch jetzt zu uns geschickt haben und uns auffordern, in Nichts nachzugeben. Aber weder ihr, noch auch die Andern habt dazu Anstalten gemacht."

„Vielleicht denkt ihr aber die Gerechtigkeit zum Deckmantel der Furchtsamkeit zu machen und weder für uns, noch für unsere Angreifer Partei zu nehmen, indem ihr vorschützt, suns gegenüber^ durch eure Bundesgenossenschaft mit den Athenern gebunden zu sein. Aber diese könnet ihr doch wohl nicht zum Nachtheil eurer Freunde geschlossen haben, sondern nur für den Fall, daß Einer euch angreift, oder um den Athenern zu Hilfe zu kommen, wenn sie angegriffen werden, und nicht, wie es jetzt der Fall ist, selber Andere ungerechter Weise angreifen. Haben doch nicht einmal die Rheginer, trotzdem sie Chalkidier sind, mithelfen wollen, um die Leontiner in ihre Stadt zurückzuführen, die doch auch Chalkidier sind! Und es stünde doch sehr schlimm, wenn jene hinter dem schönklingenden RechtSvorwand den Kern der Sache herausgesunden hätten, ohne in diesem Fall besonders zur Klugheit aufgefordert zu sein, während ihr eine scheinbare AuSrede vorbringt, um euren natürlichen Feinden Hilfe zu leisten und die durch noch engere Bande der Natur mit euch Verwandten im Bunde mit ihren erbittertsten Feinden zu vernichten: Aber das stimmt

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keineswegs mit der Gerechtigkeit, vielmehr solltet ihr uns beistehen. [*]( 414 v. Chr. ) und die Rüstung jener nicht fürchten. Denn dieselbe ist keineswegs > furchtbar, wenn wir Alle zusammenstehen, sondern nur eben dann, wenn wir umgekehrt zwiespältig handeln, und das ist'S grade, worauf jene mit allem Eifer hinarbeiten. Haben sie doch nicht einmal uns allein gegenüber ausgerichtet, was sie gewollt haben, obgleich sie uns in einer Schlacht besiegt, sondern mußten rasch wieder abziehen."