History of the Peloponnesian War
Thucydides
Thucydides. Geschichte des Peloponnesischen Kriegs. Wahrmund, Adolf, translator. Stuttgart: Krais and Hoffmann, 1864.
Diese Geschichten nun fielen den Athenern jetzt wieder ein, und man erinnerte sich an Alles, was man vom Hörensagen darüber wußte, und deßhalb war das Volk damals so schwierig und nahm die Anklage wegen der Mysterien, mit solchem Argwohn auf und glaubte, daß Alles mit einer Verschwörung zum Zweck der Herstellung einer Adelsherrschaft oder einer Tyrannis zusammenhänge. Wegen dieser gereizten Stimmung des Volks waren schon viele und ansehnliche Bürger in's Gefängniß geworfen worden, und als die Sache
Gegen den Alkibiades nun war das Volk, auf Betreiben seiner.Feinde, die auch schon vor der Abfahrt gegen ihn gewirkt hatten, sehr übel gestimmt, und da sie in Betreff des Hermenfrevels die Wahrheit zu wissen glaubten, so waren.sie. wegen der Mysterien, deren,Verhöhnung jener angeschuldigt.war, um so mehr überzeugt, daß.diese aus denselben geheimen Absichten und ebenfalls unter einer Verschwörung gegen die Volksherrschast von jenen ausgeführt worden sei. Zufällig war nämlich auch um dieselbe Zeit ein kleines Heer der Lakedämonier während dieser Wirren in Athen bis zum Jsthmos
Danach theilten die beiden zurückgebliebenen Feldherrn der [*]( 415 v. Chr. ) Athener in Sieilien das Heer in zwei Theile und verloosten diese unter sich. Dann schifften sie mit der gesammten Macht gegen Selinus und Egesta, um sicher in Erfahrung zu bringen, ob die Egestaner das Geld hergeben wollten, und um die Verhältnisse der Selinuntier durch eigene Anschaung kennen zu lernen und sich über die Natur ihrer Streitsachen mit den Egestanern zu belehren. , Sie steuerten also an der Küste hin, Sieilien zur linken Hand lassend, d. h. die Seite der Insel, welche dem Tyrrhenifchen Meerbusen zugekehrt ist, und landeten bei Himera, der einzigen hellenischen Stadt in diesem Theile SicilienS; und da man sie.hier nicht aufnahm, so fuhren sie weiter. Im Vorbeifahren nahmen sie Hykkara, ein Titanisches Städtlein, das mit den Egestanern Feindschaft hatte und dicht am Meere lag. Die Athener machten die Einwohner zu Sklaven und übergaben den Platz den Egestanern, welche eine Reiter- abtheilung geschickt hatten. Sie selbst marschirten dann mit der Landmacht durch Sikulisches Gebiet, bis sie nach Katana kamen, wahrend ihre Schiffe mit den Sklaven die Fahrt um die Insel fortsetzten. Nikias selbst aber fuhr sogleich von Hykkara weiter an der Küste hin nach Egesta, verhandelte Verschiedenes mit ihnen, erhielt dreißig Talente ausbezahlt und fand sich dann wieder beim Heere ein. Sie verkauften nun die Sklaven und lösten daraus hundert und zwanzig Talente, dann schifften sie weiter bei ihren Bundesgenossen unter den Sikulern herum und forderten sie auf, ihnen Zuzug an Mannschaft zu schicken. Mit der andern Hälfte ihrer Macht aber zogen sie gegen das Geleatifche Hybla, welches feindlich gesinnt war, konnten es aber nicht einnehmen. So ging der Sommer zu Ende. <
Im folgenden Winter rüsteten sich die Athener sofort, um den Syrakusanern zu Leibe zu gehen; aber auch die Syrakusaner schickten sich ihrerseits an, jene anzugreifen. Da nämlich die Athener sie nicht in ihrer ersten Furcht und angstvollen Erwartung allsogleich angegriffen hatten, so war ihnen mit jedem Tag Aufschub der. Muth mehr gewahcsen, und als jene dann nach den weit von ihnen abgelegenen Gegenden Siciliens gesegelt waren und jetzt auch Hybla mit Gewalt zu nehmen versucht und doch nicht erobert hatten, so verachteten sie dieselben noch mehr, und wie denn der große Hause, wenn [*]( ThukydtdtS. VI. ) [*]( 9 )
Die Feldherrn der Athener wußten dieß! und sie dachten nun, die ganze Streitmacht der Syraküsancr möglichst weit von ihrer Stadt wegzulocken, um gleichzeitig unter dem Schutze'der Nacht mit ihren Schiffen dorthin zu fahren und in aller Ruhe an einem passen-- den Punkte ein Lager zu schlagen. Denn sie wußten, daß dieß nicht eben so leicht-ginge; wenn'sie von ihren Schiffen im Angesicht eines kampfbereiten Heeres ihre Truppen'ausschiffen wollten, oder auch, wenn sie'unter den Augen jener zu Lande vorrückten, — denn ihren leichtewTruppen und dem großen Haufen wurde die sehr zahlreiche Syrakusanische Reiterei, bei ihrem völligen Mangel an dieser Waffe,' großen Schaden zufügen; so aber würden sie einen Platz in Besitz nehmen, von wo sie leicht vorgehen könnten, 'ohne «durch die Reiterei erheblichen Schaden zu erleiden. Syrakusanische Verbannte nämlich, die dem Heere folgten, hatten sie über die Beschaffenheit der Oertlichkeit beim OlyMpieion des Näheren belehrt; welchen Platz sie dann auch wirklich einnahmen. Um diese Absicht nun zu erreichen, setzten die Feldherren Folgendes in's Werk. Sie schickten einen ihnen ganz ergebenen Mann ab, der aber auch von den'Syrakusanischen Feldherren als ihrer Sache nicht weniger ergeben betrachtet wurde. Er war aber ein Katanäer und sagte, er komme von gewissen Männern aus Katana geschickt, die den Syrakusanischen Feldherren namentlich bekannt waren, und von denen man wußte, daß sie zu der den Syrakusiern treu gebliebenen Partei gehörten. ' Er berichtete nun, daß die Athener in einiger Entfernung von ihrem Waffenplatz die Nacht in der Stadt zuzubringen pflegten, und wenn jene an einem vorher bestimmten Tage mit ihrer ganzen Macht bei Sonnenaufgang das Lager angreifen würden, so wollten sie selbst die Athener in ihren [*]( 56) Ein Iupitertempel. )
Die Feldherren der Syrakusaner nun, die überhaupt voller Zuversicht waren und auch außerdem schon die Absicht hatten, gegen Katana zu marshciren, glaubten darum dem Menschen um so unbedenklicher, redeten sogleich den Tag mit ihm ab, wann sie ershceinen wollten, und entließen ihn wieder. Darauf sagten sie der ganzen städtischen Macht der Syrakufier an, daß man ausmarshciren werde — denn schon waren auch von ihren Bundesgenossen die Selinuntier und einige andere ershcienen. Als sie nun mit allen Zulüftungen fertig und auch die Tage schon nahe waren, die sie für ihr Kommen verabredet hatten, so traten sie den Marsch gegen Katana an und übernachteten am Flusse Symaithos auf Leontintfchem Gebiet. Die Athener aber, als sie von ihrem Herannahen Kunde erhielten, nahmen ihr ganzes Heer und was von den Sikulern oder sonst woher zu ihnen gestoßen war, brachten Alle auf-die Kriegs- und Lastschiffe und fuhren in der Nacht nach Syrakus. Hier nun stiegen die Athener bei Tagesanbruch in der Gegend des Olympieions aus, um dort einen Lagerplatz in Besitz zu nehmen; bei den Syrakufanern aber eilten zuerst die Reiter gegen Katana vor, und als sie merkten, daß das ganze Heer abgezogen sei, wendeten sie um und meldeten es dem Fußvolk, und nun machten Alle Kehrt, um der Stadt so rasch als möglich zu Hülfe zu kommen.
Da aber der Weg, den sie machen mußten, sehr lang war, so schlugen unterdessen die Athener in aller Ruhe ihr Lager an einem passenden Platze, von welchem aus sie jeden Augenblick, wenn eS ihnen beliebte, angriffsweise vorgehen, und die Reiterei der Syrakusaner ihnen vor und in dem Kampf nur den geringsten Schaden zufügen konnte; denn von der einen Seite schloffen Mauern, Häuser, Bäume und ein See den Platz ab, und von der andern Seite steile Abhänge.. Auch hieben sie die in der Nähe stehenden Bäume ab, schafften sie an's Meeresufer und rammten davon ein Pfahlwerklbei ihren Schiffen ein: Auch erbauten sie bei Daskon, wo ein Angriff [*]( 9' )
Am folgenden Tag rüsteten sich die Athener und ihre Bundesgenossen zur Schlacht und stellten sich in folgender Weise auf. Den rechten Flügel hatten die Argiver nnd Mantineer, die Athener die Mitte, den andern Flügel die übrigen Bundesgenossen, Die eine Hälfte des Heeres war etwas vorgeshcoben, acht Mann hoch ausgestellt, die andere Hälfte blieb beim Schiffslager in einem Viereck, ebenfalls acht Mann hoch aufgestellt. Diesen war befohlen, sie sollten Acht haben und zu Hülse eilen, wo sie etwa einen Theil des Heeres in besonderer Bedrängniß sähen. Den Troß mit dem Gepäck stellten sie in die Mitte des Hinteren Vierecks. Die Syrakusaner aber stellten ihre Schwerbewaffneten sechzehn Mann hoch auf; eS war dieß die gesammte streitbare Mannschaft der Stadt mit den erschienenen Bundesgenossen — es waren ihnen nämlich zu Hülfe gekommen vor Allen die Selinuntier mit der größten Anzahl, dann auch Reiter der Gelaner, im Ganzen gegen zweihundert, und von den Kamarinäern einige zwanzig Reiter und gegen fünfzig Bogenschützen. Die Reiter stellten sie an den rechten Flügel, zusammen nicht weniger als Tausend zweihundert, und neben sie auch die Speerschützen. Weil nun die Athener zuerst angreifen wollten, so durchschritt NiklaS die Reihen, und nach Volksstämmen und insgesammt ermuthigte er sie mit diesen Worten:
„Wozu bedarf es langer Ermunterung, ihr Männer? Zum Kampfe sind wir ja hier, und Alle zum selben Kampfe. Unsere Rüstung scheint mir geschickter, um Muth einzuflößen, als schöne Worte, die an ein schwaches Heer gerichtet würden. Wo Argiver und Mantineer und Athener und die Ersten der Inselbewohner zu einander stehen, wie sollte da Einer mit solchen und so zahlreichen Bun»
Nachdem Nikias mit solchen Worten sein Heer ermuthigt hatte, führte er es grade auf den Feind los. Die Syrakufier waren aber in diesem Augenblicke noch nicht auf den Kampf gefaßt, und Einige von ihnen hatten sich sogar nach der Stadt begeben, die nahe war. Andere wieder kamen erst jetzt spornstreichs dahergelaufen, stellten sich aber noch da an, wo sie grade auf einen größeren Haufen stießen. Denn keineswegs ließen sie es an Eifer und Muth fehlen, weder in dieser Schlacht, noch in den andern; aber wenn sie auch den Athenern an Mannhaftigkeit Nichts nachgaben, soweit eben ihre KriegSersahrung reichte, so mußten sie doch bei deren Mangelhaftigkeit ihren guten Willen vergeblich aufgewendet sehen. Gleichwohl hatten sie nicht erwartet, daß die Athener sie zuerst angreifen würden; und so zu raschester Gegenwehr gezwungen, ergriffen sie die Waffen und rückten schnell vor. Zuerst entstand nun ein Geplänkel zwischen den beiderseitigen Steinwerfern ^), Schleuderern und Bogenschützen, und diese trieben sich auch gegenseitig in die Flucht, wie eS bei Leichtbewaffneten schon geht. Dann aber trugen die Wahr [*]( 67 Die aus freier Hand Steine warfen. )
Als es nun zum Handgemenge gekommen war, hielten sich beide Theile einander lange die Wage. Zufällig fielen auch einige Donnerschläge und Blitze und ein starker Regen, so daß für diejenigen. welche heute zum ersten Male fochten und am wenigsten Kriegs- vertrautheit hatten, auch dieß zur Vermehrung der Furcht beitrugt während die Erfahrenen zwar dachten, daß das Unwetter ganz der Jahreszeit gemäß sei, aber doch in noch viel größere Bestürzung geriethen, daß ihre Gegner trotzdem nicht weichen wollten. Als nun die Argiver zuerst den linken Flügel der Syrakusaner, und danach die Athener, was ihnen gegenüberstand, zurückgedrängt hatten, so war bald auch die übrige Aufstellung durchbrochen, und die Syrakusaner flohen. Weit zwar verfolgten sie die Athener nicht, denn die zahlreiche und noch unbesiegte Reiterei der Syrakusaner hielt sie auf, sprengte in die Haufen der Schwerbewaffneten ein, die in der Verfolgung voran waren, und warf sie zurück. Die Athener drängten daraus in- geschlossener Linie so weit nach, als es ihre eigene Sicherheit erlaubte, kehrten dann wieder um und errichteten ein Siegeszeichen. Die Syrakusaner ihrerseits sammelten sich wieder bei der Elorischen Straße, stellten sich, so gut es eben anging, wieder in Schlachtordnung, und schickten trotz ihrer Niederlage eine Besatzung nach dem [*]( 58) Die Opserthiere wurden vor der Schlachtlinie geopfert und beschaut. )
Die Athener indeß gingen nicht nach jenem-Tempel, sondern suchten ihre Todten zusammen, legten sie aus. einen.Scheiterhausen und lagerten die Nacht im Freien. Am folgenden Tag gaben He unter einem. Waffenstillstand d.en-Syrakusiern ihre Todten heraus —> von diesen.und ihren Bundesgenossen waren,aber gegen zwei hundert und sechzig, gefallen — sammelten die Gebeine.der Ihrigen^) — von ihnen.und ihrer Bundesgenossenschaft waren gegen fünfzig geblieben — und gingen dann mit der feindlichen Waffenbeute wieder unter Segel nach Katana, Es war ^nämlich schon Winterszeit,. und eS schien.ihnen nicht mehr möglich, von ihrer Stellung (am Olympieion) aus den Krieg fortzusetzen, bevor sie nicht Reiterei von Athen hätten, nachkommen lassen und bei den dortigen Bundesgenossen gesammelt hätten, damit sie der feindlichen Reiterei gegenüber nicht so. ganz und gar im Nachtheil seien. Auch wollten sie aus Sieilien Geld sammeln und solches aus Athen kommen lassen, und auch einige Städte dachten sie für sich zu gewinnen, denn sie hofften, daß man nach dieser Schlacht ihnen mehr Gehör geben werde..Auch alles Sonstige, Getreide und, die andern Bedürfnisse, wollten sie sich verschaffen, um gegen das Frühjahr hin Syrakus wieder anzugreifen.
Mit. diesen Absichten also gingen die Athener ans ihren Schiffen nach Naxos und Katana zurück, um dort zu.überwintern; die Syrakusaner.aber, nachdem sie ihre Todten begraben hatten, beriefen eine Volksversammlung. Da trat nun Hermokrates aus, des Hermon Sohn, ein Mann, der überhaupt Keinem anMnsicht nach- stand und ein-erfahrner-und.tüchtiger Soldat und durch Tapferkeit ausgezeichnet war, Der nun richtete sie wieder auf und hieß sie-'sich des Geshcehenen wegen nicht schwach und nachgiebig zu zeigen; denn nicht ihr Eifer und Muth sei besiegt worden, sondern ihre Unordnung habe sie in? Schaden gebracht. Sie.seien nicht einmal in der-Weise Hintere.den Feinden zurückgeblieben, als man.hätte vermuthen sollen, [*]( 69) Damit sie nach Athen zurückgebracht' und im KerameikoS bestattet würden lDuker) zc. „Anstatt der Männer^tommev'Wilffen und Asche in'S Hau5 zurück." Aeschy« los Ngamemnon.' 423 (Böhme) j )
Die Syrakufaner nun, nachdem sie ihn angehört hatten, beschlossen Alles, so wie er gerathen hatte, und wählten zu Feldherrn den Hermokrates selbst und den Herakleides, des Lysimaches Sohn, und den Sikanos, Sohn des Exekestes, zusammen ihrer drei, und nach Korinth und Lakedämon schickten sie Gesandte, damit ihnen von dort Bundestruppen zu Hilfe kämen, und um die Lakedämonier zu überreden, zu ihrem Schutz den Krieg gegen die Athener offen und mit größerer Entschiedenheit zu führen, damit diese entweder gezwungen seien,'ihr Heer von Sieilien abzuberufen, oder doch'weniger in der Lage wären, demselben Unterstützung nachzusendend r
Das Athenische Heer in Katana aber schiffte sogleich nach Messana, in der Hoffnung, diese Stadt werde ihnen durch Verrath übergeben werden. Die deßhalb angeknüpften Unterhandlungen führten jedoch den gewünschten Ausgang-nicht herbei. Alkibiades nämlich, als er, von seinem Kommando abberufen, in See ging und schon
Auch die Syrakusaner erbauten in diesem Winter Befesti- [*]( 414 v. Chr. ) gungSwerkt'bei ihrer Stadt. Sie zogen nämlich eine Mauer, die auch den-Temenites mit einschloß, längs der ganzen nach Epipolä zu gelegenen Strecke, damit sie bei geringerem Mauerumfang nicht leicht durch eine Gegenmauer eingeschlossen werden könnten, wenn sie allenfalls so weit in Nachtheil kämen. Auch aus Megara machten sie ein Kastell, und. ein zweites erbauten sie beim Olympieion, und am Meeresufer verpallisadirten sie alle Landungsplätze. Da sie auch wußten, daß die Athener in Naxos überwinterten, so unternahmen sie mit ihrer gesammten Macht einen Zug gegen Katana, verwüsteten die Landschaft, steckten die Zelte der. Athener und ihr Lager in Brand und kehrten dann wieder nach Hause zurück. Da sie nun in Erfahrung brachten, daß die'Athener gemäß der alten unter Laches abgeschlossenen Bundesgenossenschaft durch Gesandte mit den Kamarinäern unterhandelten, um sie zum Uebertritt zu. bewegen, so schickten auch sie eine.Gegengesandschaft dorthin. - Sie hatten nämlich Verdacht, daß die Kamarinäer ihnen auch zu der ersten Schlacht die Hilfsmannschaft nur ungern geschickt hätten -und ihnen für die Zukunft überhaupt nicht mehr helfen wollten, seitdem sie die Athener in jener Schlacht siegreich gesehen hätten sondern sich durch die frühere Freundschaft bewegen lassen, zu ihnen überzugehen. Als nun von Seiten der Syrä» kusaner Hermokrates nebst einigen Andern, von den Athenern Euphemös und Andere nach'Kamarina gekommen waren,-so'wollte HermokrateSfnachdem'eineiVolksversammlung der Kamarinäer berufen
„Nicht deßwegen, ihr Kamarinäer, haben wir zu euch Gesandte geschickt, weil wir fürchteten, daß ihr der Macht der Athener gegenüber'den Muth verlieren möchtet, sondern vielmehr, daß ihr euch durch ihre Reden könntet gewinnen lassen, wenn ihr nicht zuvor auch uns gehört. Unter welchem Vorwand sie nach Sieilien gekommen find, habt auch ihr gehört; was aber ihr eigentlicher Plan dabei ist, können wir Alle vermuthen. Mir nun scheint es keineswegs, als ob sie die Leontiner in ihre Heimath zurückfuhremwollten,, sondern vielmehr, daß sie uns selbst der Heimath berauben wollen. Denn eS ist wohl nicht gar wahrscheinlich, daß sie dort Städte vernichten, hier aber Städte wieder aufbauen sollten, auch wohl-nicht, daß sie sich hier der Leontiner, als Chalkidischen Ursprungs, der Verwandtshcaft wegen annehmen, während sie die Chalkidier auf Euböa selbst, deren Pflanzvolk diese sind, in Knechtschaft halten. Viel wahrscheinlicher ist, daß sie mit demselben Verfahren,.wie sie dort ihre Herrschaft erlangt haben, dieselbe auch hier bei uns zu erlangen suchen.: Nachdem sie nämlich durch freiwilligen Entschluß der Joner, und wer sonst frei ihrer Bundesgenossenfchast sich angeschlossen hatte, Führer der Hellenen geworden waren, wie um an den Medern Rache zu nehmen, haben sie sich Alle unterworfen, indem sie die Einen anklagten, daß sie der Kriegspflicht nicht nachgekommen, die Andern, daß sie unter einander Krieg geführt, und so bei Allen und Jeden irgend eine Beschul? digung zum Deckmantel nahmen. Also haben weder diese für die Freiheit der Hellenen, noch auch die Hellenen selbst um ihre eigene Freiheit gegen die Meder gekämpft, vielmehr die Athener nur, damit die Hellenen nicht dem Meder, sondern ihnen selbst unterthänig würden, und die Hellenen nur, um ihren Herrn mit einem neuen zu vertauschen, der freilich nicht so schwachköpfig war, aber doch nur zu ihrem eigenen Unglück schlauer."
„Aber wir sind ja nicht hieher-gekommen, um euch alle Gewaltthaten des Athenischen Staates zu enthüllen, welcher der Anklage so reichen Stoff bietet — denn ihr kennt,sie selber — vielmehr um uns selbst anzuklagen, die wir. trotz.der warnenden Beispiele, welche die Knechtung der dortigen Hellenen-uns bietet,- die sich zur
„Und wenn sich Einer die Sache so vorstellt, als ob nur der Syrakusaner mit dem Athener im Krieg sei, er selbst aber nicht, — wenn Einer denkt, daß es thöricht sei, für mein Vaterland sich in die Gefabren des Kriegs zu begeben, so möge er bedenken, daß er nicht sowohl für meine Vaterstadt, sondern in der meinigen auch eben so gut für die seinige fechten wird, und zwar deßhalb mit um so mehr Sicherheit, weil ich nicht bereits schon vor ihm vernichtet bin, und er also nicht allein, sondern in meiner Bundesgenossenschaft kämpfen wird. Er bedenke, daß der Athener nicht gekommen ist, um die Feindschaft des Syrakusaners gegen ihn (und seine sikelischen Bundesgenossen) zu bestrafen, sondern vielmehr, um auch seine eigene'Knechtschaft sicher vorzubereiten, unter dem Vorwande, daß es mir gilt. Wenn uns aber Einer beneidet, oder auch fürchtet — denn beidem ist die überlegene Macht ausgesetzt — und deßhalb wünscht, daß Sy? rakus zwar durch Unglück gedemüthigt und bestraft werde, aber seiner eigenen Sicherheit wegen doch erhalten bleibe, so hofft er die Erfül
„Vielleicht denkt ihr aber die Gerechtigkeit zum Deckmantel der Furchtsamkeit zu machen und weder für uns, noch für unsere Angreifer Partei zu nehmen, indem ihr vorschützt, suns gegenüber^ durch eure Bundesgenossenschaft mit den Athenern gebunden zu sein. Aber diese könnet ihr doch wohl nicht zum Nachtheil eurer Freunde geschlossen haben, sondern nur für den Fall, daß Einer euch angreift, oder um den Athenern zu Hilfe zu kommen, wenn sie angegriffen werden, und nicht, wie es jetzt der Fall ist, selber Andere ungerechter Weise angreifen. Haben doch nicht einmal die Rheginer, trotzdem sie Chalkidier sind, mithelfen wollen, um die Leontiner in ihre Stadt zurückzuführen, die doch auch Chalkidier sind! Und es stünde doch sehr schlimm, wenn jene hinter dem schönklingenden RechtSvorwand den Kern der Sache herausgesunden hätten, ohne in diesem Fall besonders zur Klugheit aufgefordert zu sein, während ihr eine scheinbare AuSrede vorbringt, um euren natürlichen Feinden Hilfe zu leisten und die durch noch engere Bande der Natur mit euch Verwandten im Bunde mit ihren erbittertsten Feinden zu vernichten: Aber das stimmt