History of the Peloponnesian War
Thucydides
Thucydides. Geschichte des Peloponnesischen Kriegs. Wahrmund, Adolf, translator. Stuttgart: Krais and Hoffmann, 1864.
„Wenn jemals, so ist jetzt Aussöhnung für uns beide ehrenvoll, bevor noch ein Ereigniß zwischen uns tritt, das unheilbare Folgen hat, denn in diesem Falle müßten wir neben der Feindschaft des Staats auch ewigen Privathaß gegen euch hegen, und ihr würdet der Vortheile verlustig gehen, zu denen wir euch jetzt einladen. So lange es zwischen uns aber noch nicht zu dieser Entscheidung gekommen ist, euch mit unserer Freundschaft Ruhm zu Theil wird und wir einen schimpflichen Ausgang durch mäßige Einbuße abwenden, sollten wir uns aussöhnen. Laßt uns selbst den Frieden statt des Krieges wählen und auch den andern Hellenen Ausrast von diesen Uebeln gewähren. Und dafür werden diese vorzugsweise euch Dank schuldig zu sein glauben; denn sie sind in den Krieg verwickelt, ohne klar zu wissen, wer von uns beiden ihn herbeigeführt hat. Tritt aber Friede
So nun redeten die Lakedämonier, im Glauben, die Athener hätten sich schon lange nach dem Frieden gesehnt und er sei nur durch ihre Unbereitwilligkeit gehindert worden; wenn jenen aber Friede geboten werde, so würden sie mit beiden Händen danach greifen und ihnen ihre Leute ausliefern. Die Athener aber dachten, der Friede sei ihnen jetzt, da sie die Mannschaft auf der Insel in ihrer Hand hätten, zu jeder Zeit sicher, wann sie ihn nur schließen wollten, und trachteten nach größerem Vortheil. Besonders aber bestärkte sie hierin Kleon, des Kleänetos Sohn, zu jener Zeit unter den Demagogen der, welchem das Volk am meisten vertraute. Der überredete sie zu der Antwort: erst sollten die Leute auf der Insel die Waffen und sich selbst ausliefern und nach Athen schaffen lassen. Wären sie dort angekommen, so sollten die Lakedämonier Nisäa und Pegä und Trözen und Achaia herausgeben, welches sie nicht durch Krieg gewonnen hatten, sondern bei dem früheren Vergleich"), als die Athener, vom Unglück bedrängt und damals des Friedens sehr bedürftig, sich dazu herbeigelassen hatten, — dann erst sollten die Leute herausgegeben und ein Friede geschlossen werden, auf wie lange Zeit es beiden Theilen gefalle.
Auf diese Antwort nun erwiderten jene Nichts, sondern verlangten, es solle ihnen ein Beirath von Männern zugegeben werden, dann wollten sie in Ruhe durch Rede und Gegenrede über jeden einzelnen Punkt eine Vereinbarung treffen, sofern sie unter einander der Rede eins würden. Da aber schlug Kleon einen großen Lärm auf und sagte, er hatte von vorn herein gesehen, daß sie nichts Billiges im Sinne hätten, und jetzt liege es ganz klar aus der Hand, [*]( 11) Vgl. l. 103. 115. )
Sogleich nach ihrer Rückkunft wurde der Vergleich wegen Pylos aufgehoben, und die Lakedämonier forderten ihre Schiffe zurück, wie sie übereingekommen waren. Da erhoben aber die Athener Einspruch wegen eines vertragswidrigen Angriffs aus die Festung und anderer Dinge wegen, die unerheblich scheinen konnten, gaben die Fahrzeuge nicht heraus und steiften sich darauf, es sei ja ausgemacht worden, daß der Vertrag als gebrochen betrachtet werden solle, wenn auch nur ein noch so geringfügiger Punkt übertreten worden. Dem widersprachen nun die Lakedämonier und nannten dieß Verfahren mit den Schiffen eine Ungerechtigkeit; dann gingen sie weg und begannen wieder die Feindseligkeiten. Von beiden Seiten wurde jetzt der Krieg um Pylos mit Anstrengung geführt. Die Athener umruderten die Insel bei Tag immer mit zwei Schiffen, die gegen einander fuhren, und zur Nachtzeit gingen sie rings um das ganze Eiland vor Anker, — nur nicht, wann es stürmte, gegen die offene See hin. Auch waren von Athen noch zwanzig Schiffe zur Überwachung zu ihnen gestoßen, so daß ihrer im Ganzen siebzig waren. Die Peloponnesier aber hatten ihr Lager aus dem Festland und bekannten die Vershcan- -znng und hätten Acht, ob sich eine Gelegenheit biete, ihre Leute zu retten.
Während dieser Ereignisse führten aus Sieilien die Syrakusaner und ihre Bundesgenossen den Krieg von Messana auS, nachdem sie mit ihrer Flotte, die dort auf Wache stand, die andern Schiffe vereinigt, die sie noch ausgerüstet hatten. Am meisten drängten dabei die Lokrer aus Feindschaft gegen die Nheginer, wie sie denn auch selbst mit gesammter Macht in jener Gebiet eingefallen waren. Auch
In dieser Meerenge nun wurden die Syrakusaner und ihre Bundesgenossen schon spät am Tage wegen eines Fahrzeuges, das durchsegeln wollte, mit etwas mehr als dreißig Schiffen in einen Seekampf gegen sechzehn Schiffe der Athener und acht Rheginische verwickelt. Besiegt von den Athenern, floh jeder Theil, wie er grad konnte, eiligst.nach seinem Standort, die Einen nach Messana, die Andern nach Rhegium, mit Verlust eines Schiffes. Die Nacht machte dem Treffen ein Ende. [*]( 12) Damit kann wohl nur Sicilien gemeint sein. Ein Schotten erklärt: Sphakteria. ) [*]( 1Z) Odyssee XII, 234: Jetzo steuerten wir angstvoll in den engenden Meershclund, Denn hier drvhete Skylla und dort die grause Charybdis. Fürchterlich jetzt einschlürsend die salzige Woge des Meere?; Wann sie die Wog' auSbrach, wie ein Kessel aus flammendem Feuer, Tobte sie ganz ausbrausend, mit trübem Gemisch, und empor flog Weißer Schaum, bis zum Gipfel die FelShöhn beide bespritzend. Wann sie darauf einschlürfte die salzige Woge deS MeereS, Senkte sich ganz inwendig ihr trübes Gemisch, und umher scholl Gräulich der FelS von Getös, und tief aus blickte der Abgrund, Schwarz vom Schlamm und Morast, und es saßt' uns bleiches Entsetzen. ) [*]( Vgl. XII. 101 . )
[*](425 v. Chr. ) Danach zogen die Lokrer vom Gebiete der Nheginer ab, und die Schiffe der Syrakusaner und ihrer Bundesgenossen sammelten sich am Vorgebirge Peloris an der messenischen Küste und gingen dort vor Anker, während auch ihre Landmacht in der Nähe stand. Da ruderten nun die Athener und Rheginer heran, und als sie die Schiffe leer sahen, fielen sie darüber her und nahmen durch einen ausgeworfenen eisernen Haken ein Fahrzeug, dessen Bemannung sich jedoch durch Schwimmen rettete. Als nun die Syrakusaner ihre Schiffe bestiegen und selbe am Tau längs der Küste nach Messana ziehen ließen, sielen die Athener sie wieder an; da aber jene einen Ablauf von der Küste nahmen Und dem Angriff zuvorkamen, so verloren sie wieder nur ein Schiff. So kamen die Syrakusaner, ohne auf der Küstenfahrt und in dem Scekampf geschlagen worden zu sein, glücklich in den Hafen von Messana.
Nun wurde gemeldet, daß Kamarina vom Archias und seiner Partei an die Syrakusaner verrathen werde, und die Athener schifften dorthin; zu gleicher Zeit zogen die Messenier mit ihrer Gefammtmacht zu Lande und zugleich mit den Schiffen gegen das Chalkidische Naxos zu Felde, das an ihr Gebiet anstieß. Am ersten Tage mm trieben sie die Naxier hinter ihre Mauern zurück und verwüsteten ihnen das Land, am folgenden Tage aber segelten sie mit den Schiffen um die Landspitze und verheerten das Land am Flusse Akesines; mit dem Landheer aber machten sie einen Einfall nahe gegen die Stadt hin. Da aber stiegen zur Abwehr die Sikuler in großer Zahl von den Höhen herab und fielen über die Messenier her. Als das die Naxier sahenso ermannten sie sich und sprachen sich einander Muth zu, daß die Leontiner und andere hellenische Bundesgenossen ihnen zu Hülfe heranzögen, sielen plötzlich aus der Stadt und griffen die Messenier an, schlugen sie in die Flucht und tödteten ihrer mehr als Tausend; die Andern retteten sich nur mit Mühe nach Hause, denn auch die Barbaren überfielen sie auf den Straßen und hieben die Meisten nieder. Auch die Schiffe, die vor Messana lagen, zerstreuten sich danach, ein Jeder in seine Heimath. Da zogen nun allsogleich die Leontiner und ihre Bundesgenossen mit den Athenern gegen das [*]( 14) Vergl. B. III. Ann. 44. ) [*]( Thukydides IV. ) [*]( 20 )
Vor Pylos nun hielten die Athener jene Lakedämonier auf der Insel noch eingeschlossen, und das Heer der Peloponnesier stand noch in seinem Lager auf dem Festland. Sehr mühselig aber war den Athenern die Überwachung aus Mangel an Lebensrnitteln und an Wasser; denn es gab dort keine Quellen, eine einzige ausgenommen auf der Burg von Pylos selbst, und auch diese war nicht reich, sondern die Meisten machten sich Gruben in dem Kiessand am Meere nnd tranken ein Wasser, wie man es da eben haben kann. Auf dem beschränkten Raume waren sie auch in der Lagerung beengt, und weil auch die Schiffe keinen guten Hafen hatten, so holten abtheilnngsweise die einen immer Lebensmittel vom Festland und die andern lagen auf offener See vor Anker. Am meisten Unlust aber erzeugte ihnen die lange Verzögerung, die ganz wider Erwarten eintrat; denn sie hatten gedacht, die Leute auf der wüsten Insel, wo sie nur salziges Wasser zu trinken hätten, binnen wenigen Tagen zur Uebergabe zu zwingen. Die Ursache aber hievon war, daß die Lakedämonier Je-den, der nur wollte, aufgefordert hatten, gemahlenes Getreide und Wein und Käse und andere Nahrungsmittel, wie sie für Belagerte tauglich sind, auf die Insel zu fuhren, gegen eine große Geldbelohnung; und wer von den Heloten Solches einführe, dem versprachen sie die Freiheit. Und sowohl Andere wagten sich und führten zu, vorzüglich aber Heloten, indem sie bei guter Gelegenheit vom Peloponnes abfuhren und noch vor Tagesanbruch an der Seeseite der Insel landeten. Meistens aber paßten sie es ab, daß die Wind
In Athen nun, als dahin Nachricht kam, daß ihr Heer Noth leide und denen auf der Insel Lebensmittel zugeführt würden, war man in Verlegenheit und fürchtete, der Winter könne über der Einschließung herankommen; denn sie sahen, daß dann die Zufuhr des Nöthigen um den Peloponnes herum unmöglich sein werde, zumal bei der Verödung des Landstrichs, da sie ja nicht einmal zur Sommerszeit im Stande seien, genügende Zufuhr zu liefern; auch würden sie in der hasenlosen Gegend keinen Landungsplatz finden, sondern die Männer würden entweder, wenn sie selbst in ihrer Wachsamkeit nachließen, sich dort leicht behaupten, oder auch einmal stürmisches Wetter abpassen und auf den Fahrzeugen, die ihnen Lebensmittel zugeführt, davongehen. Am meisten aber fürchteten sie die Lakedämonier, denn sie glaubten, daß diese ihrer Sache ganz sicher sein müßten, weil sie ihnen keine Friedensvorschläge mehr machten, und darum reute es sie jetzt, sich nicht znm Vergleiche verstanden zu haben. Kleon aber, der sah, wie sich ihre Laune gegen ihn selbst wendete, weil er damals den Frieden hintertrieben, be- [*]( 15) Mohn mit Honig gemischt, sagt der Schvliast, vertreibt den Hunger. Bei Alkman werden auch Mohnkuchen erwähnt. Gestoßener Leinsamen soll auf einige Zeit vom Durst desreien. ) [*]( 20* )
Da nun die Athener gegen den Kleon schrieen, warum er denn nicht gleich in See gehe, wenn ihm das so gar leicht dünke, auch Nikias sah, daß es auf ihn gemünzt sei, so erklärte dieser, wenn Kleon sich eine beliebig große Macht nehmen und die Sache versuchen wolle, so sei ihm das erlaubt, so weit es die Feldherrn angehe. Und Kleon zeigte sich nun zuerst zwar bereit dazu, weil er glaubte, daß jener nur so leeres Gerede mache mit seinem freiwilligen Rücktritt; als er aber sah, daß ihm Nikias wirklich sein Amt überlassen wolle, so zog er wieder zurück und sagte, nicht seines Amtes sei es in's Feld zu ziehen, sondern Jenes; denn jetzt wurde ihm bange, und er hatte gar nicht geglaubt, daß es Nikias über sich gewinnen könne, ihm zu weichen. Da trat nun Nikias zum zweiten Mal mit seinem Antrag auf und legte für sich das Kommando für Pylos nieder und rief dabei die Athener zu Zeugen auf. Diese nun, — wie es ja der blinde Haufe zu machen pflegt — je mehr Kleon dem Seezug auszuweichen und für seine Versprechungen Ausflüchte suchte,
Als er nun Alles Nöthige in der Volksversammlung bereinigt und die Athener ihm durch Abstimmung den Seezug übertragen hatten, gesellte er sich noch einen der Feldherrn bei Pylos, den Demotshenes, zu und segelte dann schnell ab. Den Demosthenes hatte er sich aber deßhalb an die Seite genommen, weil er unterdessen erfahren, daß dieser die Landung aus der Insel schon im Plan entworfen habe. Seine Soldaten nämlich, in Folge des Mangels am Platze, und eher selbst belagert, als belagernd, wünschten einen Handstreich zu wagen. Dazu vermehrte seine Vortheile der Umstand, daß die Insel in Brand gerieth. Anfangs nämlich, weil die Insel durchaus bewaldet und als ein von jeher unbewohnter Platz auch ganz unwegsam war, fürchtete er sich und war der Meinung, daß diese Umstände eher den Feinden zu Statten kämen; denn diese [*]( 16) Aenos. Kolonie von LeSdoS. an der Mündung des HebroS in Thrakien. ) [*]( 17) Aristophanes läßt den Chor der athenischen Ritter singen: Tag der Freude, des Jubels für Alle, die hier versammelt sind. Alle, die erst noch kommen, wenn Kleon fällt, der Verhaßte. )
Sein Unglück in Aetolien welches zum Theil der waldigen Gegend zugeschrieben werden konnte, war nicht die geringste Ursache, daß ihm solche Ueberlegungen kamen. Da nun also seine Soldaten aus Mangel an Raum genöthigt waren, an den äußersten Vorsprüngen der Insel zu landen, um sich dort bei ausgestellten Wachposten die Mahlzeit zu bereiten, zündete Einer ohne Absicht eine kleine Strecke des Gehölzes an, und als darauf noch ein Wind dazu kam, so brannte unversehens der größte Theil des Waldes nieder. Als er nun leicht sah, daß der Lakedämonier eine größere Zahl dort war, während er früher der Meinung gewesen, daß für eine geringere Anzahl daselbst Lebensmittel zugeführt würden, so dachte er jetzt, daß es sich schon der Mühe lohne, wenn die Athener größeren Eifer zuwendeten, und rüstete sich zum Handstreich auf die Insel, — die überdieß auch leichter zugänglich geworden war, — indem er von den Bundesgenossen in der Nähe Truppen an sich zog und sonst Alles in Bereitschaft setzte.
Kleon, der durch einen vorausgesendeten Boten schon hatte anzeigen lassen, daß er mit den von ihm geforderten Truppen kommen werde, langte nun auch in Pylos an. Sogleich nachdem sie sich vereinigt, schickten sie zuerst einen Herold in das feindliche Lager vom Festland mit der Aufforderung, ob sie nicht ihrer Mannschaft auf der Insel befehlen wollten, ihre Waffen und sich selbst ohne weiteren [*]( l8) Vergl. III, 97. s. )
Da jene aber nicht annahmen, so ließen sie noch einen Tag verstreichen; am darauffolgenden Tag aber führten sie zur Nachtzeit sämmtliche schwerbewaffnete Mannschaft auf wenigen Fahrzeugen hinüber und landeten sie kurz vor Tagesanbruch auf beiden Seiten der Insel, von der Seeseite sowohl, wie von der des Hafens. Es waren ungefähr achthundert Schwerbewaffnete, und diese rückten im Laufschritt gegen den ersten Wachposten auf der Insel an. Auf derselben nämlich waren die Leute so vertheilt: bei jenem ersten Posten standen ungefähr dreißig Schwerbewaffnete, in dem mittleren und flachsten Theil der Insel aber, wo auch Wasser vorhanden war, stand die Mehrzahl unter Führung des Epitadas, und ein geringer Theil der Mannschaft bewachte die äußerste Spitze gegen Pylos zu, wo die Insel steil in's Meer abfällt und auch von der Landseite her am schwersten anzugreifen ist. Es befand sich dort nämlich auch ein altes Bollwerk, aus erlesenen Steinen aufgeführt, von dem sie Nutzen erwarteten, wenn sie allenfalls zu einem ungeordneten Rückzug gezwungen würden.
Auf diese Art waren sie vertheilt. Die Athener nun hie-ben die vorderste Wachmannschaft, gegen die sie Sturm liefen, sogleich nieder, denn diese war noch in ihren Schlafstätten und wollte sich erst waffnen. Die Landung hatten sie nicht gemerkt, da sie glaubten, daß die Schiffe, wie gewöhnlich, des Nachts nach ihren Ankerplätzen ruderten. Mit der Morgenröthe wurde niu auch der übrige Theil des Heeres gelandet, auf etwas mehr als siebzig Schiffen, Alle — mit Ausnahme der Ruderer auf dem Vordertheile — die Einen so, die Andern so gewaffnet, achthundert Bogenschützen und eine gleiche Zahl von Leichtbewaffneten, dazu die Hülsstruppen der Messenier und die übrigen Alle, die um Pylos standen, ausgenommen die Besatzung der Festung. Auf Anordnung des Demosthenes vertheilten sie sich je zu zweihundert Mann und darüber, hie und da auch darunter, und besetzten die hervorragendsten Punkte, damit die Feinde in die größte Verwirrung geriethen und von allen Seiten umringt nicht wüßten, wo sie Widerstand leisten sollten,
Als aber die um den Epitadas, welche die Hauptmasse aus der Insel waren, den ersten Wachposten niedergehauen sahen, und wie das Heer gegen sie anmarschire, so schlössen sie ihre Glieder und gingen auf die Schwerbewaffneten der Athener loS, um mit ihnen handgemein zu werden; denn diese standen in ihrer Fronte, die leichten Truppen aber auf den Flanken und im Rücken. Sie konnten aber an die Schwerbewaffneten nicht ankommen und hier ihre Geschicklichkeit zeigen, denn das leichte Volk umringte und beschoß sie von beiden Seiten, und jene rührten sich gar nicht gegen sie, sondern blieben ruhig stehen. Die Leichtbewaffneten freilich, wo sie am kecksten anliefen und drängten, trieben sie in die Flucht, aber diese vertheidigten sich im Weichen, da sie leicht gerüstet waren und bei der Rauheit des nie angebauten und darum ungleichen Bodens auf der Flucht leicht einen Vorsprung gewannen, während die Lakedämonier in ihrer schweren Rüstung nicht nachkommen konnten.
So beschossen sie denn eine kurze Weile einander aus der Entfernung; als aber die Lakedämonier, wo sie angegriffen wurden, nicht mehr scharf ausfallen konnten, und die leichten Truppen sahen, daß sie schon schwerfälliger zur Abwehr würden, auch besonders aus dem Anblick ihrer vielfach überlegenen Zahl Muth schöpften und sich schon mehr an den Anblick jener gewöhnt hatten, so daß sie ihnen nicht mehr so furchtbar erschienen — zumal ihnen auch nicht von jenen begegnet worden war, wie sie erwartet hatten, als sie noch eben erst bei der Landung durch die bloße Vorstellung, daß sie gegen
Endlich, nachdem ihrer schon viele verwundet waren, weil sie sich immer aus demselben Fleck herumbewegten, schlössen sie sich eng aneinander und marschirten gegen das Bollwerk an der äußersten Spitze der Insel, das nicht weit entfernt lag, und zu der dortigen Besatzung. Als sie aber das Feld räumten, da wurden die Leichtbewaffneten erst recht keck und verfolgten sie mit noch lauterem Geschrei. Und so viele der Lakedämonier auf dem Rückzüge gefangen wurden, die mußten aus dem Platze sterben; die Mehrzahl aber entkam noch in das Bollwerk und stellte sich mit der dortigen Besatzung am ganzen Umfang auf, um abzuwehren, wo angegriffen werden konnte. Die Athener folgten ihnen auf dem Fuße nach, hatten aber wegen der Stärke des Platzes keine Möglichkeit ihn zu umstellen und abzuschließen, griffen also von vorn an und versuchten sie herauszuwerfen. Und so hielten lange Zeit und den größten Theil des Tages hindurch beide Theile mit den Beshcwerden des Kampfes auch noch den Durst und die Hitze der Sonne aus, indem die Einen sich abmühten, jene von der Höhe herab zu werfen, diese aber nicht vom Platze weichen wollten, doch fiel den Lakedämoniern die Abwehr leichter, als vorher, da sie die Flanken frei hatten.
[*]( 425 v. Chr. ) Da aber so nichts ausgerichtet wurde, so ging der Anführer der Messenier zu Kleon und Demosthenes hin und sagte, daß ihre Mühe auf diese Weise verloren sei; wenn sie ihm aber eine Abtheilung Bogenschützen und Leichtbewaffnete geben wollten, um jene im Rücken auf einem Pfade zu umgehen, den er suchen wollte, so gedenke er den Zugang zu erzwingen. Er erhielt, was er verlangte, und brach, um von den Feinden nicht gesehen zu werden, von einer ihren Blicken entzogenen Stelle aus, kletterte den Berg hinauf, wo nur immer der steile Abfall der Insel es erlaubte und die Lakedämonier im Vertrauen auf die Festigkeit des Platzes kein Augenmerk hatten, umging sie so ungesehen, obgleich mit großer Mühe und Schwierigkeit, und setzte durch sein plötzliches Erscheinen auf der Höhe in ihrem Rücken diese, die daraus nicht gefaßt waren, in Schrecken und Verwirrung, während er jenen, die nun erfüllt sahen, was sie gehofft hatten, die Zuversicht erhöhte. Die Lakedämonier wurden nun von beiden Seiten beschossen und waren, um Kleines mit Großem zu vergleichen, in derselben Nothlage, wie die bei den Thermopylen, — denn jene wurden niedergehauen, nachdem die Perser sie auf dem Bergpfade umgangen hatten, und so ging es auch hier — die Lakedämonier, von zwei Seiten beschossen, leisteten keinen kräftigen Widerstand mehr, sondern in der Minderzahl gegen die Uebermacht fechtend und aus Mangel an Nahrung am Körper geschwächt, zogen sie sich zurück, und die Athener besetzten nun die Zugänge.
Als nun Kleon und Demosthenes sahen, daß jene, wenn sie auch nur noch einen Fuß breit weiter zurückwichen, von ihren Leuten würden niedergehauen werden, machten sie dem Kampf ein Ende und hielten die Ihrigen zurück, in der Absicht, jene lebend nach Athen zu führen, sofern sie aus den Heroldsruf hören, ihren Sinn beugen und aus der Noth eine Tugend machen wollten, und ließen also durch den Herold fragen, ob sie die Waffen und sich selbst den Athenern auf Gnade oder Ungnade übergeben wollten.
Als nun jene dieß hörten, senkten die Meisten ihre Schilde und hoben die Hände in die Höhe, zum Zeichen, daß sie annähmen, was der Herold ausgerufen. Nun ruhten die Waffen, und es traten zu einer Unterredung zusammen Kleon und Demosthenes und von
Es fielen aber aus der Insel und lebendig gefangen wurden so viele: vierhundertundzwauzig Schwerbewaffnete im Ganzen waren hinüber gebracht worden; von diesen wurden lebend weggebracht dreihundert weniger acht, die Uebrigen waren gefallen. Unter den Ueberlebenden waren aber gegen hundertundzwanzig Spartiaten^). Von den Athenern waren nur Wenige gefallen; denn zu einer eigentlichen Schlackt war es nicht gekommen.
Was nun die Länge der Zeit betrifft, während deren die Leute auf der Jusel abgesperrt waren, so verflossen von der Seeschlacht bis zu dem Gefecht auf der Insel zweiundsiebenzig Tage. Von diesen wurden sie die zwanzig Tage hindurch, während die Ge- [*]( 19) So hießen die Anführer der königlichen Leibwache in Sparta. Hippagretos könnte indeß hier auch Eigenname sein. ) [*]( 20) Die Uebrigen waren die oben als Diener erwähnten Heloten, deren hier Einer aus einen Spartiaten kam. In der Schlacht bei Platää hatte jeder spartanische Schwerbewaffnete sieben Heloten bei sich. )
Die Athener und die Pelöponnesier zogen nun mit den Heeren von Pylos ab, ein Jeder nach Hause, und dem Kleon war sein Versprechen, so wahnsinnig es auch war, in Erfüllung gegangen; denn innerhalb zwanzig Tagen brachte er die Mannschaft ein, wie er sein Wort gegeben hatte 2"*). [*]( 20*) Für dieß dem Demosthenes entwendete Verdienst wurde Kleon vom Volke durch Ehrensitze im Theater und bei der Volksversammlung und durch Kränze belohnt, wogegen Andere es ihm als Diebstahl vorwarsen. In den Rittern des Aristophaneö stiehlt der Wursthändler dem Kleon einen Hasen, was dieser übel vermerkt: O weh, du hast mein Eigenthum gestohlen! Worauf der Wursthändler: Nun ja, gerad', wie du den Fang in PyloS. Je mehr Kleon aus seine Heldenthat pochte (in den Rittern droht er: Bei meinem Ehrenplatz als Held von PyloS! Ich bring dich um) um so mehr suchten seine Feinde seinem Verfahren mit den Gefangenen schlechte Absichten unterzuschieben, als wolle er durch ihre Auslösung bei guter Gelegenheit ein möglichst gutes Privatgeschäst machen: Ja. obwohl er all' sein Leben eine feige Memme war. Galt er doch als Held, indem er ärntet, wo er nicht gesät! Und so läßt er eben Garben, frisch von Pylos mitgebracht. Jämmerlich im Stockhaus modern, ja verschachern will er sie. und: EinS weiß ich doch: waS er in ArgoS treibt; Er thut, als wollt' er Argos uns besreunden. Und spielt mit den Spartanern unter'm Tisch; Was dort geschmiedet und gelöthet wird. Weiß ich: um die Gefangnen geht der BlaSdalg. Nur scherzhaft gemeint ist folgender Vorwurf, ebenfalls aus den Rittern: Kleon beruft sich ans die in PyloS erbeuteten Schilde, worauf der Wursthändler: Gut, dleib' bei diesen Schilden stehn: schon wieder eine Blöße! Wenn du den Demos (das Volk) liebst, warum hast du mit Fleiß die Schilde Sammt Ring und Riemen aufgehängt im Heiligthum der Göttin? Nun, Demos, merkst du nicht den Pfiff? - Um dir. wenn du den Schurken Willst züchtigen einmal, wie er's verdient, die Hand zu binden! Denn steh' dich um: da hat er dir 'nen Rudel Gerberbnrsche )