History of the Peloponnesian War

Thucydides

Thucydides. Geschichte des Peloponnesischen Kriegs. Wahrmund, Adolf, translator. Stuttgart: Krais and Hoffmann, 1864.

„Es ist nun klar, daß wir selbst mit gerechten Beshcwerden vor euch auftreten, diese aber gewaltthätige Räuber sind; wir müssen mm noch zeigen, daß ihr Unrecht thun würdet, sie als Bundesgenossen auszunehmen. Wenn es nämlich in den Vertragsbestimmungen heißt, daß es den nicht eingeschriebenen Städten freistehen solle, sich an die eine oder die andere Partei nach Belieben anzuschließen, so hat diese Übereinkunft nicht auf diejenigen Anwendung, welche darauf aus sind. Andern Schaden zuzufügen, sondern nur aus den, welcher fremde Hilfe sucht, ohne sich selbst seinen Verpflichtungen gegen Andere entziehen zu wollen, und der denen, welche ihm Schutz gewähren sollen, wenn diese anders vernünftig sind, nicht statt des Friedens den Krieg zubringt. Allein in diesen Fall würdet ihr kommen, wenn ihr uns nicht folgtet; denn ihr würdet nicht nur diese beschützen, sondern auch uns selbst aus Vertragsgenossen Feinde werden. Natürlich! denn wenn ihr mit jenen geht, können wir uns jener nicht erwehren, ohne uns zugleich gegen euch zu wenden. Gerecht handeln werdet ihr aber nur dann, wenn ihr entweder beide Theile für sich gewähren lasset, oder wenn ihr mit uns gegen diese zu Felde zieht. Denn mit uns Korinthern seid ihr durch Verträge verbündet, mit den Kerkyräern aber habt ihr niemals auch nur einen Vertrag auf kurze Zeit geschlossen. Fangt nicht damit an, die abgefallenen Bundesgenossen Anderer aufzunehmen; denn auch wir haben damals, als die Samier von euch abgefallen sind, und die übrigen Peloponnesier getheilter Meinung waren, ob man sie unterstützen solle, nicht gegen euch gestimmt, sondern offen erklärt, daß es einem Jeden zustehen müsse, seine Bundesgenossen selbst zu bestrafen. Denn wenn ihr jetzt diesen gewaltthätigen Leuten Aufnahme und Hilfe gewähren wolltet, so würde es bald geshcehen, daß nicht minder auch eure Bundesgenossen zu uns übertreten, und ihr hättet dann diese Handlungsweise mehr zu eurem eigenen als zu unserem Schaden eingeführt."

„Das sind die Rechtsgründe, mit denen wir euch gegenüber unsere Sache stützen, und nach Hellenischen Begriffen sind sie voll

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giltig. Wir besitzen aber noch ein anderes Mittel, euch für uns zu stimmen, und Anspruch auf euren Dank, dessen Abstattung wir unter den jetzigen Umständen von euch verlangen, nicht in feindlicher Absicht, als ob wir euch schaden wollten, und auch nicht wie manche Freunde in der Absicht, euch zu mißbrauchen. Als ihr nämlich damals in euren Händeln mit den Aegineten — noch vor den Perserkriegen — nicht genug lange Schiffe hattet, habt ihr von den Korinthern zwanzig zu leihen genommen ^), und diese Gefälligkeit und die andere in Betreff der Samier, als sich nämlich die Peloponnefier durch uns von der Hilfeleistung abmahnen ließen, hat euch den Sieg über die Aegineten und die Züchtigung der Samier möglich gemacht^). Und das geschah unter solchen Verhältnissen, in denen die Menschen, im Eifer den Sieg über die zu erringen, welche sie angreifen, alles Andere zu übersehen und zu vergessen Pflegen. Denn in einem solchen Augenblick hält man den für einen Freund, der sich dienstbeflissen zeigt, auch wenn er früher ein Feind gewesen wäre, und den für einen Feind, der sich hinderlich erweist, auch wenn er sonst cm Freund wäre; ja man vernachlässigt der augenblicklichen Streitsache wegen sogar die Regelung der eigenen inneren Verhältnisse."

„Das ruft euch in's Gedächtniß zurück, und die Jüngeren unter euch mögen es sich von den Aelteren erzählen lassen, und so entschließt euch, uns Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Möge Niemand glauben: was wir verlangen, sei zwar gerecht, allein der Vortheil erheische für den Fall des Krieges etwas Anderes; der günstigste Erfolg wird Einem in den Dingen zu Theil, darin man am wenigste,! gegen die Gerechtigkeit verstoßen hat. Die zukünftige Wendung des Krieges, mit welcher die Kerkyräer euch Furcht einzujagen suchen, um euch zur Ungerechtigkeit zu verleiten, liegt noch im Dunkel, und es wäre nicht recht, wenn ihr euch durch diese Rücksicht bewegen ließet, euch die offene und nicht erst künftig eintretende Feindschaft der Korinther zuzuziehen. Klüger wäre es, die wegen Megara noch aus frü- [*]( 85) vgl. Hand. VI, 89. Krüger, hist. philol. Studien S. 16 ff. ) [*]( 86) Müller, ^sxillst. p. 117 bemerkt, es sei falsch, daß die Schiffe der Korinther den Sieg herbeigeführt; vgl. Plutarch, über die Bosheit des Herodot, 22. (Kr.) )

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hercr Zeit her obwaltende Spannung^) zu beseitigen, denn noch in: letzten Augenblick kann selbst eine minder wichtige Gefälligkeit, wenn sie nur den Umständen zu Hilfe kommt, auch eine bedeutende Schwierigkeit heben. Laßt euch auch nicht dadurch hinreißen, daß sie euch die Unterstützung einer großen Flotte gewähren. Denn es liegt eine dauerhaftere Macht darin, seines Gleichen nicht Unrecht zu thun, als wenn man sich durch die scheinbare Gunst des Augenblicks hinreißen läßt, einem Gefahr bringenden Gewinn nachzujagen."

„Unsere Lage ist nun dieselbe wie die eure damals, als wir in Lakedämon erklärten^), daß Jeder seine eigenen Bundesgenossen zu züchtigen das Recht habe, nnd wir erwarten nun von euch dasselbe Benehmen, und daß ihr uns durch eure Entscheidung nicht in dem gleichen Fall schadet, in welchem wir durch die unsere euch genützt haben. Vergeltet Gleiches mit Gleichem und bedenket, daß eben die jetzige Lage wieder eine solche ist, in welcher derjenige der beste Freund ist, der sich dienstbeflissen zeigt, und der ein Feind, der sich hinderlich erweist, und nehmt nicht die Kerkyräer uns zum Trotz als Bundesgenossen an, noch leistet ihrem ungerechten Treiben Vorschub. Wenn ihr so handelt, werdet ihr Recht thun und das beschließen, was auch für euch selbst das Nutzbringendste ist."

So sprachen die Korinther. Nachdem nun die Athener beide Theile angehört nnd sogar nach einander zwei Volksversammlungen abgehalten hatten, so fanden die Korinther in der ersten nicht geringe Beistimmung, in der folgenden aber siegte eine andere Meinung, und sie beschlossen, zwar nicht mit den Kerkyräern ein Schutzund Trutzbündniß in der Art einzugehen, daß die Feinde jener auch ihre Feinde, und jener Freunde auch ihre Freunde sein sollten, — denn wenn die Kerkyräer sie diesfalls aufgefordert hätten, mit ihnen gegen Korinth in See zu gehen, so wäre dadurch der mit den Peloponnesiern geschlossene Waffenstillstand von ihrer Seite gebrochen worden, — sondern sie schlossen ein Schutzbündniß zur gegenseitigen Vertheidigung für den Fall, daß Einer Kerkyra oder Athen oder beider Bundesgenossen angreifen sollte. Der Krieg mit den Peloponnesiern [*]( 87) vgl. I, 103. ) [*]( 88) I, 40. )

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schien ihnen nämlich ohnehin nicht zu vermeiden, und sie wollten Kerkyra mit seiner bedeutenden Seemacht nicht den Korinthern in die Hände liefern, wünschten aber doch, daß beide Theile so hart als möglich aneinander gerathen möchten, damit sie selbst mit einem schon geschwächten Feinde zu thun hätten, wenn es zum Krieg mit Korinth oder einer andern Seemacht kommen sollte. Zugleich schien ihnen die Insel für die Ueberfahrt nach Italien und Sicilien sehr günstig gelegen.

Diese Ueberlegungen also veranlaßten die Athener, die Kerkyräer in ihren Bund aufzunehmen, und bald nachdem sich die korinthischen Gesandten entfernt hatten, schickten sie ihnen zehn Schiffe zu Hilfe 89). Das Geschwader befehligten Lakedämonios, Sohn des Kimon, Diotimos, Sohn des Strombichos, und Proteas, des Epikles Sohn. Diese nahmen jedoch den Befehl mit, sich zur See mit den Korinthern in keinen Kampf einzulassen, außer im Fall, daß diese gegen Kerkyra segelten und dort oder auf einem dazu gehörigen Gebiete landen wollten. Hieran sollten sie sie jedoch nach Kräften verhindern. Diese Weisung gab man ihnen mit, um den Friedensvertrag nicht zu brechen. Jene Schiffe kamen denn auch glücklich bei Kerkyra an.

Die Korinther nun, nachdem sie ihre Rüstungen vollendet hatten, gingen mit hundert und fünfzig Schiffen gegen Kerkyra unter Segel. Zehn davon hatten die Eleer gestellt, zwölf die Megarer, die Leukadier zehn, die Amprakioten siebenundzwanzig, und Eines die Anaktorier, die Korinther selbst aber neunzig. Jede der einzelnen Städte hatte auch ihre besonderen Anführer mitgesandt; Befehlshaber der Korinther war nebst vier andern Xenokleides, des Euthykles Sohn. Als sie Kerkyra gegenüber in die Nähe des Festlands gekommen waren, warfen sie von Leukas ansegelnd bei Cheimerion ^Varlam bei Arpitza^ im Lande der Thesproter Anker. So heißt nämlich der Hafen, und über demselben, etwas weiter vom Meere entfernt, liegt in dem eläatischen Bezirke von Thefprotien die Stadt Ephyra. In der Nähe mündet der Acherusische See in's Meer. Der Acheronfluß, wel­ [*]( 89) So viele mochten wirklich genügend erscheinen. BlvS gehässig ist die Anschuldigung gegen Perikles bei Plutarch, Perikl. 29. (Kr.) ) [*]( ThukydideS. I. ) [*]( 4 )

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cher Thesprotien durchströmt, ergießt sich in diesen See und gibt ihm auch seinen Namen. Es fließt dort auch, an der Gränze von Thesprotien und Kestrine, der Fluß Tbyamis, und zwischen diesen beiden Flüssen erhebt sich das Vorgebirge von Cheimerion, bei welchem die Korinther vor Anker gingen und auf dem Festland ein Lager schlugen.

Als ihre Annäherung den Kerkyräern bekannt wurde, bemannten diese hundert und zehn Schiffe unter den Befehlen des Mei- Rades, Aefimides und Eurybatos, und stellten sich bei einer der Inseln auf, welche den Namen Sybota ^S. Nikolo diSivota^ führen. Auch die zehn athenischen Schiffe befanden sich bei ihnen. Ihr Landheer stand aus dem Vorgebirg Leukimme ^Lefkimo^, verstärkt durch tausend schwerbewaffnete Zakynthier. Auch zu den Korinthern waren auf dem Festland zahlreiche Barbaren gestoßen, denn die Bewohner des Festlands in der dortigen Gegend find ihnen von jeher befreundet.

Nachdem die Korinther ihre Vorbereitungen getroffen und für drei Tage Lebensmittel eingenommen hatten, segelten sie bei Nacht vom Vorgebirge Cheimerion ab, um eine Seeschlacht zu wagen, und mit der Morgenröthe sahen sie der Kerkyräer Schiffe auf hoher See gegen sich ansegelnd. Nachdem auch jene sie wahrgenommen, stellten sie sich gegen einander in Schlachtordnung auf. Den rechten Flügel der Kerkyräer nahmen die Athenischen Schiffe ein, ihre eigenen, in drei Geschwader unter AnfüHrung ihrer drei Feldherrn abgetheilt, den linken. Dies war die Aufstellung der Kerkyräer. Aus Seiten der Korinther bildeten die Megarischen und Amvrakiotischen Schiffe den rechten Flügel, im Mitteltreffen standen die andern Bundesgenos» sen der Reihe nach, und den linken Flügel hatten mit ihren besten Schiffen die Korinther selbst inne, gegenüber den Athenern und dem rechten Flügel der Kerkyräer.

Als auf beiden Seiten die Zeichen gegeben waren 2°), trafen die Flotten auf einander. Beide aber waren mehr nach alter Art und in unvollkommener Weise gerüstet und hatten viel Schwer- [*]( 90) Das Signal war wohl eine Art Fahne, an einem Mast, zu Lande an einer Stange cmporgejvgen, vgl. IV, sie. VII, se. Mit, 9S. Herod. IX, 59. (Kr.) )

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bewaffnete auf dem Verdeck, auch viele Bogenschützen und Lanzenträger, und so kämpften sie. Die Seeschlacht war erbittert, aber dem Eifer glich nicht die Geschicklichkeit, und so hatte eS mehr das Ansehen einer Landschlacht. Denn wenn Schiffe auf einander gestoßen waren, so konnten sie sich wegen der Menge und des Gedränges der Fahrzeuge nicht leicht von einander losmachen. Auch erwartete man den Sieg eher von den Schwerbewaffneten auf dem Verdeck, die festen Fußes stehend kämpften, während die Schiffe ruhig lagen. Die Schlachtlinien zu durchbrechen unternahm man nicht ^), sondern Muth der Einzelnen und persönliche Stärke thaten in diesem Seekampf mehr, als Erfahrung und Geschicklichkeit, und überall war großer Lärm und wirres Geschrei. Die Athenischen Schiffe ließen sich nirgends erster Hand in den Kampf ein, sondern wo irgend die Kerkyräer bedrängt wurden, da stellten sie sich ihnen zur Seite und schreckten die Gegner nur zurück, denn die Anführer scheuten sich, der Athener Verbot zu übertreten. Am meisten gerieth der rechte Korinthische Flügel in die Enge, denn die Kerkyräer zwangen ihn mit zwanzig Schiffen zum Wenden, setzten den zerstreuten und gegen das Festland flüchtenden nach und segelten bis dicht an ihr Lager, wo sie an's Land stiegen und die leeren Zelte in Brand steckten und plünderten. Hier also zogen die Korinther und ihre Bundesgenossen den Kürzeren, und die Kerkyräer waren im Vortheil. Wo aber die Korinther selbst standen, aus dem linken Flügel, hatten sie bei Weitem den Vortheil, denn den Kerkyräern, die ohnedies in der Minderzahl waren 22), gingen die zwanzig verfolgenden Schiffe ab. Da nun die Athener, welche vorher sich gehütet hatten handgemein zu werden, die Noth der Kerkyräer sahen, segelten sie unbedenklich zur Hilfe heran, und als die Flucht entschieden war und die Korinther nachsetzten, da legte Jeder der Athener Hand an's Werk, und man konnte keinen Unterschied mehr machen, sondern die Gefahr wurde [*]( 91Ist aber schon von Herold. VI, 12. und VIII, 9 erwähnt, ES bestand darin, daß man durch die Schlachtreihe der Gegner schiffte, um die Seiten und Ruder ihrer Schiffe zu beschädigen, und schnell gewendet sie von hinten anzugreifen. Thut, erwähnt sie noch ll, 8Z. 89. VII, Z6. 70. (Kr.) ) [*]( 22) Hundertundjehn (l, 47.) gegen hundertundfünsjig (I, 46.), so daß jetzt etwa so gegen 130 kämpften. (Kr.) ) [*]( 4* )
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so groß, daß Korinther und Athener mit einander handgemein wurden.

Als die Feinde sich zur Flucht gewandt hatten, nahmen die Korinther die von ihnen etwa leck gemachten Schiffe nicht in's Schlepptau, sondern kehrten sich gegen die Bemannung, und zwischen den feindlichen Schiffen durchsegelnd gingen sie mehr darauf aus zu morden, als Gefangene zu machen. Daß sie aber auf ihrem rechten Flügel selbst geschlagen waren, wußten sie nicht, und es geschah ihnen daher auch, daß sie aus ihre eigenen Freunde einHieben, denn es war nicht leicht, in dem Getümmel Sieger und Besiegte von einander zu unterscheiden, weil aus beiden Seiten die Zahl der Schiffe groß war und eine weite Fläche des Meeres bedeckte. Denn in Bezug auf die Schiffszahl war diese Schlacht die bedeutendste, in welcher Griechen noch gegen Griechen gekämpft hatten.

Nachdem nun die Korinther die Kerkyräer bis an's Land verfolgt hatten, wandten sie ihre Aufmerksamkeit ihren eigenen Schiffstrümmern und Todten zu, wurden auch der meisten habhaft und brachten sie nach Sybota, wo das Hilfsheer der Barbaren stand. Dies Sybota ist ein verlassener Hafen Thesprotiens ^gegenüber den gleichnamigen Inseln^. Nachdem also dies verrichtet war und sie sich wieder gesammelt hatten, rückten sie von Neuem gegen die Kerkyräer an. Diese aber segelten mit ihren noch seetüchtigen Fahrzeugen, worunter auch die bei den Athenischen Schiffen zurückgebliebenen waren, ihnen selbst entgegen, aus Furcht, der Feind möchte eine Landung wagen. Es war bereits spät am Tag, und schon war der Schlachtgesang zum Vorgehen angestimmt 93), da fingen die Korinthischen Schiffe plötzlich an, rückwärts zu rudern^). Sie hatten nämlich zwanzig attische Schiffe heransegeln sehen, welche die Athener später zur Unterstützung der zehn ersten abgeschickt hatten, aus Besorgniß, die Kerkyräer möch- [*]( 93) Vor dem Kampfe sang man dem Aus, nach demselben dem Apollon einen Päan. (Schol.) ) [*]( 94) Ohne zu wenden wurde rückwärts gerudert, um das SchiffSvordertheil, welches zu Angriff und Vertheidigung am besten gerüsiet war, dem Feind zugewendet zu halten. )

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ten, was auch wirklich eingetroffen war, geschlagen werden, und die zehn Schiffe möchten zu ihrem Schutze zu schwach sein.

Diese Schiffe also erblickten die Korinther zuerst, und weil sie vermutheten, daß sie von Athen kämen und ihrer vielleicht noch mehr seien als die, welche eben in Sicht waren, so nahmen sie den Rückzug. Die Kerkyräer sahen aber diese Schiffe nicht, — denn sie kamen von einer Seite, wo jene sie nicht so leicht wahrnehmen konnten,— und wunderten sich sehr, daß die Korinther rückwärts ruderten,, bis endlich Einige der Schiffe ansichtig wurden und ihr Ansegeln verkündeten. Da zogen auch sie sich zurück, denn es dunkelte schon und die Korinther waren bereits weit weg. So also hatte der Zusammenstoß geendet und die Nacht die Seeschlacht abgeschnitten. Die Kerkyräer nahmen nun bei Leukimme eine Aufstellung, und jene zwanzig Athenischen Schiffe, geführt von Glaukon, des Leagros', und von Andokides, des Leogoros' Sohn, fuhren mitten durch Schiffstrümmer und Leichen auf die Kerkyräer los und kamen, nicht lange nachdem sie zuerst bemerkt worden waren, bei ihrem Standort an. Es war schon dunkele Nacht, und die Kerkyräer hatten gefürchtet, es möchten feindliche Schiffe sein; jetzt aber erkannte man sie, und jene gingen vor Anker.

Tags darauf segelten die dreißig attischen Schiffe und so viele von den Kerkyräischen noch seetüchtig waren, auf den Hafen Sybota los, um zu sehen, ob die Korinther, welche dort vor Anker lagen, einen Seekampf wagen würden. Diese stießen auch wirklich vom Lande und stellten sich auf hoher See in Schlachtordnung, aber sie verhielten sich ruhig und zeigten keine Neigung, ihrerseits den Kampf zu eröffnen, da sie die von Athen frisch angekommenen Schiffe sahen, und da auch sie selbst sich in mancher Verlegenheit befanden, theils wegen Überwachung der Gefangenen, die sie auf den Schiffen hatten, theils auch weil die wüste Gegend keine Möglichkeit die Schiffe auszubessern darbot. Wie sie nach Hause zurückschiffen könnten, lag ihnen viel mehr am Herzen; denn sie fürchteten, die Athener möchten den Vertrag für gebrochen erachten, weil es ohnehin schon zum Handgemenge gekommen sei, und möchten sie an der Heimfahrt hindern.

Sie hielten es nun für rathsam, einige Männer aus einem

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Boot und ohne einen Heroldsstab zu den Athenern zu schicken, um ihre Gesinnung zu erproben. Diese sollten Folgendes sagen: „Ihr thut Unrecht, Männer von Athen, daß ihr den Krieg ansangt und den Frieden brechet. Denn ihr stellt euch bewaffnet uns in den Weg, während wir beschäftigt sind, unsere Feinde zu bestrasen. Habt ihr aber die Absicht, uns zu hindern, ob wir nun gegen Kerkyra, oder irgend sonst wohin schiffen wollen, und wenn ihr die Verträge zu brechen entschlossen seid, so ergreift zuerst uns, wie wir da sind, und behandelt uns als Feinde." Das richteten denn jene auch aus. Das Heer der Kerkyräer aber, so viele ihrer hatten zuhören können, schrieen, man solle sie nur gleich ergreifen und niederhauen; allein die Athener gaben folgende Antwort: „Wir fangen weder den Krieg an, ihr Peloponncfischen Männer, noch brechen wir die Verträge; wir sind nur den Kerkyräern da zu Hilfe gekommen, weil sie unsere Bundesgenossen sind. Wollt ihr irgend anderswohin schiffen, so hindern wir euch nicht, wenn ihr aber gegen Kerkyra segelt oder ein dazu gehöriges Gebiet, so werden wir das nach Möglichkeit hintertreiben."

Auf diese Antwort der Athener rüsteten die Korinther zur Heimfahrt und errichteten auf dem festen Lande bei Sybota ein Siegeszeichen. Die Kerkyräer aber sammelten die Schiffstrümmer und Leichname, welche Wind und Wellen an's User geworfen.hatten; denn während der Nachd hatte ein Sturm sie nach allen Seiten zerstreut; und dann errichteten auch sie ein Siegeszeichen zu Sybota aus der Insel, gleich als ob sie die Schlacht gewonnen hätten. Daß aber beide Theile sich den Sieg zuschrieben, geschah aus folgenden Gründen. Die Korinther waren in der Seeschlacht bis zum Anbruche der Nacht im Vortheil gewesen, weßhalb sie auch die meisten Schiffs, trümmer und Leichen sammelten; dann waren ihnen auch nicht weniger als tausend Kriegsgefangene in die Hände gefallen, und Schiffe hat- [*]( 95) Ohne Herold-Sand, zum Zeichen, daß sie den Frieden noch nicht für gebrochen erachteten, denn der Stab wurde nur im Krieg getragen. — Ohne HeroldSstab gingen die Boten, um sich nicht als Feinde anzukündigen und dadurch Angriffe der Athener zu provociren. (Kr.) Dieser Stab, von zwei Schlangen umwunden, die sich einander die Köpfe zukehrten (Schol.), gewährt: Unverletzlichkeit. Dieselbe wurde aus Strengste beobachtet. Vgl. Schömann, Sriech. Alterth. II. S. 8 f. )

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ten sie siebenzig versenkt. Aus diesen Gründen errichteten sie ein Siegeszeichen. Die Kerkyräer aber thaten dasselbe, weil sie an dreißig Schiffe vernichtet und nach der Athener Ankunft ihre Schiffstrümmer und Todte gesammelt hatten, dann auch, weil die Korinther beim Anblick der Attischen Schiffe zuerst vor ihnen rückwärts gerudert und den Rückzug genommen hatten und nach Ankunft der Athener ihnen nicht mehr von Sybota aus entgegen gefahren waren. So legten sich beide Theile des Sieges Ehre bei.

Die Korinther aber nahmen auf der Heimfahrt durch Lift Anaktorion, an der Mündung des Amprakiotischen Meerbusens, in Besitz, welches bis jetzt ihnen und den Kerkyräeru gemeinsam gehört hatte. Hier ließen sie Korinthische Ansiedler und kehrten dann nach Hause zurück. Von den Kerkyräern verkauften sie achthundert, welche Unfreie waren; zweihundert und fünfzig behielten sie als Gefangene, behandelten sie jedoch rücksichtsvoll, damit dieselben nach ihrer Heimkehr Kerkyra ihnen zuwenden möchten, denn zufällig gehörte die Mehrzahl derselben zu den Mächtigeren ^Aristokraten^ in jenem Staate.

Auf diese Weise also hatte Kerkyra den Krieg mit den Korinthern siegreich bestanden, und die Schiffe der Athener kehrten nach Hause zurück. Das aber wurde die erste Veranlassung zum Kriege zwischen Korinthern und Athenern, daß diese während deS Waffenstillstandes in Verbindung mit den Kerkyräern an dem Seekampfe gegen sie Theil genommen hatten.

Sehr bald aber kamen auch noch die folgenden Zwistigkeiten zwischen Athenern und Peloponnesiern als neue Veranlassung zum Kriege hinzu: da die Korinther auf Rache sannen, und die Athener diese feindliche Gesinnung bei ihnen auch voraussetzten, so befahlen diese ihren Bundesverwandten und Zinsholden, den Potidäern, — dem Ursprung nach Korinthische Pflanzer, auf der Landenge von Pallene angesessen —, ihre Mauern gegen Pallene hin niederzureißen, außerdem Geißeln zu stellen und die Beamten (Epidemiurgen) [*]( 96) Potidäa war die einzige Kolonie der Korinther am Aegaischen Meere und deßhalb für sie von besonderer Bedeutung. — Die Athener befahlen wohl, die Mauer gegen Pallene hin niederzureißen, damit die Stadt, )

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wegzuschicken, welche die Korinther alljährlich dorthin zu senden pflegten, und auch keine neuen mehr aufzunehmen. Sie fürchteten nämlich, jene möchten sich von Perdikkas und den Korinthern zum Abfall bereden lassen und durch ihr Beispiel auch die übrigen Thrakischen Bundesgenossen nachziehen.

Diese Vorsichtsmaßregeln trafen die Athener sogleich nach der Seeschlacht bei Kerkyra, denn die Korinther waren nun schon so gut wie erklärte Feinde, und Perdikkas 97), des Alexandros' Sohn [*]( — wenn sie je abfallen sollte — für sie von der Seeseite her um fv leichter angreifbar sei (Kr.). — Demiurgen, d. h. BolkSarbeiter, hießen anfänglich solche, deren Kunst oder Gewerbe in besonderem Grade dem gemeinen Besten diente, wie Herolde, Sänger, Aerzte. In Attika erscheint dann der Name zur Bezeichnung der Handwerker neben den Geomoren (kleinen Bauern oder Pächterin im Gegensatz gegen die Supatriden, die Adelichen. Hier bezeichnet DeminrgoS die BolkSbeamten Dorischer Staaten, welche, der Oligarchie bereits entgangen, schon mehr volkSthümliche Verfassungen hatten. Epide» minrgen, die sonst nicht vorkommen, sind Beamte, welche hier von der Mntterstadt Korinth zur Beaufsichtigung der Kolonie alljährlich zu den bereits vorhandenen einheimischen Volksvorstehern hinzu (en») geschickt wurden. ) [*]( 97) Als Gründer des Makedonischen Reiches wird Perdikkas I. genannt. Diesem folgten ArgäoS, Philipp I., AeropoS, AlketaS, Amyntas I., Alexan. der I. DeS letzteren Sohn ist der hier genannte Perdikkas II., der bedeutendste unter den früheren Makedonischen Königen, welcher schon ganz die schlaue und treulose Politik befolgte, die später Philipp II. mit solchem Glück zur Aii«- - breitung seiner Macht anwandte. Perdikkas II. hatte zwei Brüder, Philipp und Alketas. Der letztere machte keine Ansprüche auf den Thron, Philipp aber verbündete sich mit den Athenern und floh später zum Thrakii'chen König Sitalkes, der zwar sür ihn Nichts that, aber nach seinem Tode (424 v. Chr.) den Sohn desselben, AmyntaS II., nach Makedonien zurückführte. Später verläßt Sitalkes diesen AmyntaS wieder, der dann aus der Geschichte verschwindet, und schließt sich dem Perdikkas an. Der hier genannte DerdaS, deS ArrhidäoS Sohn und Fürst von Elymia, war ein Verwandter des Perdikkas. — Makedonien spielte eine ähnliche Nolle auf der Balkan-Halbinsel, wie sie neuerer Zeit das HauS Savoyen'Piemont auf der Apenninen-Halbinsel, theilweise auch das Haus Hohenzollcrn in Deutschland spielt: Vergrößerung um jeden Preis (BiSmarck: „die Borussia muß ihren schmalen Leib erweitern). Ueberlegene Macht kann sich leicht erweitern, indem sie schwächere Nachbarschaften sich einverleibt. Das Mittel ist der einfache, meist kurz dauernde Krieg. Das Gefühl, besonders das christlihc-moderne, am allermeisten aber das sogenannte christlich-germanische — welches das allerempifndlichste zu fein scheint — sträubt sich zwar, irgend eine Berechtigung solcher Machtkriege anzuerkennen, aber )

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und König von Makedonien, früher Bundesgenosse und Freund, war ebenfalls zum Feind geworden, weil die Athener sich mit seinem Bruman sieht doch ein, daß sie ganz direkt großen menschlichen Culturzwecken dienen und gegen die sittlichen Forderungen nicht verstoßen? der Schwächere wird zum Anschluß oder zur Unterwerfung aufgefordert, mit der KriegSandrohiing. Er weiß, was ihm im Weigerungsfälle bevorsteht, und der Mächtigere ist deßhalb ihn zu bekämpfen gezwungen, weil in den meisten Fallen ein zweiter Mächtiger auf der andern Seite steht, welcher durch Einverleibung des Schwächeren an Macht so überlegen zu werden droht, daß eben daS Gebot der Selbsterhaltung ihm zuvorzukvminen nöthigt. Hierbei wird weiter kein Recht verletzt, als das Existenzrecht des schwächeren Staates, das in jedem Fall nur ein temporäres und von den größeren Verhältnissen (die nicht von uns, sondern von der Gottheit abhängen) n»r in so lange garantirteS ist, als die umliegenden Staaten von ziemlich gleicher Macht sind. Welcher von diesen Gleichen unter Gleichen sich zuerst zu größerer Macht emporschwingt, kann dies aber nur durch höhere sittliche Anstrengung erreichen, womit eben den höchsten Zwecken der Menschheit und der Gottheit gedient ist. Daher kommt >eS, daß z. B. das Schauspiel der ausstrebenden Römischen Macht ein sittlich erhebendes ist. denn es wird hier gezeigt, was virtus des Menschen vermag. Ganz anders ist es aber, wenn politische Schwäche um jeden Preis zur Macht gelangen will. „Es ist gewiß sehr in der Ordnung und ein natürliches Verlangen, daß man sich zu vergrößern wünscht: und immer werden diejenigen, welche es thun, wofern sie es nur zu thun vermögen (d. h. die ausreichende Macht dazu besitzen), darum belobt, oder doch nicht getadelt werden. Wenn sie eS aber nicht vermögen und doch auf alle Weise thun wollen, da liegt der Tadel und der Fehler. (Machiavell, Fürst, Kap. Z am Schluß.) Machiavell sieht hier nur Machtsragen. Macht und Moralität gehen auch heutzutage noch nicht ganz zusammen, aber wir glauben, es ist nicht zu leugnen, daß heutzutage das moralische Bewußtsein der Volks-nassen doch schon eine ansehnliche Macht geworden ist (in Folge der Erfindung GuttenbergS), mit welcher in der Politik der Neugestaltungen gerechnet werden muß. Da nun politische Schwäche, so gut wie individuelle, sich hauptsächlich unmoralischer Mittel «Zweideutigfett, Lüge, Betrug» bedienen muß, wenn sie rasch emporkommen will, so beleidigt sie dadurch die Macht des sittlichen Bewußtseins der Nationen, und es scheint, daß dieses heutzutage nicht mehr ertragen kann, unmoralisches Verfahren mit großem dauernden Erfolg gekrönt zu sehen. Wir wollen demnach gern glauben, daß Machiavell nicht mehr ganz Recht hätte, wenn er heute schriebe, was er im Fürsten zu Anfang des IS. Kap. sagt: „Wie man wirk» lich lebt, und wie man leben sollte, liegt in meinen Augen so weit von einander ab, daß derjenige, welcher um dessentwillen, was eigentlich geschehen sollte, das verabsäumt, was wirklich geschieht, eher seinen Untergang, als seine Errettung erleben wird, insofern ein Mensch (und ein Staat), der
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der Philippos 98) und dem Derdas, die sich gemeinsam gegen ihn empörten, verbündet hatten. Zn seiner Furcht suchte er durch eine Gesandtschaft nach Lakedämon den Athenern einen Krieg mit den Peloponnesiern auf den Hals zu ziehen, und die Korinther brachte er wegen des Abfalls von Potidäa auf seine Seite ^). Auch die Chalkidäer und Bottiaer auf der Thrakischen Gränze suchte er abtrünnig zu machen, in der Meinung, daß er in Verbindung mit diesen seinen [*]( In allen Stücken zum Guten sich bekennen wollte, unter so Vielen, die nicht gut sind, zu Grunde gehen muß." Vollkommen gilt ober der Satz noch, wenn das Gute, zu welchem sich der betreffende Staat bekennt, eigentlich kein Gutes ist, sondern nur der eben verschwindende Schatten eines ehemaligen Guten, an welchen sich abergläubische Impotenz anklammert. So steifte sich das untergehende Hellenenthum auf seine Frömmigkeit und führte heilige Kriege, den Göttern zu Liebe, zu welchen Kriegen Philipp von Makedonien seine Waffen herlieh, um dann die Unabhängigkeit der Hellenen als wohlverdienten Zins einzuziehen. Impotenz ist eben keine Macht, und die Frömmigkeit macht sie nicht um ein Haar mächtiger. Wer sich selbst hilft, dem hilft auch Gott. — Der Erzherzog Karl sagt (in seiner eben erscheinenden Geschichte des ersten Krieges der franz. Nevol. v. I. t7S2—l?S7, S. ll): Preußen spielte eine unwürdige Rolle, „denn sie gründete sich auf unmoralishce Mittel, auf Schwäche und Betrug." Schwäche ist hier in dem obigen Sinn zu nehmen, daß die vorhandene Macht der Bergrößerungttendenz nicht entspricht. Der äußerlich mächtigere Gegner solcher schwächeren Staaten kann aber deren Jmmoralität den Schein der Moralität verleihen, wenn er selbst an andern Schwächen leidet, z. B. wenn er den großen Zeitrichtungen, denen schließlich keine Macht widerstehen kann, widerstrebt, oder wenn er seinem Charakter nach überhaupt unthätig ist, während der schwächere Feind um so thätiger ist. Unterliegt ein solcher Mächtigerer, so nimmt das sittliche Bewußtsein der Menge sehr wenig Anstoß, denn eS erklärt sich jene beiden Fehler aus Mangel an Kraft und Macht, während eS in der überlegenen Thätigkeit des schwächeren Gegners einen Beweis von wirklicher sittlicher Kraft zu sehen glaubt. So fiel das mächtigere Neapel vor Cavour, und als die Thätigkeit des Athenischen Staatswesens erlahmte, auch deS Deinosthene« beredter Kummer dem erstorbcnen Wesen keine Kraft mehr einzuhauchen vermochte, warf des Makedonischen Philipp Politik, trotz ihrer Jmmoralität. das Hellenenthum zu Boden. In der weitern Erzählung des Ttiuk. beachte man die Züge der treulosen Makedonischen Politik, die erfolgreich war, weil sie anfänglich ein in sich gespaltenes, später ein impotentes Hellenenthum sich gegenüber hatte. ) [*]( 98) vgl. n, 100. ) [*]( 99) Insofern er in der Lage war, den von den Korinthern betriebenen Abfall Potidäa't von Athen wirksamst zu unterstützen. )
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Gränznachbarn den Krieg leichter werde durchführen können. Die Athener aber merkten dies, und um dem Abfall der Städte zuvorzukommen, so gaben sie den Anführern der Flotte, welche unter Archestratos, des Lykomedes' Sohn, und noch zehn Anderen auf dreißig Fahrzeugen tausend Schwerbewaffnete gegen den Perdikkas führen sollte, und die eben zum Auslaufen bereit lag, den Auftrag, von den Potidäern Geißeln zu nehmen, ihre Mauer niederzureißen und aus die benachbarten Städte ein wahcsames Auge zu haben, um ihren Abfall zu verhindern.

Die Potidäer schickten nun Gesandte nach Athen und ver. suchten eS, diese neuen Maßregeln gegen sie durch Bitten abzuwenden; doch gingen sie auch mit den Korinthern nach Lakedämon, um für den Fall der Noth sich eine Unterstützung zu sichern. Da sie nun bei den Athenern trotz langer Mühe und Geduld Nichts ausrichteten, sondern deren Schiffe gegen sie selbst ebenso wie gegen Makedonien bestimmt wurden, die Lakedämonische Regierung ihnen aber versprach, in Attika einzufallen, wenn die Athener gegen Potidäa etwas unter, nehmen sollten, so fielen sie mit den Chalkidiern und Bottiäern, ihren EideSgenossen, ab. Gleichzeitig beredete Perdikkas die Chalkidier, ihre Städte am Meere zu verlassen und zu zerstören, um sich weiter im Lande in Olynthos niederzulassen und nur diese Stadt zur gemeinsamen Festung zu machen. Diesen Auswanderern gab er ein Stück seines Gebietes in der Landschaft Mygdonia am See Bolbe für so lange zur Benützung, als der Krieg mit den Athenern dauern würde. Diese zerstörten denn auch ihre Städte, siedelten sich landeinwärts an und rüsteten zum Krieg.

Die dreißig Schiffe der Athener kamen nun in die Thrakischen Gewässer und fanden Potidäa und die andern Plätze bereits abgefallen, und da es die Anführer für unmöglich hielten, mit der ihnen zu Gebote stehenden Macht den Perdikkas und die abgefallenen Städte zugleich zu bekämpfen, so wandten sie sich gegen Makedonien, wozu sie auch anfänglich ausgeschickt worden waren, und nachdem sie [*]( 100) lieber die Bemannung der Schiffe vgl. Bö«kh, Staatshaush. d. Athen. I, S. 287. Anmerk. (Kr.) — Hier kommen durchschnittlich 2Z Schwer» bewaffnete auf ein Schiff. )

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eine feste Stellung genommen, begannen sie den Krieg in Gemeinschaft mit Philippos und den Brüdern des Derdas, welche aus dem Inneren mit Heeresmacht zur Küste gekommen waren.