De Libero Arbitrio

Methodius

Methodius, De Libero Arbitrio, Bonwetsch, Hinrichs, 1917

Für unsere Verhandlung nun, o Freund, scheint mir genug gerdet zu sein. Auch dir aber meine ich sei nicht verborgen geblieben, daß ein jeder Mensch die Weise hat, den Nächsten leicht zu verweren. Denn die zu Ende geführte Untersuchung der Materie gib deutlich die Überführung. Daher, wenn es dir gefällig, gestatte auch mir ein fragendes Wort, der ich weniges fragen will. Denn so scheint mir das Wahre klar gefunden zu werden, indem dein Wort nicht vernichtet wird durch mein Fragen. Denn nachdem gleichmäßig die Unterredung geschehen ist von einem von uns beiden, so wird die Wahrheit, wie sie ist, sich kund tun; denn es verbirgt sich oftmals die Wahrheit, indem sie nicht durch der Wahrheit gemäße Verhandlung erforscht wird.

Daher wünsche ich die gleiche Wiedergabe von dir [*](15 vg. De autex. 16, 1 S. 186, 3 S C (bis Z. 9) Ph Ezn (bis Z. 9 u. 17f) 1 λέγειν S: < C | δ᾿ Ρh 1f εἰπεῖν ἐθέλοις] λέγεις τὸ κακόν Ρh 2 πράξεις schwerl. S (f. dějanija 1. dějanie) | κακῶν C | λέγεις Ρh | ὑπάρχειν αὐτὸν C 3 ἡ . . πρᾶξις] πράξεως (od. πράξεις) schwerl. S (für dějanija 1. dějanie) | τοῦ < C | δὴ] δὲ C (καὶ πρὸς w. e. sch. [oder δὴ] S) 4 π. ταῦτα: παρ᾿ αὐτὰ C | τὰ κακὰ C | ἔχοις C 5 π. τὸ Ρh b, π. τοῦ Ρh a | τὰς S 19 6 οὐ<C | οὐσίας = estestva: estestva S | κακία] κἀκεῖνα C, κακός = zlu (viell. aus zlj = κακία) S | κατὰ—λόγῳ Ζ. 9 auch bei Ezn | κατὰ δέ—τῷ λόγῳ Ζ. 9] ἀλλὰ κατ᾿ αὐτὸ τὸ ἐνεργεῖν τὸ κακόν, ἤδη δέδεικται Ρh 8 τ. προσηγ.] »d. Benennung, d. Namen« S, »den Namen« wohl nachträgl. Zusatz 9 λόγῳ] C endet (es folgt c. 18, 8) 13 »zu Ende geführte« »abschließende« (Unters.), schwerlich (Unters.) »des Zwecks«; konečnoe (ispytanie) | »der Materie« vešti: »der Dinge« veštii S a 17 Ezn I, 577 | »gleichmäßig«, eventuell »entsprechend«, točnu: ob | »eifrig« σπουδαίως toštnu? 18 »geschehen ist«, viell. »geschehen sein wird«, byvšu 19f »die Wahrheit—Verhandlung«: vielleicht »sie (verbirgt sich oftmals), indem die Wahrheit nicht durch wahrheitsgemäße Verhandlung« oder »in der Tat die Wahrheit, die nicht durch Verhandlung« 21 »Daher«: S zeigt an durch Majuskelbuchstaben, daß hier die Gegenrede beginnt | »Wiedergabe«: ἀνταπόδομα, ἀπόδοσις, ἀμοιβή?)

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zu empfangen. Denn nachdem so sich das Größere gezeigt hat, wird mit Sicherheit das Passende zu wählen einem jeden klar sein.

Auch ich selbst will nun nicht, o du, für mein Wort, daß s ohne Prüfung sein werde. Denn auch nicht in dem, was ich oben gesagt, wenn es auch entgegen ist dem Gesuchten.

lch sage es, und mit aller Willigkeit will ich, daß dies gefragt werde. Und dich bitte ich mit aller Macht an das Fragen dich zu halten. Denn davon meine ich für mich großen Nutzen zu haben. Denn wenn mir die Sache klar erforscht ist, so wird mir (zu Teil), nicht durch Meinen an das Wahre mich zu halten, sondern durch genaue (ganze) Erforschung. Daher wohlan beginne nun das Wort.

Sagst du. daß Gott gut sei?

Ich sage, daß er gut sei.

Gut aber ist das, keinerlei Böses zu tun, wovon wir sagen, daß es böse sei?

<Ich sage es.>

Wie fragst du in betreff dieses Bösen, d. h. über Mord und über Unzucht und anderes dem ähnliche? Oder von jenem, wie viel nun denen, die dieses gewagt zu tun, durch das Gericht Gottes gebracht wird, was, während sie gerecht gestraft werden, böse zu sein scheint den das Gericht dafür Empfangenden, daß sie gewagt Böses zu tun? Wenn du aber nun über das zuerst Gesagte geredet hast, so sage ich [*](10 De res. I, 2, 6. 13, 3. 37, 3 — 22 De autex. 16, 1 S Ezn (Z. 12—21) 1f vielleicht »sich mit Sicherheit das Größere gezeigt hat, wird das Passende zu wählen« 5 »d. Gesuchten« ištemuemu: »d. Wahren« istovomu? 7 »d. an d. Fragen zu h.« d. h. die Verhandlung fortzuführen 9 »nicht« ne: na HSS 11 »wohlan . . d. Wort« oder »dieses Wort« 12—16 »Nennen sie nun Gott gut u. wohltätig? Es ist selbstverständlich, daß sie ihn gut u. wohltätig nennen, u. daß etwas Böses ihm sich nicht nähert« Ezn I, 580ff 14f »wir sagen . . <Ich sage es>« gݲlݲeݲm. gݲlݲjݲu (= φαμέν· φημί): »wir sagen« gݲlݲeݲm HSS; schwerlich liegt eine etwas größere Auslassung vor, vgl. Ezn 17f »Wenn aber dem so ist, so laßt uns zuvor über den Ehebruch u. über die Unzucht fragen u. dann über anderes Ähnliche« Ezn 18ff »Wenn mit dem Willen Gottes solch Böses verübt würde, warum legt er den Verübern des Bösen Strafe auf? Aber daraus, daß er nach dn bösen Taten Strafe auferlegt, erhellt, daß er nicht das Böse billigt, sondern haßt u. Strafe u. Züchtigung auferlegt den Tätern, welchen in ihrem Unverstand seine Ermahnungen als Böses erscheinen« Ezn I, 585—590 19 »Gottes« S 20 22 »zuerst« »vormals« drevle; das »zuerst Gesagte« meint offenbar die bösen Taten Z. 17f)

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nicht, daß Gott davon der Schöpfer sei, denn es scheint mir unvernünftig zu sein, daß es zu Gott nahe gebracht werde, da die offenbar sind, welche erwählt haben, solches zu tun.

Wenn du aber in bezug auf das, was von Gott wegen der bösen Taten geschieht, redest, so sage ich nicht von ihm, daß es böse ist, sondern gerecht. Denn er (der Böse) muß gemäß der Gerechtigkeit, nachdem er Böses getan, ein gerechtes Gericht empfangen. Von dem gerechten aber sagt niemand, daß es böse sei, außer jenem allein, der es gut emprängt. Denn auch die gegenwärtigen Mörder von den Ältesten das Gericht empfangend, sage ich, daß sie gut empfangen. Gutes empfangen sage ich, aber gegenüber Bösem. Denn es ist die Art eines jeden der <Böses> tuenden Männer zu halten das Gerechte für ungerecht.

Aber wir sagen nicht, daß dies böse sei. Denn auch ich selbst sage, daß in Wahrheit dieses gerecht sei.

Aber in betreff dessen, wovon du zuerst geredet, in betreff dieser Fragen, habe ich oben über die Materien (handelnd), o du, <gezeigt>, daß Gott nicht ihr Schöpfer ist. Was scheint dir nun dieses Böse zu sein? Denn über das Böse, worüber du fragtest, habe ich das Urteil gegeben, indem ich durch den Begriff unterschied.

Aber das, was es irgendwie sei, sagst du noch nicht: ob gleich einer Substanz oder gleich einem Accidenz der Substanzen. Denn wenn du sagst, daß es gleich einer Substanz sei, irrst du dich mit dem Begriff, wenn aber wie ein Accidenz, sage ich, daß es so sei.

Da (Wenn) du aber nun meine Frage trennen (abgrenzen) willst, wie sagst du, daß dieses Accidenz sei, und wem und woher sage herzubringend mir deutlich.

Denn wie nichts von dem Bösen nach dem [*](15 De autex. 8, 1ff — 25 De autex. 13, 5 S Ezn (Z. 9—12.26ff) 9ff »wie auch jetzt noch die Mörder, wenn sie in Strafen geraten, die Strafenden nicht gut nennen, sondern böse; denn das ist so die Sitte der Missetäter, das Rechte Unrecht zu nennen, uns aber usw.« Ezn I, 591—594 11 »sage ich» gݲlݲjݲu: »sagt man» gݲlݲjݲut HSS 15 »geredet« S 20a v 19 »durch d. Begriff unterschied«, viell. auch »durch die Rede abgrenzte«: razlučiv slovesem 23 »Begriff«? slovesem 26ff »uns aber sei es ferne, solches zu sagen, sondern das Böse nicht als Substanzen zu erachten, sondern als freiwillig« Ezn I, 594f 26f »n. d. Begriff« po slovesi)

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Begriff der Substanz böse ist, habe ich oben in der Verhandlung gesagt, und du, meine ich, erinnerst dich dessen, wovon ich gesprochen, indem ich an die freie Wahl eines jeden das Böse geknüpft. Da du aber nun willst, daß ich von vorne an, so gut ich es verstehe, über das Böse zu dir rede, so werde ich, wie es mir möglich sein wird, dir klar das Erforschte sagen, so mich an das Wort haltend.