History of the Peloponnesian War

Thucydides

Thucydides. Geschichte des Peloponnesischen Kriegs. Wahrmund, Adolf, translator. Stuttgart: Krais and Hoffmann, 1864.

Unterdessen hatten auch die Athener sogleich mit Frühlingsanfang, und als die Befestigung Dekeleia's begann, dreißig Schiffe nach dem Peloponnes geschickt, welche Charikles, des Apollodoros Sohn, befehligte. Diesem war befohlen, auch bei Argos an's Land zu gehen und, dem Bundesvertrag gemäß, von den Argivern Schwerbewaffnete für seine Schiffe zu verlangen. Auch den Demosthenes hatten sie, wie beabsichtigt war, nach Sieilien absegeln lassen mit sechzig athenischen Schiffen und sünsen von Chios, und an Schwerbewaffneten hatten sie ihm mitgegeben aus der Dienstrolle der Athener zwölfhundert und von den Inseln, soviele eben überallher aufzutreiben waren, und so auch von den übrigen unterworfenen Bundesgenossen, was immer dieselben zum Kriege Brauchbares hatten. Es war ihm befohlen worden, zuerst mit dem Charikles zu kreuzen und mit demselben gegen Lakonien kriegerisch vorzugehen. So war denn Demotshenes zuerst nach Aegina gesegelt, um dort abzuwarten, was von seiner Mannschaft etwa noch zurückgeblieben war, und bis Charikles die Argiver an sich gezogen habe.

In Sieilien war um dieselbe Frühlingszeit Gylippos nach Syrakus zurückgekehrt, aus den Städten, die er zum Beitritt beredet hatte, an Mannschaft mit sich führend, so viel er eben überallher hatte auftreiben können. Dann berief er eine Versammlung der Syrakusier und sagte ihnen, sie müßten möglichst viele Schiffe bemannen und eine Seeschlacht versuchen. Er verspreche sich davon für [*]( 10) Gezwungen. VII, 53 (Kr.). )

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[*]( 4l3 v. Chr. ) diesen Krieg einen Erfolg, der das Wagniß lohne. Auch Hermokrates vornehmlih ctrat diesem Rathe bei und meinte, sie dürften sich nicht fürchten, mit den Schiffen etwas gegen die Athener zu unternehmen, denn auch diese, sagte er, hätten ihre Erfahrung zur See nicht von ihren Vätern überkommen und besäßen sie nicht von jeher, vielmehr seien sie gegen die Syrakusaner eher Festlandsbewohner zu nennen und nur von den Medern gezwungen worden, Seeleute zu werden. So kühnen Männern, wie die Athener seien, müßten gleichkühne am furchtbarsten erscheinen. Denn wie jene, ohne jedes Mal an Macht überlegen zu sein, Andere oft nur durch die Kühnheit ihres Angriffs in Furcht setzten, so könnten ja auch sie ihren Gegnern die gleiche Kühnheit bieten, und er sei überzeugt, sagte er, wenn die Shrakusaner es wagen würden, ganz wider Erwarten der Athenischen Flotte den Kampf anzubieten, so würden sie eher in Folge des Schreckens der Athener den Sieg davontragen, als diese mit ihrer überlegenen Uebung die geringere Geschicklichkeit der Syrakusaner in Nachtheil bringen könnten. Drum sollten sie nur drauflosgehen und ein Seegefecht versuchen und nicht lange zaudern. Und so rüsteten sich denn die Syrakusaner, auf Anrathen des GylippoS und HermokrateS und auch wohl Anderer, zu einer Seeschlacht und bemannten ihre Schiffe. s

Gylippos nun, nachdem er die Flotte hatte kampfbereit machen lassen, führte selbst unter dem Schutze der Nacht sein ganzes Landheer gegen die Verschanzungen am Plemmyrion, um dieselben von der Landseite anzugreifen, während gleichzeitig nach Verabredung fünf und dreißig Schiffe aus dem großen Hafen heransegelten, die andern aber, fünf und vierzig an der Zahl, aus dem kleineren, wo auch die Schiffswerft war, herumfuhren, um sich mit denen im großen Hafen zu vereinigen und gegen Plemmyrion anzusegeln, damit die Athener von zwei Seiten in'S Gedränge kämen. Die Athener aber bemannten rasch sechzig Schiffe und nahmen mit fünf und zwanzig derselben das Gefecht gegen die fünf und dreißig der Syrakusaner im großen Hafen auf, während sie mit den andern den Schiffen ent. gegenfuhren, welche von der Werft her herumsegelten. Grade vor der Einfahrt in den großen Hasen kam es zum Gefecht, und lange hiel

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ten sie einander die Wage, die Einen, um die Einfahrt zu erzwingen, [*]( 413 v. Chr.) die Andern, um dieß zu verhindern. <

Gylippos nun, während die Athener von Plemmyrion gegen das Meer herabfliegen und ihre Aufmerksamkeit dem Seegefecht zuwandten, überrascht dieselben, indem er ganz unerwartet mit Tagesanbruch die Verschanzungen angreift und zuerst die größte, dann aber auch die zwei kleineren wegnimmt, da deren Besatzungen nicht Stand hielten, wie sie sahen, daß die größere so leicht genommen worden war. Aus der zuerst genommenen Verschanzung kam die flüchtige Mannschaft, so viel ihrer sich auf die Kriegsschiffe und ein Lastschiff retten konnten, mit knapper Noth noch glücklich in'S Lager"); denn weil zu der Zeit im großen Hafen die Syrakufaner im Seegefecht noch die Oberhand hatten, so ließen sie jene durch einen schnellsegelnden Dreiruderer verfolgen. Als aber die beiden andern Kastelle eingenommen wurden, waren die Syrakusaner bereits geschlagen, und so konnten die Flüchtlinge aus diesen Vershcanzungen leichter an ihnen vorbeifahren. Es hatten nämlich die Schiffe der Syrakufaner vor der Hafeneinfahrt im Gefecht die Schiffe der Athener überwältigt, waren aber ohne Ordnung in deren Linie eingedrungen, hatten sich selbst einander in Verwirrung gebracht und spielten so den Sieg den Athenern wieder in die Hände, welche nicht nur diese eingedrungenen, sondern auch die im Hafen früher gegen sie siegreichen Schiffe in die Flucht jagten. Eilf Schiffe der Syrakufaner versenkten sie dabei und die Mehrzahl der Bemannung tödteten sie, ausgenommen die von drei Schiffen, welche sie zu Gefangenen machten; ihnen selbst waren drei Schiffe verloren gegangen. Nachdem sie dann die Schiffstrümmer der Syrakufaner an's Land gezogen und auf der kleinen Insel vor dem Plemmyrion ein Siegeszeichen ausgestellt hatten, zogen sie sich in ihr Lager zurück.

In der Seeschlacht also war es den Syrakusanern so ergangen, die Vershcanzungen auf dem Plemmyrion aber blieben in ihren Händen, und sie stellten dafür drei Siegeszeichen auf. DaS eine von den beiden zuletzt genommenen Kastellen rissen sie nieder, [*]( 11) In das SchiffSlager in einer Bucht des großen Hafens mit drei Festen ver- blinden. VII, 4. Ins. In der Nähe war das Landlager (Kr.). ) [*]( 12) Am Eingang des großen Hafens, jetzt I-ol, äel cs-tellvccl« (Bttdow). )

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[*]( 413 .v. Chr. ) die zwei andern aber setzten sie wieder in Stand und legten Mannschaft hinein. Bei der Erstürmung dieser Kastelle waren viele Leute gefallen oder gefangen worden und auch sämmtliche Vorräthe in Feindeshand gefallen; denn da die Athener sich dieser Verschanzungen als Magazine bedienten, so lagen dort viele Kaufmannswaaren und Getreide aufgestapelt, und auch viele Vorräthe der Schisssbefehliger, wie denn auch das Segelwerk für vierzig Dreiruderer und die übrigen Ausrüstungsgegenstände und auch drei an's Land gezogene Dreiruderer dort verloren gingen. So wurde die Einnahme von Plemmyrion für das Heer der Athener zu einem der ersten und bedeutendsten Verluste; denn es war jetzt auch nicht einmal mehr die Einfahrt für die Zufuhren an Lebensmitteln gesichert, weil sich die Syrakusaner dort mit Schiffen vor Anker gelegt hatten, um die Zufuhr zu hindern, so daß man um dieselbe bereits fechten mußte; und auch sonst kam über das Heer Bestürzung und Muthlofigkeit.

Danach schickten die Syrakusaner zwölf Schiffe aus unter dem Befehl ihres Mitbürgers Agatharchos. Eines von diesen Fahrzeugen brachte Gesandte nach dem Peloponnes, welche melden sollten, daß sie guter Hoffnung seien, und dort zur Betreibung des Krieges noch mehr aneifern. Die andern eils segelten gegen Italien, da sie erkundeten, daß Schiffe der Athener mit Geld ankommen sollten. Und wirklich trafen sie auf diese Schiffe und zerstörten die meisten, und verbrannten auch in der Kaulonitischen Landschaft die Vorräthe an Schiffsbauholz, welche dort für die Athener bereit lagen. Danach fuhren sie nach Lokri, und während sie hier vor Anker lagen, kam eines der Peloponnesischen Lastschiffe an, welches die Thespischen Schwerbewaffneten führte. Diese übernahmen die Syrakusaner auf ihre Schiffe und fuhren dann nach Haus zurück. Die Athener indessen hatten ihnen bei Megara mit zwanzig Schissen aufgelauert und nahmen ihnen ein Fahrzeug sammt der Bemannung weg, den andern aber konnten sie nichts anhaben, sondern dieselben entkamen nach Syrakus.

Es kam aber auch zu einem Wurf- und Schleudergefecht bei den Pallisaden innerhalb des Hafens, welche die Syrakusaner vor ihren [*]( 13) In Bruttium in Italien. )

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alten Schiffswerften") in die See eingerammt hatten, damit ihre [*](413 v. Chr. ) Fahrzeuge innerhalb derselben vor Anker liegen und die Athener durch feindliches Ansegeln ihnen nicht schaden könnten. Die Athener nun führten ein Schleppschiff von tausend Lasten, welches hölzerne Thürme und Brustwehren trug, gegen die Pallisaden und umwickelten dieselben aus ihren Kähnen mit Stricken und hoben sie mit der Winde heraus, oder brachen sie ab, oder ließen sie durch Taucher absägen. Die Syrakusaner nun schleuderten Geschosse von ihren Schiffswerften, und die Athener schossen von ihrem Lastschiff hinüber, und schließlich vernichteten sie den größten Theil des Pfahlwerks. Die gefährlichste Verpallisadirung war aber die unterseeishce, denn es waren auch Pfähle so eingerammt, daß sie nicht über das Wasser empor- ragten, so daß eS höchst gefährlich war anzusegeln, denn wenn Einer nicht auf der Hut war, so saß das Schiff fest, wie auf einer Klippe. Aber auch diese wurden durch Taucher abgesägt, die dafür belohnt wurden. Gleichwohl jedoch machten die Syrakusaner ein neues Pfahlwerk. Und auch sonst versuchten sie manches Andere gegen einander, wie es natürlich ist, wenn sich feindliche Heere so nahe gegenüber- stehen , und es kam zu manchem Geplänkel und sonstigen Unternehmungen.

Die Syrakusaner schickten aber auch Boten in die Städte der Korinther und Amprakioten und Lakedämonier, welche die Einnahme von Plemmyrion meldeten, und daß sie in der Seeschlacht nicht sowohl durch die Ueberlegenheit der Feinde, als durch ihre eigene Unordnung in Nachtheil gekommen seien; und auch sonst sollten sie bekannt geben, daß sie voll guter Hoffnung seien, und sollten zum gemeinsamen Zuzug auffordern, mitSchiffen sowohl, als mit Landmacht, da auch die Athener ein zweites Heer erwarteten, und wenn sie zuvor die jetzt dort befindliche Armee der Athener vernichten könnten, so habe es ein Ende mit diesem Krieg. — DaS war eS, was in Sieilien vorfiel.

Demotshenes aber, nachdem sich sein Heer gesammelt, mit dem er denen in Sieilien zu Hilfe ziehen sollte, lichtete die Anker und ging von Aegina nach dem Peloponnes und vereinigte sich mit Cha­ [*]( 14) Zm großen Hafen VII, 22 (Kr.). Thukydidel. VII. ) [*]( 13 )

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[*]( 413 v. Shr. ) rikles und den dreißig athenischen Schiffen; und nachdem sie auch von den Argivern Schwerbewaffnete aufgenommen hatten, segelten sie gegen Lakomen und verheerten zuerst einen Theil des Llmenjchen Epldauros, dann landeten sie an der Lakonischen Küste gegenüber der Insel Kythera, dort, wo der Tempel des Apollo ist, verwütseten einen Strich Landes und vershcanzten eine Landenge, damit die Heloten von den Lakedämoniern dorthin überlaufen und zugleich von da Streifparteien, wie von Pylos aus, auf Beute ausgehen könnten. Und zwar ging wer er henes, sobald er den Platz hatte in Besitz nehmen helfen, gleich weiter nach Kerkyra unter Segel, um auch von dort Bundesgenossen aufzunehmen und dann so schnell als möglich die Ueberfahrt nach Sieilien zu machen. Charikles aber blieb, bis er den Platz ganz befestigt hatte, und nachdem er dort eine Besatzung gelassen, fuhr er danach selbst mit den dreißig Schiffen nach Hause zurück und die Argiver mit ihm.

Es kamen in diesem Sommer auch leichte Schildträger von den Thrakern diakischen Stammes, die mit Schwertern bewaffnet sind, nach Athen, ein tauen drei hundert an der Zahl, die mit Demosthenes hätten nach Sieilien fahren sollen. Da sie nun aber zu spät gekommen waren, so dachten die Athener, sie wieder nach Thraten zurückzuschicken, woher sie gekommen; denn sich ihrer für den Krieg gegen Dekeleia zu bedienen, erschien zu kostspielig, da der Mann täglich eine Drachme Sold erhielt. Dekeleia nämlich war im Laufe dieses Sommers zuerst von der ganzen Armee befestigt worden und wurde dann abwechselnd von Truppen der einzelnen Städte besetzt, welche das Land bedrängten und den Athenern großen Schaden thaten, vornämlich an Hab und Gut und durch Menschenverlust. Denn während die früheren Einfälle immer nur kurze Zeit gedauert und für die übrigen Theile des Jahres die Benützung des Landes nicht gehindert hatten, so saßen ihnen die Feinde jetzt ununterbrochen auf dem Nacken und machten zuweilen Angriffe in größerer Zahl, oder es fiel die gewöhnliche Besatzung, von Noth gedrängt, in die Landschaft ein und raubte und plünderte; auch war der Lakedämonier König Agis anweend, der den Kr^g durchaus nicht als Nebensache be andelte, und so erlitten die Athener große Verluste. DaS ganze Land blieb ihrer Benutzung entzogen, und mehr als zwanzig tausend Skla

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nen, meist Handwerker, liefen zum. Feind über, und alle Schafe und [*]( 413v. Chr. ) Lastthiere gingen zu Grunde. , Auch die Pferde, weil die Reiterei, täglich ausfallen und Dekeleia angreifen und das Land bewachen mußte, wurden auf dem rauhen Boden bei der beständigen Anstrengung zum Theil lahm, zum Theil aber verwundet. '

Die Zufuhr an Lebensmitteln aus Euböa, welche früher von Oropos aus zu Land über Dekeleia stattgefunden hatte, ging jetzt auf kostspielige Weise zur See um Sunion herum, und an allen Gegenständen der Zufuhr litt Athen Mangel, und aus einer Stadt war es jetzt zu einem Waffenplatz geworden. Denn während des Tags lösten sich die Bürger in der Bewachung der Basteien ab, des Nachts aber waren Alle, nur die Reiter ausgenommen, theils auf den Sammelplätzen, theils ans der Mauer, und Winters und Sommers war die Anstrengung gleich groß. Am meisten aber kamen sie in'S Gedränge, weil sie zwei Kriege zu gleicher Zeit zu führen hatten, und sie zeigten dabei eine wetteifernde Ausdauer, an die vorher so leicht Keiner geglaubt hätte, wenn er davon hätte erzählen hören. Denn obgleich sie selbst wie durch eine Einschließung von Seiten der Peloponnesier bedrängt wurden, so ließen sie doch nicht von Sieilien ab, sondern belagerten dort aus gleiche Weise Syrakus, eine Stadt, die für sich allein nicht geringer ist, als Athen, und um so unerwarteter zeigten sie den Hellenen eine so große Macht und Kühnheit, als beim Beginn des Krieges die Einen geglaubt hatten, wenn die Peloponnesier in Attika einfielen, so würden es die Athener höchstens ein Jahr lang aushalten, Andere zwei Jahre, Keiner aber hatte ihnen mehr als drei Jahre gegeben. Nun aber waren sie im siebzehnten Jahre nach dem ersten Einfall gegen Sieilien ausgefahren, und obgleich durch den Krieg schon in jeder Art geschwächt, hatten sie damit einen neuen Krieg auf sich genommen, der keineswegs geringer anzuschlagen war, als der frühere Peloponnesische. Dafür gingen ihnen aber auch bei ihrer damaligen Bedrangniß durch Dekeleia und bei ihrem sonstigen großen Auswand die Geldmittel aus, und sie legten um diese Zeit ihren Unterthanen, anstatt des früheren Beitrags, den zwanzigsten Theil aller Aus- und Einfuhr zur See als Steuer auf'^), [*]( 15) .Außer den regelmäßigen Gefallen erhob Athen ungefähr von Olympiade II, 2, anstatt der von den Bundesgenossen bisher bezahlten Tribute, das Zwanzigstel ) [*]( 13* )

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[*]( 413 v. Chr.) indem sie so ihre Einnahmen zu vermehren glaubten. Denn die Ausgaben waren nicht mehr dieselben, wie früher, sondern um so höher b gestiegen, als der Krieg an Ausdehnung gewonnen und die Einkünfte abgenommen hatten.

Die für den Demotshenes zu spät gekommenen Thraker also schickten die Athener sogleich wieder zurück, da sie bei dem drückenden Geldmangel die Kosten für dieselben nicht bestreiten wollten. Das Kommando über dieselben auf dem Rückweg gaben sie dem DiitrepheS, dem sie zugleich auftrugen, auf der Fahrt — die durch den EuripuS ging — womöglich mit diesen Leuten dem Feind Abbruch zu thun. DiitrepheS nun ließ sie bei Tanagra landen und in der Eile etwas plündern. Von Chalkis auf Euböa fuhr er dann zur Abendzeit über den EuripuS, ließ seine Leute aus Böotischem Gebiet an'S Land steigen und führte sie gegen MykalessoS. Die Nacht über hielt er sich, ohne bemerkt worden zu sein, beim HermeStempel, der von Mykalessos gegen sechzehn Stadien entfernt ist; mit Tagesanbruch aber fiel er über die Stadt her, die nicht groß ist, und nahm sie ein, da man dort ganz sicher war und Niemand erwartete, daß jemals Einer einen so weiten Marsch vom Meer aus landeinwärts thun werde, um sie anzugreifen, wie denn auch die Mauer schwach, an einzelnen Stellen zerfallen, oder nur sehr niedrig war, und auch die Thore bei der allgemeinen Sicherheit offen standen. Die Thraker nun, indem sie in MykalessoS eindrangen, verwüsteten die Heiligtümer und die Häuser und mordeten die Menschen, nicht das Alter verschonend und nicht die Jugend, sondern Alles, was ihnen in den Weg kam, tödteten sie, Kinder und Weiber und gar auch die Zugthiere, und was sie nur immer Lebendiges sahen. Denn das Volk der Thra- [*]( (Eikoste) von der Ausfuhr und Einfuhr zur See in den Staaten der unterwürfigen Verbündeten. indem sie dadurch mehr auszubringen hofften, als durch die unmittelbare Besteuerung der Staaten, und wirtlich mußte dieser, da Aristophanes nicht weniger al» lausend zlnSpflichtige Städte nennt, eine sehr bedeutende Einnahme gewähren. Natur» lich waren auch diese Zölle verpachtet. Die Einnehmer hießen Elkostologen. Da Aristophanes noch in den Fröschen (405 v. Chr.) auf einen unseligen Eiiofiologen loSzieht. der Waaren, welche auszuführen verboten war. aus Aegina nach EpidauroS schickte, so lann man schließen, daß diese Einrichtung nicht wieder ausgehoben wurde, sondern diS zum Ende des peloponnesischen Kriege fortdauerte.- Böckh. Staatshaushalt d. Ath. l. S. 440. )

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ter gehört zu den mordlustigsten unter allen Barbaren, wenn sie sich [*]( 413 v. Chr. ) sicher fühlen. Da trat denn die entsetzlichste Verwirrung vor die Augen und jedes Bild des Verderbens, und so fielen sie auch in eine Knabenschule ein, die größte im Orte, wo die Knaben eben grade eingetreten waren, und hieben sie alle nieder. So unerwartet und entsetzlich war der Schlag, der diese ganze Stadt traf, daß er vonkeinem ähnlichen übertroffen wurde.

Als die Thebaner hievon Kunde erhielten, eilten sie sogleich zur Hilfe herbei, trafen auf die Thraker, die sich schon eine kleine Strecke Wegs entfernt hatten, nahmen ihnen die Beute wieder ab und jagten sie fliehend vor sich her bis zum Euripus und an die See, wo die Kriegsschiffe, welche sie führten, vor Anker lagen. Und als die Thraker auf die Schifft zu kommen suchten, tödteten ihnen die Thebaner die meisten Leute, da jene deS Schwimmens nicht kundig waren, und die auf den Schiffen, als sie sahen, was am Lande vorging, die Fahrzeuge außer Schußbereich zurückzogen. Sonst hatten sich die Thraker bei diesem Rückzug gegenüber der Thebanifchen Reiterei, welche sie zuerst angriff, nicht ungeschickt gezeigt, indem Einzelne aus Reih und Glied vorstürmten und sich dann in ihrer üblichen Weise vereinigten und'so die Andern deckten; und dabei waren auch nur Wenige von ihnen gefallen. Ein Theil von ihnen war aber auch noch in der Stadt selbst beim Plündern ergriffen und zusammengehauen worden. Im Ganzen fielen von den tausend drei hundert Thrakern zwei hundert und fünfzig. Dagegen hatten sie den Thebanern und den Andern, welche mit diesen zur Hilfe ausgezogen waren, ungefähr zwanzig Reiter und Schwerbewaffnete getödtet und von den Thebanern auch den Skirphondas, einen der Böotarchen; von den Mykaleffiern aber war eine große Zahl umgekommen. — Dieß Unglück traf die Mykalessier, verhältnißmäßig nicht weniger bejammernSwerth, als irgend ein anderes Ereigniß deS Krieges.

Demotshenes nun, der damals, nach Anlegung der Verfchanzung auf Lakonischem Gebiet, nach Kerkyra unter Segel ging, zerstörte unterwegs ein bei Pheia in EliS vor Anker liegendes Lastschiff, auf welchem die Korinthischen Schwerbewaffneten nach Sieilien übersetzen wollten; die Mannschaft aber, die entkommen war, fand später ein anderes Schiff und ging mit diesem in See. Danach kam

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[*]( 413. v. Chr. ) Demotshenes nach ZakynthoS und Kephallenia und nahm daselbst Schwerbewaffnete auf und schickte auch um Zuzug zu den Messeniern in Naupaktos und ging in eigener Person nach dem gegenüberliegenden Festland von Akarnanien, nach Alyzia und Anaktorion, welches die Athener selbst besetzt hielten. Während er sich noch in diesen Gegenden aufhielt, traf er mit Eurymedon zusammen, der wieder auf der Heimfahrt von Sieilien begriffen war, wohin man ihn damals im Winter mit einem Geldtransport an das Heer geschickt hatte. Der meldete ihm, was sonst vorgegangen war, und daß er aus der See erfahren habe, Plemmyrion sei von den Syrakusanern genommen. Dann kam zu ihnen auch Konon, der zu Naupaktos befehligte, und meldete, daß die fünf und zwanzig Korinthischen Schiffe, die ihnen gegenüber vor Anker lägen, immer noch kriegerische Absichten zeigten und'eine Seeschlacht vorbereiteten. Er forderte sie nun auf, ihm Schiffe zu Hilfe zu schicken, da seine achtzehn nicht im Stande seien, den Seekampf gegen die fünf und zwanzig feindlichen aufzunehmen. Demotshenes und Eurymedon schickten deßhalb dem Konon die zehn besten Segler aus ihren eigenen Geshcwadern nach Naupaktos zu Hilfe. Sie selber aber beschäftigten sich mit der Sammlung von KriegSmannschaft, und zwar ging Eurymedon nach Kerkyra und befahl den Kerkyräern fünfzehn Schiffe zu bemannen, während er selber Schwerbewaffnete sammelte — er theilte sich nämlich seit seiner Rückkehr mit Demosthenes in den Oberbefehl, wie ihm dieß ja durch die Wahl zugefallen war; Demosthenes aber brachte aus den Akarnanischen Gegenden Schleuderer und Wurfspeerträger zusammen.

Die Gesandten der Syrakusaner nun, welche damals nach der Einnahme von Plemmyrion in die einzelnen Städte abgegangen waren, hatten solche zum Beitritt bewogen und waren eben im Begriff, die so gesammelten Truppen nach Syrakus zu führen, als Nikias davon noch rechtzeitig Kunde erhielt und Boten abordnete an die Sikuler; welche die Pässe besetzt hielten und den Athenern verbündet waren, die Kentoriper nämlich und Alikyäer und Andere, daß sie die Feinde nicht durchlassen, sondern sich zusammenthun und ihnen die Pässe verlegen sollten; denn einen andern Weg einzuschlagen, würden diese nicht einmal versuchen, da die Akragantiner den Durchzug durch ihr Land überhaupt nicht gestatteten. Während nun jene

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auf dem Marsch waren, legten ihnen die Sikuler, wie die Athener sie [*]( 4l3 v. Chr. ) gebeten, einen (dreifachen) Hinterhalt, fielen plötzlich über die Unbehutsamen her und erschlugen ihrer gegen achthundert und dabei auch sämmtliche Gesandte, mit Ausnahme des Korinthischen, der dann auch die Entkommenen, ungefähr fünfzehn hundert an der Zahl, nach Syrakus brachte.

In denselben Tagen kamen den Syrakusanern auch die Kamarinäer zu Hilfe, ihrer fünf hundert Schwerbewaffnete, drei hundert Speerträger und dreihundert Bogenschützen. Auch die Getaner schickten ein Geschwader von etwa fünf Schiffen und vierhundert Speerträger und zweihundert Reiter. Es war jetzt nämlich fast schon das ganze Sieilien, mit Ausnahme der Akragantiner — die es übrigens mit keiner von beiden Parteien hielten — sonst aber Alle mit den Syrakusanern zum Kampf gegen die Athener vereinigt, während sie früher unthätig den Gang der Dinge abgewartet hatten.

Die Syrakusaner nun, nachdem sie dieses Unglück im Gebiete der Sikuler betroffen hatte, enthielten sich für den Augenblick noch des Angriffs aus die Athener; Demosthenes aber und Eurymedon, als die Mannschaft von Kerkyra und dem Festlande ihnen bereit war, waren mit dem ganzen Heere über das Ionische Meer nach dem Japygischen Vorgebirg gefahren. Von dort, wo sie Anker geworfen, gingen sie weiter nach den zu Japygien gehörigen Choiradischen Inseln, und nahmen einige hundert und fünfzig Japygische Speerträger aus dem Stamm der Meffapier aus ihre Schiffe, und als sie dann mit dem Dynasten Artas, der ihnen als solcher auch die Speerträger geliefert, ein altes FreundschaftSbündniß erneuert hatten, kamen sie nach Metapontum in Italien. Und nachdem sie auch die Metapontier beredet hatten, ihnen dem Bundesvertrag gemäß dreihundert Speerträger mitzugeben und zwei Kriegsfahrzeuge, so übernahmen sie diese und schifften längs der Küste weiter nach Thuria. Hier kamen sie an, als eben kurz vorher die Thurier durch einen Aufstand die Feinde der Athener ausgetrieben hatten, und weil sie beabsichtigten, daselbst die ganze Mannschaft, welche sie jetzt noch unter sich hatten, zusammenzustellen und eine Heerschau zu halten, sowie auch die Thurier zu überreden, sie bei diesem Kriege mit allem Eifer zu unterstützen, und da sie nun einmal in dieser Lage seien, künftig die Feinde und Freunde

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[*]( 413 v. Chr. ) der Athener auch zu den ihrigen zn machen, so verweilten sie einige Zeit in der Thurischen Landschaft und setzten diese Absichten in'S Werk. "

Die Peloponnesier aber auf den fünf und zwanzig Schiffen, welche wegen der Ueberfahrt der Lastschiffe nach Sieilien der Athenischen Flotte bei Naupaktos gegenüber lagen, hatten sich um dieselbe Zeit zu einer Seeschlacht fertig gemacht und noch einige Fahrzeuge dazu bemannt, so daß sie an Schiffszahl nur um ein Geringes schwächer waren, als das athenische Geschwader, und gingen nun bei Erineon in Achaia, in der Rhypischen Landschaft, vor Anker. Und da die Küste, vor welcher sie ankerten, halbmondförmig war, so war auf beiden Seiten befreundetes Fußvolk von den Korinthern und den dortigen Bundesgenossen auf den vorspringenden Landspitzen aufgestellt, die Schiffe aber standen in geschlossener Schlachtlinie mitten inne. Befehlshaber über die Schiffe war der Korinther Polyanthes. Die Athener aber segelten von Naupaktos mit drei und dreißig Schiffen^) unter Kommando des Diphilos gegen sie heran. Die Korinther nun ihrerseits verhielten sich Anfangs ruhig; als es ihnen aber der richtige Zeitpunkt schien und das Zeichen gegeben wurde, fuhren sie auf die Athener los und das Seegefecht begann. Eine beträchtliche Zeit hielten sich beide Theile die Wage. Den Korinthern wurden drei Schiffe in den Grund gebohrt; von den Athenischen Fahrzeugen wurde zwar keines versenkt, aber doch sieben seeuntüchtig gemacht, da sie von den Korinthischen Schissen am Vordertheil getroffen und aufgerissen worden waren, da wo die Ruderreihen aufhören; denn jenen hatte man eben in dieser Absicht stärkere Sturmbalken gegeben. Demnach blieb der Seekampf zwar unentschieden, so daß beide Theile sich den Sieg zuschrieben, doch hatten sich die Athener der Schiffstrümmer bemächtigen können, weil der Wind dieselben seewärts trieb und die Korinther nicht weiter herausliefen. So gingen denn beide Theile aus einander, und es fand weder eine Verfolgung [*]( 16) V rgl. VII. II. Vielleicht hatte DiphiloS noch einige Schiffe zugeführt und den Avnon abgelöst (Kr). ) [*]( 17) Ohrbalken. Sie ragten wie Ohren aus beiden Seiten des DordertheilS hervor und dienten theils zum Angriff, theils um den Stoß der feindlichen Schiffsschnäbel abzuwehren. Vrgl. vll, 26. 62 (Kr.). )

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Statt, noch auch wurden von irgend einer Seite Gefangene gemacht; [*]( 413 v. Chr. ) die Korinther und Peloponnesier, da sie ganz in der Nahe des Landes fochten, konnten sich leicht retten, und den Athenern war kein Schiff versenkt worden. Während nun die Athener nach Naupaktos zurückfuhren, stellten die Korinther sogleich ein Siegeszeichen aus, als ob sie gesiegt hätten, weil sie den Gegnern eine größere Zahl von Schiffen untüchtig gemacht, und weil sie sich aus eben dem Grund nicht für geschlagen hielten, aus welchem sich die Athener nicht den Sieg zuschrieben. Denn die Korinther hielten eS schon für Gewinn, wenn sie nur nicht gänzlich geschlagen wurden, und die Athener glaubten sich verkürzt, wenn sie nicht entscheidend gesiegt hatten. Als dann aber die Peloponnesier abgesegelt waren und das Landheer sich zerstreut hatte, stellten die Athener auch ihrerseits ein Siegeszeichen an der Achaischen Küste auf, als ob sie die Schlacht gewonnen hätten, ungefähr zwanzig Stadien von Erineon entfernt, wo die Korinther geankert hatten. So war dieser Seekampf ausgegangen.

Demotshenes aber und Eurymedon, als die Thurier dahin gebracht waren, sich ihnen mit siebenhundert Schwerbewaffneten und drei hundert Speerträgern anzuschließen, ließen die Schiffe an der Küste hin gegen das Krotoniatische Gebiet weiterfahren; sie selbst aber, nachdem sie zuerst am Sybarisflusse über dte ganze Armee Heershcau gehalten, führten dieselbe durch ThurischeS Gebiet weiter. Als sie aber an den HyliaSfluß kamen und die Krotoniaten ihnen die Botschaft entgegenshcickten, daß sie mit ihrem guten Willen das Heer nicht durch ihr Gebiet ziehen ließen/so zogen sie sich nach der Küste hinab und lagerten die Nacht durch an der See und an der Mündung des Hylias. Eben dahin kamen ihnen auch die Schiffe entgegengefahren. Am folgenden Tag ließen sie das Heer die Schiffe besteigen und segelten längs der Küste weiter, bei den einzelnen Städten, Lokri ausgenommen, anhaltend, bis sie nach Petra im Gebiet von Rhegium kamen.

Die Syrakusaner, die das Herannahen der feindlichen Flotte erfuhren, gedachten nun abermals sowohl mit ihren Schiffen einen Versuch zu machen, als auch mit der übrigen Macht an Landtruppen, welche sie eben zu dem Zweck gesammelt hatten, um noch vor der Ankunft jener eine Entscheidung herbeizuführen. Nicht nur hatten sie

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[*]( 413 v. Chr. ) auf ihrer Flotte sonst alle die Einrichtungen getroffen, von denen sie nach ihren Erfahrungen im ersten Seekampf größere Vortheile voraussahen, sondern auch die Vordertheile ihrer Schiffe verkürzt und sie dadurch stärker gemacht, sowie auch an den Vordertheilen dicke Stoßbalken angebracht und diese wieder außen wie innen durch sechs Ellen lange Strebebalken, die sich an die Schiffswandung stimmten, gestützt's), welche Einrichtung auch die Korinther vor Naupaktos mit ihren Schissen getroffen und dann in der Schlacht mit den Vordertheilen den Angriff gemacht hatten. Hiedurch glaubten sich nämlich die Syrakusaner vortheilhast gegen die Schiffe der Athener gestellt zu haben, welche keine entsprechende Gegenvorrichtung, sondern nur dünne Vordertheile hatten, weil sie nicht sowohl Vordertheil gegen Vordertheil, als vielmehr vermittelst Umsegelung den Schnabelangriff in die Flanken zu machen pflegten. Auch berechneten sie, daß eine Seeschlacht innerhalb des großen Hafens, wo auf nicht großem Raume zahlreiche Schifft kämpfen würden, ihnen günstig ausfallen werde, denn mit dem Stoße Schnabel gegen Schnabel würden sie den Athenern das Vordertheil aufreißen, da sie mit starken und dicken Schnäbeln auf hohle und schwache Stellen träfen. Die Athener aber hätten ausdem beengten Raume auch nicht die Möglichkeit zur Umsegelung oder zum Zwischendurchfahren, Geschicklichkeiten, auf welche sie sich am meisten verließen. Das Zwischendurchfahren wollten sie ihnen selbst nach Möglichkeit wehren, am Umsegeln aber werde sie schon die Beschränktheit des Raumes hindern. Was früher nur eine Ungeschicklichkeit der Steuerleute zu sein schien, das Zusammenstoßen mit den Vordertheilen nämlich, das wollten sie jetzt mit voller Absicht anwenden, denn grade davon würden sie den größten Vortheil haben. Den Athenern nämlich, wenn sie aus ihrer Stellung verdrängt würden, bliebe kein anderer Rückzug, als der gegen das Land hin, und auch dieser ginge nur über einen schmalen Zwischenraum und auf einen beschränkten Raum am Land, nämlich längs ihrer eigenen Verschanzung; — [*]( 18) Heilmann meint, die Widerhalte (Strebebalken) seien durch eine Oesfnung in die Stirnwand des Schiffes hineingegangen und hätten sich dort etwa an einem Pfeiler in einem Winkel eingeschlossen, dessen Schenkel außer dem Schiffe an die schrägen. an beiden Seiten des Schiffes befestigten und vorne zusammenlaufenden Sturmbalken befestigt gewesen und dieselben folglich unterstützt hätten (Kr.). )
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den übrigen Theil des Hafens würden sie selbst beherrschen — und [*]( 413v Chr. ) wenn jene irgendwie in's Gedränge kämen und sich dann auf einen beschränkten Raum und Alle auf denselben Punkt zusammenziehen müßten, so würden sie mit den Schiffen an einander stoßen und sich selbst in Verwirrung bringen — und in der That waren die Athener in allen Seegefechten auf diese Art am meisten zu Schaden gekommen, da sie nicht, wie die Syrakusaner, sich nach allen Punkten des Hafens zurückziehen konnten — eine Umsegelung aber bis in die offene See hinaus, während sie selbst die Zufahrt vom Meer her beherrschten und beliebig rückwärts fahren könnten, würden die Athener nicht durchzusetzen vermögend sein, zumal auch Plemmyrion sich ihnen feindselig erzeigen werde, und die Mündung des Hafens nicht groß sei.

Solches dachten sich die Syrakusaner nach bester Einsicht und Vermögen aus; auch war ihnen von dem früheren Seetreffen her die Zuversicht schon gewachsen, und so griffen sie mit der Landmacht und den Schiffen zugleich an. Es hatte aber Gylippos die Landmacht aus der Stadt selbst etwas früher ausrücken lassen und führte sie gegen die Mauer der Athener, und zwar gegen den Theil derselben, welcher nach der Stadt hin schaute, während gleichzeitig vom Olympieion aus was die Syrakusaner dort an Schwerbewaffneten, Reitern und leichtem Fußvolk hatten, gegen die andere Seite der Mauer anrückte. Sogleich danach segelten auch die Schiffe der Syrakusaner und der Bundesgenossen heran. Die Athener nun waren Anfangs der Meinung, jene wollten nur mit dem Landheer allein einen Versuch machen, als sie jetzt aber auch Plötzlich die Schiffe heransegeln sahen, geriethen sie in Verwirrung. Ein Theil von ihnen stellte sich auf und vor der Mauer gegen die Anrückenden auf, ein anderer marschirte den vom Olympieion und den Punkten außerhalb der Stadt zahlreich heraneilenden Reitern und Schützen entgegen, Andere bestiegen die Schiffe und fuhren zur Hilfeleistung nach der Küste hin. Als alle Schiffe bemannt waren, fuhren sie, fünf und siebzig an der Zahl, den Feinden entgegen; die Syrakusaner hatten ihrer ungefähr achtzig'^).

Einen großen Theil des Tags nun steuerten sie gegen einander los und ruderten wieder rückwärts und suchten ihren Vortheil [*]( 19) Die elf versenkten, VI, 23, waren also durch andere ersetzt (?»??<>). )

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[*]( 4l3 v. Chr. ) an einander, aber kein Theil konnte etwas ausrichten, was der Rede werth war, außer daß die Syrakusaner ein oder zwei athenische Schiffe versenkten, und so schieden sich beide Theile von einander und auch das Landheer zog sich von den Vershcanzungen zurück.

Am folgenden Tag verhielten sich die Syrakusaner ruhig und ließen durchaus nicht merken, was sie weiter zu thun Willens waren; Nikias aber, da er sah, daß der Feind sich zur See ihm gewachsen zeigte, und ihrerseits einen neuen Versuch vermuthete, so zwang er die Schiffshauptleute, ihre Fahrzeuge auszubessern, wenn eines gelitten hatte, und legte Lastschiffe vor dem Pfahlwerk vor Anker, welches er vor seinen eigenen Schiffen, als Schutzmittel anstatt eines geschlossenen Hafens, im Meer hatte einrammen lassen. Diese Lastschiffe stellte er in Zwishcenräumen von je zwei Plethren^) von einander auf, damit ein bedrängtes Schiff hier eine sichere Zuflucht finden und wieder unbelästigt zum Angriff hinausfahren könne. Mit diesen Vorbereitungen brachten die Athener den ganzen Tag bis zum Einbruch der Nacht zu.

Am folgenden Tage griffen die Syrakusaner zu noch früherer Stunde, sonst aber ganz in derselben Weise, mit der Landmacht und der Flotte die Athener an, und die Schiffe standen wieder auf dieselbe Art einen großen Theil des TageS hindurch einander gegenüber und suchten sich Schaden zu thun. Da überredete Ariston, des PyrrichoS Sohn, ein Korinther, der beste Steuermann auf Seiten der Syrakusaner, die Befehliger der feindlichen Flotte, sie sollten zu den städtischen Beamten schicken mit dem Befehl, allsogleich auf'S Schnellste den Markt an das Meer hin zu verlegen und die Leute zu zwingen, Alles, was sie an Eßwaaren hätten, zum Verkauf dorthin zu bringen, damit ihre Schiffsmannschaften an'S Land gehen und dicht bei ihren Schiffen die Mahlzeit halten könnten; dann solle man nach kurzer Zeit noch am selben Tag die Athener unvermuthet wieder angreisen.