History of the Peloponnesian War

Thucydides

Thucydides. Geschichte des Peloponnesischen Kriegs. Wahrmund, Adolf, translator. Stuttgart: Krais and Hoffmann, 1864.

Zehntes Kriegsjahr: 422 — 21. Kap. 1—20.

Die Athener vertreiben die Bewohner von Delos: Kap. 1. — Kleon erobert Torone und zieht gegen Amphipolis: 2. 3. — Athen versucht ohne Erfolg den Leontinern Hülfe gegen Syrakns zu bringen: 4. 5. — Schlacht bei Amphipolis. Kleon fällt; Brasidas siegt und stirbt an seinen Wunden: 6 — 11. — Lakedämonische Verstärkung, nach Thrakien bestimmt, kehrt in Thessalien wieder um: 12. 13. — Stimmung zum Frieden auf beiden Seiten: 14. 15. — Pleistoanax in Sparta und Nikias in Athen betreiben denselben: 16. 17. — Abschluß und Urkunde des Friedens: 18—20.

Elftes Kriegsjahr: 421-20. Kap. 21-39.

Die Lakedämonischen Bundesgenossen weigern sich dem Frieden beizutreten: 21. 22. — Schntzbüudniß zwischen Athen und Sparta: 23. 24. — Dessen Bestimmungen werden nicht eingehalten: 25. 26. — Korinther, Mantineer, Eleer und Chalkidier schließen mit Argos ein Gegenbündniß. Argos strebt nach der Vorsteherschaft: 26—32. — Wachsende Spannung zwischen Athen und Sparta: 33—35. — Sparta schließt einen Bund mit Böotien: 36—39.

Zwölftes Kriegsjahr: 420 — 19. Kap. 40—51.

Die Argiver suchen Verbindung mit Sparta: 40. 41.— Alkibiades bewirkt einen Bund zwischen Athen und Argos:

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42—46. — Urkunde desselben: 47. — Streit zwischen Elis nnd Sparta wegen Lepreons: 48—50. — Die Trachinischen Herakleoten von den Barbaren besiegt: 51.

Dreizehntes Kriegs-saht: 419—18. Kap. 52—56.

Die Böotier nehmen Heraklea. Alkibiades in Achaia: 52. — Krieg zwischen Argos und Epidauros: 53. — Die Lakedämonier ziehen gegen Leuktra: 54. — Verhandlungen zu Mantinea: 55. — Epidaurische Angelegenheiten: 56.

Vierzehntes Kriegsjahr: 413—17. Kap. 57—81.

Die Lakedämonier und Verbündete ziehen vor Argos. Die beiderseitigen Feldherrn schließen ein friedliches Uebereinkommen ab: 57—60. — Die Argiver und Verbündete billigen dasselbe nicht und nehmen Orchomenos: 61. — ziehen gegen Tegea: 62. — Die Lakedämonier ziehen Tegea zu Hülfe und siegen bei Mantinea: 63—74. — Die Argiver müssen, einen Vertrag und dann einen Waffenbund mit Sparta eingehen: 75—80, welches nun in Sikyon und Argos eine oligarchische Verfassung herstellt: 81.

Fünfzehntes Kriegsjahr: 417 — 16. Kap. 82. 63.

Umwälzung in Argos; die Volkspartei behält die Oberhand.

Sechzehntes Kriegsjahr: 416—15. Kap. 64—116.

Unternehmung der Athener gegen Melos: 84. — Verhandlungen zwischen Athenern und Meliern: 85—113. — Die Stadt der Melier wird genommen; die Melier geschlachtet oder geknechtet. Melos wird Athenische Kolonie: 114—116.

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Im folgenden Sommer war der auf ein Jahr abgeschlos- [*]( 422 v. Chr. ) sene Vertrag erloshcen und galt nur noch für die Tage des Pythischen Festes'). Noch während des Waffenstillstandes hatten die Athener die Delier von ihrer Insel abziehen heißen, weil sie dieselben irgend einer alten Schuld wegen nicht für rein genug hielten, dem Gotte geweiht zu bleiben. Dieß, dachten sie, fehle noch zu jener Reinigung, bei der sie mit Wegschaffung der Todtenfärge genug gethan zu haben glaubten, wie ich früher erzählt habe 2). Die Delier nun siedelten sich, sowie Einer nach dem Andern von dort ausgebrochen war, in Atramyttion in Asien an, welches ihnen Pharnakes angewiesen hatte.

Kleon aber hatte die Athener zu einem Zuge gegen die Thrakischen Gränzlande beredet und, nachdem der Waffenstillstand abgelaufen, segelte er dahin ab mit zwölfhundert Schwerbewaffneten und dreihundert Reitern aus den Athenern und einer noch größeren Zahl von Bundesgenossen, auf dreißig Schiffen. Zuerst landete er bei Skione, das noch belagert wurde, verstärkte aus den dortigen Belagerungstruppen seine Schwerbewaffneten und segelte dann nach dem Hasen der Kolophonier, der von der Toronäer Stadt nicht weit abliegt. Als er da von Ueberläufern erfuhr, daß weder Brasidas [*]( 1) DaS Fest der Pythischen Spiele in Delphi, für das nächste Somm?rhalbjahr 421 auf die Tage vom 29. März bis 12. April fallend. Während dieser Zeit sollten auch ohne besonderen Waffenstillstand die Feindseligkeiten ruhen. ) [*]( 2) Vergl. III, 104 und l, 8. ) [*]( 3) Persischer Statthalter der Daökylitischen Provinz. ) [*]( Thukydides. V. ) [*]( 1 )

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[*]( 422 v. Chr. ) in Torone anwesend sei, noch auch die drinliegende Besahung den Kampf mit ihm wagen könne, so marschirte er mit dem Heere zu Land gegen die Stadt und ließ zehn Schiffe um den Hafen kreuzen. Zuerst nun stieß er auf die Mauer, welche Brasidas um die Vorstadt gebaut hatte, um auch diese mit einzubeziehen; und da er zugleich auch den Theil der alten Mauer niedergerissen hatte, so war eine zusammenhängende Stadt hergestellt worden.

Diese Mauer nun zu vertheidigen eilten Pasitelldas, Anführer der Lakedämonier, und die noch anwesende Besatzung herbei und suchten die Athener abzuwehren. Da sie aber hart bedrängt wurden und auch die zur Kreuzung ausgesandten Schiffe im Hafen ershcienen, so fürchtete Pasitelidas, die Schiffe möchten ihm zuvorkommen und die unbesetzte Stadt wegnehmen, und er selbst könnte bei der Erstürmung der neuen Mauer mit gefangen werden; deßhalb gab er diese auf und eilte im Laufschritt der Stadt zu. Derweilen hatten aber die Athener von den Schiffen Torone schon im ersten Anschrei genommen, und zugleich drang das nachrückende Fußvolk da ein, wo die alte Mauer niedergerissen war. Einen Theil der Peloponnesier und Toronäer tödteten sie im Handgemenge sogleich, die Andern nahmen sie gefangen und darunter Pasitelidas, den Anführer. Indeß rückte Brasidas zum Entsatz von Torone heran; da er aber unter» wegs die Einnahme der Stadt erfuhr, so zog er sich wieder zurück; er war aber nur um etwa vierzig Stadien zu weit entfernt,^ sonst hatte er die Eroberung noch hindern können. Kleon aber und die Athener stellten zwei Siegeszeichen auf, das eine beim Hafen, das andere an der neuen Mauer, und der Toronäer Weiber und Kinder machten sie zu Sklaven, sie selbst aber und die Peloponnesier und den einen oder anderen Chalkidier, die dabei waren, im Ganzen ihrer sieben Hundert, schickten sie nach Athen. Was von Peloponnesi ern darunter war, ging später beim Abschlüsse des Vertrags wieder in die Heimat, die Uebrigen wurden von den Olynthiern Mann gegen Mann ausgetauscht und heimgeführt. — Um dieselbe Zeit nahmen auch die Böotier die athenische Gränzfestung Panakton durch Verrath. — Kleon nun, nachdem er in Torone eine Besatzung zurück­ [*]( 4) Eines für die Seesoldaten, das Andere für die Landtruppen. )

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gelassen, ging wieder unter Segel und umschiffte den Athos, in der [*]( 422 v. Chr. ) Absicht, Amphipolis wiederzugewinnen. c

Um dieselbe Zeit ging auch Phäax, des Erasisiratos Sohn, in See, den die Athener stlbdritt als Gesandten für Italien und Sicilien mit zwei Schiffen abschickten. Es hatten nämlich, als damals nach dem Vertragsschluß die Athener aus Sicilien abgezogen waren, die Leontiner viele neue Bürger gemacht, und das Volk dachte das Land unter sich neu auszutheilen. Wie aber die Reichen das merkten, riefen sie die Syrakusier herbei und trieben die Volkspartei ' aus der Stadt. Diese nun zerstreuten sich über das Land, der Eine dahin, der Andere dorthin; die Reichen aber trafen einen Vergleich mit den Syrakusiern, wonach sie ihre Stadt öde und leer ließen und sich mit dem Bürgerrecht in Syrakus ansiedelten. Nicht lange Zeit danach aber zogen Einige wieder aus Syrakus weg, weil es ihnen dort nicht gefiel, und besetzten Phokää, einen Platz dieses Namens im Stadtgebiet der Leontiner, und Brikinniä, eine Festung im Leontinischen. Da kamen nun zu ihnen die Meisten von der Volkspartei, die damals ausgetrieben worden war, und führten aus diesen festen Stellungen Krieg ^gegen die Syrakusier^. Das hatten die Athener erfahren und schickten nun den Phäax hin, ob sie wohl ihre dortigen Bundesgenossen und wo möglich alle Sikelioten dazu bewegen könnten, insgemein gegen die Syrakusier zu Felde zu ziehen, weil diese die Obmacht anstrebten, und ob sie die Volkspartei der Leontiner auf diese Weise retten könnten. Nachdem Phäax dort angekommen war, gewann er für sich die Kamarinäer und Akragantiner, da er aber in Gela Hindernisse fand, so ging er weiter nicht zu den Andern, denn er merkte, daß sie sich nicht würden bereden lassen, sondern nahm den Rückweg durch das Land der Sikuler^) nach Katana, und nachdem er im Vorbeireisen auch Brikinniä besucht und denen dort Muth eingesprochen hatte, schiffte er wieder heimwärts.

Auf der Ueberfahrt nach Sicilien und auch wieder auf seiner Rückfahrt hatte Phäax mit einigen Städten in Italien wegen [*]( 5) Die Chalkidischen Städte und Kamarina. Vergl. lll, 86 ff. ) [*]( 6) Sikelioten heißen hier die Einwohner SicilienS, welche griechischen Ursprungs waren, Sikuler die von barbarischer Abstammung. ) [*](1* )

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[*]( 422 v. Shr. ) eines Freundschaftsbündnisses mit den Athenern unterhandelt, und er begegnete auch den Lokrischen Ansiedlern, die aus Messana ausgetrieben worden waren. Nach dem Friedensschluß der Sikelioten nämlich waren die Messanier unter sich zerfallen, und da die eine Partei die Lokrer herbeiries, so schickten diese Ansiedler dorthin und so war Messana eine Zeit lang lokrisch. Auf diese nun stieß Phäax, als sie nach ihrer Austreibung überfuhren, that ihnen jedoch kein Leides; denn eS waren zwischen ihm und den Lokrern Verabredungen wegen eines Vertrages mit den Athenern getroffen worden. Sie allein nämlich von allen Teilnehmern des Krieges hatten damals, als die Sikelioten sich aussöhnten, keinen Vergleich mit den Athenern abgeschlossen, und sie hätten es auch jetzt nicht gethan, wenn nicht der Krieg mit den Jtoniern und Meläern, ihren Gränznachbarn und Pflanzbürgern sie in Verlegenheil gebracht hätte. — Phäax selbst kam einige Zeit daraus nach Athen zurück.

Kleon aber, nachdem er damals von Torone gegen Amphipolis gesegelt war, setzte sich in E'l'on fest und machte von da aus einen Angriff auf Stageiros, eine Pflanzstadt der Andrier, nahm sie jedoch nicht; Galepsos aber, die Pflanzstadt der Thasier, nahm er mit Gewalt. Auch schickte er Gesandte an den Perdikkas, daß er der Bundespflicht gemäß mit einem Heere ershceine, und andere nach Thrakien zum Odomanter-König Polles, daß er Thrakische Söldner in möglichster Zahl zuführe. Er selbst verhielt sich in der Gegend von E'l'on ruhig. Brasidas aber, als er hievon Kenntniß erhielt, nahm bei Kerdylion selbst eine Stellung gegen jenen. Dieser Platz gehört den Argiliern und liegt jenseits des Flusses auf einer Höhe, nicht sehr weit von Amphipolis entfernt, und von hier aus konnte die ganze Gegend eingesehen werden, so daß es nicht unbemerkt hätte bleiben können, wenn Kleon mit dem Heere von dort aufgebrochen wäre. Brasidas erwartete nämlich, daß Kleon dieß wirklich thun und aus Geringschätzung ihrer unbedeutenden Zahl mit dem eben anwesenden Heere gegen Amphipolis ziehen werde. Zugleich [*]( 7) Kerdylion an der Westseite des Strymvn, etwas über eine Viertelmeile entfernt, während die Stadt aus einer Anhöhe der Ostseite deS Flusses lag, der hier einen Halbkreis bildete. Vergl. IV, 102 und über die Brücke IV, los. (Kr.) )

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suchte er sich aber auch zu verstärken, indem er fünfzehn Hundert [*]( 423 v. Chr. ) Thrakische Söldlinge und alle streitbaren Edoner zu Hülfe rief, leichte Schildträger sowohl als Reiter. Auch von den Myrkiniern und Chalkidiern erhielt er zu den leichten Schildträgern, die er in Amphipolis hatte, noch Tausend andere. An Schwerbewaffneten hatte er im Ganzen gegen zwei Tausend zusammengebracht, Hellenische Reiter drei Hundert. Mit fünfzehn Hundert Mann dieser Truppen nun hatte Brasidas bei Kerdylion Stellung genommen, die Uebrigen standen unter dem Befehl des Klearidas in Amphipolis.

Eine Zeit lang nun hielt sich Kleon ruhig, dann wurde er aber doch genöthigt zu< thun, was Brasidas erwartet hatte. Seine Soldaten waren nämlich über das unthätige Stillsitzen unwirsch und stellten Vergleiche an, mit welchem Unverstände und welcher Mattherzigkeit gegenüber solcher Erfahrung und Kühnheit der Feldzug von Seiten des Kleon werde geführt werden; dazu waren sie schon von Haus aus nur widerwillig unter seiner Führung ausgezogen. Da er nun den Wind merkte und nicht wollte, daß sie sich durch längeres unthätiges Verweilen belästigt fühlten, so hieß er sie aufbrechen und führte sie aus Ei'on. Und auf dieselbe Art, die ihm bei Pylos so glückliche Früchte getragen hatte, — weßhalb er sich denn auch sehr klug dünkte — verfuhr er auch hier. Er glaubte nämlich gar nicht, daß Einer zur Schlacht gegen ihn ausziehen werde, sondern sagte, daß er nur ausziehe, um die Gegend in Augenschein zu nehmen. Er kam also und ließ sein Heer vor Amphipolis auf einem starken Hügel Stellung nehmen, während er selbst die Sumpfgegend des Strymon und die Lage der Stadt gegen Thrakien hin untersuchte. Er dachte aber, zu jeder Zeit, wann er nur wolle, ohne Kampf abziehen zu können; denn weder zeigte sich Jemand auf den Mauern, noch zogen welche zu den Thoren heraus, sondern es blieben diese alle geschlossen. Deßhalb rechnete er es sich auch als einen Fehler an, daß er keine Maschinen von Athen mitgenommen habe; denn mit diesen, dachte er, hätte er die von Vertheidigern entblößte Stadt gewiß genommen.

BrasidaS aber, sobald er die Bewegungen der Athener wahrnahm, verließ sogleich auch seine Stellung bei Kerdylion und zog hinab in die Stadt. Dock unternahm er es nicht gegen die Athener auszuziehen und sich in Schlachtordnung aufzustellen, denn er scheute

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[*]( 422 v. Chr. ) den Zustand seiner Streitmacht, die er für schwächer hielt, nicht in Hinsicht der Zahl, denn die hielt sich auf beiden Seiten so ziemlich das Gleichgewicht, sondern in Rücksicht des inneren Werthes — denn was von den Athenern mit ausgezogen war, waren ächte Kerntruppen, und so auch von Seiten der Lemnier und Jmbrier die Tüchtigsten. Er wollte also bei seinem Angriff List anwenden. Wenn er nämlich, dachte er, den Gegnern die Zahl und die nothdürftige Ausrüstung seiner Truppen zeigte, so werde ihm der Sieg wohl mehr Schwierigkeit machen, als wenn jene sie vorher nicht mit Augen gesehen und aus Kenntniß ihrer wirklichen Zustände sie verachten gelernt hätten. Er wählte sich also hundert und fünfzig Schwerbewaffnete aus und theilte die Andern dem Klearidas zu, in der Absicht die Athener sogleich anzugreifen, bevor sie wieder abzögen; denn er dachte, daß sich ihm wohl eine ähnliche Gelegenheit, sie so vereinzelt zu treffen, nicht zum zweiten Mal bieten werde, wenn erst der Zuzug sich mit ihnen vereinigt hätte. Er rief also sämmtliche Soldaten zusammen und redete zu ihnen, um sie zu ermuthigen und seine Absicht wissen zu lassen, wie folgt:

,,Ihr peloponnesischen Männer, es möge genügen, euch kurz zu erinnern, aus wie berühmtem Lande wir hieher gekommen sind, und daß unser Muth dasselbe immer frei erhalten hat; dann auch, daß ihr als Dorier gegen Jonier zu kämpfen im Begriff seid, die ihr immer zu besiegen gewohnt wäret. Ich will euch nun zeigen, auf welche Art ich den Angriff zu unternehmen gedenke, damit es euch nicht unzureichend dünke, daß wir in geringer Zahl und nicht mit gesammter Macht ausziehen, und damit Keiner deßhalb muthlos werde. Ich vermuthe nämlich, daß die Feinde mit Verachtung unser hieher gegen die Stadt gerückt sind und wohl gar nicht darauf gerechnet haben, daß Einer zum Kampf gegen sie ausziehe; und jetzt glaube ich, daß sie sich ohne Ordnung und sorglos mit Untersuchung der Gegend beschäftigen. Wer aber solche Fehler seiner Gegner am besten durchschaut und zugleich nach dem Verhältniß seiner eigenen Macht den Angriff nicht sowohl ans offener Schlachtaufstellung unternimmt als vielmehr nach dem Vortheil, den der Augenblick bietet, der möchte wohl am meisten ausrichten. Und dergleichen erstohlene Erfolge gewähren den schönsten Ruhm; denn so täuscht Einer den Feind auf's

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Gröblichste und nützt den Freunden am meisten. So lange sie also [*]( 422 v. Chr. ) noch unvorbereitet und in sorgloser Sicherheit mehr an unbemerktem Abzug denken, wie ich an ihnen wahrzunehmen glaube, als an's Standhalten, und so lange sie in ihrer Lässigkeit zu keinem Beschlusse kommen und bevor sie sich noch mehr besonnen haben, will ich sie mit meinen Leuten hier wo möglich überraschen und im Sturmschritt die Mitte ihres Heeres anfallen. Du, Klearidas, sollst später, wenn du mich schon im Gefecht und, wie zu erwarten steht, sie in Verwirrung bringen siehst, plötzlich die Thore öffnen lassen, deine Leute mit den Amphipoliten und den übrigen Bundesgenossen hinausführen, aus jene anstürmen und so schnell als möglich handgemein zu werden suchen. Auf diese Weise haben wir am meisten Hoffnnng, Schreck und Verwirrung unter ihnen zu verbreiten; denn eine Abtheilung, welche später angreist, ist dem Feinde furchtbarer als die, mit der er bereits im Gefecht ist. So zeige dich also selbst als einen tapferen Mann, wie du es sein mußt, denn du bist ein Spartaner, und ihr, waffenverbündete Männer, folgt muthig und denket, daß zu rühmlicher Kriegführung entschlossener Wille und Ehrgefühl und Gehorsam gegen die Oberen gehöre! Denkt auch, daß es heute sich entscheiden wird, ob ihr durch Tapferkeit die eigene Freiheit erwerbet und den Ruhm, der Lakedämonier Bundesgenossen genannt zu werden, oder die Schande Athenischer Knechtschaft; im letzteren Falle, — wenn es noch aus'S Beste abgeht, ohne daß ihr als Sklaven verkauft oder hingerichtet werdet, — habt ihr jedenfalls noch eine härtere Knechtschaft zu erdulden, als ihr sie bis jetzt ertrüget; für die andern Hellenen aber werdet ihr ein Hinderniß der Befreiung. Also zeigt auch euch nicht weibisch, da ihr seht, um wie große Dinge der Kampf sich dreht; und auch ich werde euch beweisen, daß ich es nicht besser verstehe, Andere zur Tapferkeit zu ermuntern, als selbst Hand an's Werk zu legen."

Nach diesen Worten schickte sich Brasidas selbst zum Ausfall an und stellte auch die Andern unter Klearidas beim sogenannten Thrakischen Thore auf, damit sie ipäter, wie ausgemacht worden war. herausbrechen sollten. Da nun sein Abzug von Kerdylion ganz offen geschehen war, und man sah, wie er in der Stadt, die von Außen her eingesehen werden konnte, beim Tempel der Athene opferte nnd

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[*]( 422 v. Chr. ) jene Anstalten traf, so wurde dem Kleon, der damals gerade auf Umschau sich genähert hatte, die Meldung gemacht, daß in der Stadt das ganze feindliche Heer auf den Beinen zu sehen sei, und daß man unter dem Thore durch die Fuße vieler Pferde und Menschen erblicken könne, als ob ein Ausfall geschehen solle. Auf diese Meldung ging jener näher hinzu, und da er sich mit eigenen Augen überzeugt hatte, aber doch keine entscheidende Schlacht liefern wollte, bevor nicht der Zuzug gekommen sei, und auch glaubte noch Zeit genug zum Rückzug zu haben, so befahl er den Abmarsch und hieß seine Leute, die Richtung auf den linken Flügel zu nehmen, wie es auch allein ausführbar war, und sich gegen Ei'on zurückzuziehen. Da ihm dieß aber zu langsam zu geheu schien, so ließ er selbst den rechten Flügel schwenfen, wodurch er dem Feinde die ungedeckte Flanke bot, und führte so das Heer zurück. In diesem Augenblick, als Brasidas die dargebotene Gelegenheit sah, und wie das Heer der Athener sich bewegte, sagte er zu seiner Mannschaft und den Andern: „Diese Leute werden uns nicht Stand halten, das kann man an der Bewegung der Lanzen und der Köpfe sehen; denn wo einmal das vorkommt, da pflegt ein Angriff keinen Widerstand zu finden; also öffne mir Einer das bestimmte Thor, und dann laßt uns rasch und muthig über sie herfallen!"

Er marfchirte also durch das Thor bei dem Psahlwerk, daS erste in der langen Mauer, wie sie damals war, heraus, schlug den geraden Weg nach der Gegend ein, wo jetzt an dem stärksten Punkt des Platzes das Siegeszeichen steht, fiel in die Athener, welche wegen ihrer eigenen Unordnung nicht weniger als über die Kühnheit jenes in Furcht geriethen, und drang nach der Mitte des Heeres vor. Und zugleich fiel auch Klearidas, wie verabredet war, durch das Thrakische Thor heraus und stürzte sich auf das Heer los. So geriethen die Athener also durch den unerwarteten plötzlichen Angriff auf zwei Seiten in Verwirrung, und ihr linker Flügel, der mehr gegen Ei'on hin stand und bereits auch einen Vorsprung hatte, riß sich sogleich ab und lief davon. Da wird Brasidas, der sich beim Weichen dieses Flügels nun gegen den rechten wendete, verwundet und die Athe­ [*]( 8) Brasidas zog den Speer, der ihn getroffen halte, aus seinem Körper und tidtele mit eben demselben denjenigen, der ihn verwundet hatte. Plutarch. )

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ner zwar nahmen seinen Fall nicht wahr, die in seiner Nähe Stehen- [*]( 422 v. . Chr. ) den aber hoben ihn auf und trugen ihn weg. Der rechte Flügel der Athener hielt länger Stand; Kleon zwar, der von vorn herein nicht an's Standhalten gedacht hatte, lief spornstreichs davon, wurde aber von einem Myrkinischen leichten Schildträger eingeholt und getödtet. Seine Schwerbewaffneten jedoch zogen sich nach dem Hügel zusammen und wehrten den Angriff des Klearidas zwei oder drei Mal ab, und nicht eher wichen sie, als bis die Myrkinische und Ehalkidische Reiterei und die leichten Schildträger sie umstellten und durch ihre Schüsse zur Flucht nöthigten.

So war also bereits das ganze Heer der Athener geschlagen, und nur mit Mühe und aus vielen Wegen flüchteten die über das Gebirge, welche nicht sogleich im Handgemenge geblieben oder von der Ehalkidischen Reiterei und den leichten Schildträgern getödtet worden waren. Die Uebrigen entkamen nach Ei'on. Die den Brasidas aufgehoben und aus dem Schlachtgetümmel gerettet hatten, brachten ihn noch athmend in die Stadt; daß die Seinigen gesiegt, hörte er noch; danach aber gab er rasch den Geist aus. Das übrige Heer, als es unter Klearidas von der Verfolgung zurückkehrte, zog den Todten die Waffenrüstung aus und stellte ein Siegeszeichen'aus.

' Danach begruben den Brasidas die Bundesgenossen, insgesammt in Waffen ihm das Geleit gebend, auf öffentliche Kosten in der Stadt vor dem Platz, wo jetzt der Markt ist; und die Amphipoliten zogen später eine Einfassung um sein Grabmal und opfern ihm in die Erde als einem Heros, und haben zu seinen Ehren Kampfspiele und ähnliche Opfer eingeführt und legen ihm auch die Gründung ihrer Stadt bei, als habe er den Grund dazu gelegt; die HagnonishcenGebäude aber rissen sie nieder und machten dem Boden gleich, was sonst noch als Erinnerungszeichen an die Gründung der Stadt durch diesen Mann hätte dienen können; denn Brasidas, [*]( 9) Wenn einem Herde, d. h. einem der Helden der Vorzeit, welche als Schutzpatrone einzelner Landschaften verehrt wurden, oder überhaupt für Verstorbene Opfer gebracht wurden, so wurde der Kopf des Opserthieres zur Erde gedrückt; galt das Opfer aber einem Gotte, fo wurde der Hals auswärts gedieht. ) [*]( 10) Der Athener Hagnon, des Nikias Sohn hatte die Kolonie gegründet, nur 18 Jahre vor diesen Ereignissen. Vergl. IV, 104. )

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[*]( 422 v. Chr. ) glaubten sie, sei als ihr Netter erschienen; zugleich wollten sie auch unter den gegenwärtigen Umständen aus Furcht vor den Athenern die Bundesgenossenschaft mit den Lakedämoniern recht warm halten und glaubten, daß bei der feindlichen Stimmung jener gegen Athen die Verehrung des Hagnon ihnen weder Nutzen bringen noch auch von jenen angenehm vermerkt werden möchte. — Die Todten verabfolgten sie an die Athener. Es waren aber von den Athenern gegen sechs Hundert gefallen; von den Gegnern aber nur sieben, weil nicht von beiden Seiten aus gleicher Schlachtaufstellung, sondern unter so merkwürdigen Umständen und gegen einen bereits in Verwirrung befindlichen Feind gekämpft worden war. Nachdem die Todten gesammelt waren, schifften die Athener nach Haus zurück. Die unter Klearidas trafen in Amphipolis ihre Einrichtungen.

Um dieselbe Zeit gegen Ende des Sommers führten die Lakedämonier Namphias und Autocharidas und Epikydidas eine Hülsstruppe von neun Hundert Schwerbewaffneten nach den Thrakischen Gränzlanden, und als sie nach dem Trachinischen Heraklca '') kamen, änderten sie, was an den dortigen Verhältnissen ihnen nickt gefallen wollte. Während sie nun hier verweilten, fiel jene Schlacht vor, und so ging der Sommer zu Ende.

Sogleich als der Winter eintrat zog die Truppe des Ramphias in Thessalien weiter und kam bis Pierion; da aber jetzt die Thessaler den Durchzug wehrten, und Brasidas, dem sie das Heer zuführen wollten, überdieß nicht mehr am Leben war, so marschirten sie wieder nach Hause zurück. Denn sie dachten, es sei jetzt nicht mehr der rechte Zeitpunkt, nachdem die Athener geschlagen und schon abgezogen wären; und sie hielten sich auch nicht für die Männer, um das auszuführen, was jener im Plane hatte. Hauptsächlich aber marshcirten sie deßhalb zurück, weil sie wußten, daß die Lakedämonier zur Zeit ihres Ausmarsches mehr dem Frieden zugeneigt waren.

Es geschah aber sogleich nach der Schlacht bei Amphipolis und dem Rückzüge des Ramphias aus Thessalien, daß keiner von beiden Theilen mehr sich an Kriegsunternehmungen wagen wollte, sondern beide ihre Gedanken mehr auf Frieden wendeten; die Athener, [*]( 11 Vergl. III, 92. )

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weil sie bei Delion und bald danach wieder bei Amphipolis hart getroffen worden waren und nicht mehr das zuversichtliche Vertrauen [*]( 422 v. Chr. ) auf ihre Macht hatten, mit welchem sie früher den Vertrag von sich gewiesen, weil sie bei ihrem damaligen Glücke die entschiedene Oberhand zu behalten geglaubt. Dann fürchteten sie auch, daß die Bundesgenossen durch ihre Niederlagen noch weiter zum Abfall angespornt würden, und es reute sie jetzt, daß sie nach den Ereignissen in Pylos, wo sich ein ehrenvoller Anlaß bot, nicht in die dargereichte Hand eingeschlagen hatten. Den Lakedämoniern auf der andern Seite kam der Verlauf des Krieges ganz wider Erwarten, denn sie hatten geglaubt, die Macht der Athener in wenigen Jahren zu Boden zu werfen, wenn sie nur ihr Land verwüsteten; nun aber hatte sie das Unglück auf der Insel (Sphakteria) betroffen, wie ein ähnliches der Stadt Sparta niemals zugestoßen war, und von Pylos und Kythera aus wurde ihnen das Land verwüstet. Auch die Heloten liefen über, und sie mußten immer erwarten, daß auch die Zurückgebliebenen, auf den Beistand der auswärts Befindlichen bauend, ihnen, wie schon früher geschehen IV, Unruhen erregen würden. Dazu kam noch, daß auch der dreißigjährige Friedensvertrag mit den Argivern seinem Ende nahe war, und einen neuen wollten die Argiver nicht eingehen, außer wenn man ihnen die Landschaft Kynuria wieder zurückgebe. Und unter solchen Umständen schien es unmöglich, gegen Argiver und Athener zugleich Krieg zu führen. Auch von den peloponneisschen Städten hatten sie einige im Verdacht, daß sie aus Seite der Argiver treten würden, waS denn auch wirklich eingetroffen ist.

Solche Ueberlegungen pflogen beide Parteien, und beide glaubten deßhalb, man solle einen Frieden abschließen. Auch hatten die Lakedämonier keine geringe Sehnsucht, ihre Leute von der Insel zurückzuerhalten; denn es waren darunter die vornehmsten Männer unter den Spartiaten und mit ihnen allen gleicherweise verwandt. Sie hatten darum auch sogleich nach ihrer Gefangennehmimg ihretwegen zu unterhandeln angefangen, aber die Athener in ihrem Glücke wollten durchaus keinen Frieden abschließen, der beide Theile auf gleichem Fuße ließ. Nachdem diese aber bei Delion eine Schlacht ver­ [*]( 12) Vergl. l, 101 ff. )

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[*]( 422 v. Chr. ) loren, dachten die Lakedämonier sogleich, daß sie schon eher nachgeben würden, und schlössen den einjährigen Waffenstillstand ab, in dessen Annahme die Unterhandlung wegen eines längeren Friedens eingeschlossen war.

Als nun aber auch die Niederlage von Amphipolis die Athener betroffen hatte und Kleon und Brasidas nicht mehr am Leben waren, welche auf beiden Seiten dem Frieden am meisten entgegen- arbeiteten, — Brasidas, weil er glücklich war und der Krieg ihm Ruhm brachte, Kleon aber, weil er glaubte, daß nach wiedergekehrter Ruhe seine 'Schurkenstreiche eher an's Licht kommen und seine Verläumdüngen weniger Glauben finden würden; so konnten demnach in Athen wie in Sparta die beiden Männer, welche am eifrigsten den ersten Rang für sich erstrebten, nämlich Pleistoanax, des Pausanias Sohn, König der Lakedämonier, und Nikias, Sohn des Nikeratos, damals der glücklichste Feldherr, um so eifriger zum Frieden arbeiten. Nikias nämlich, der nie ein Unglück erfahren und hoch geehrt wurde, wünschte auch weiterhin sein Glück zu bewahren und für die Zukunft sowohl selbst der Mühseligkeit überhoben zu sein, als auch seine Mitbürger davon zu befreien; auch wollte er der kommenden Zeit den Ruf hinterlassen, als ob er sein ganzes Leben hindurch dem Staate niemals einen Unfall veranlaßt habe; das aber, glaubte er, werde Einem in gefahrloser Zeit zu Theil, und wenn Einer sich den Launen des Glücks so wenig als möglich aussetze; Gefahrlosigkeit aber werde der Friede gewähren ^). [*]( 13) Zlristophane», Ritter, V. Kl ff. — Dem Demoß (Volk) Singt er Orakel vor, daß ganz sibyllisch Dem Alten wird, und dumm und dämisch. Merkt Er (Kleon) das. dann-intriguirt er, lügt, verläumdet UnS all' im Haus, und unser Lohn sind Prügel. Dann laust er hin zu Jedem, schimpft, rumort. Schwatzt uns Geschenk ab, fordert, droht, der Schurke! und ebenda V. bl>2. Nein, Raub und Bestechung, das suchst d» allein in den Städten des Bundes; der Demos Der sieht vor dem Staub und Getümmel deS Kriegs nicht mehr wie du bübisch handthierest. ) [*]( 17) In den Rittern brachte AristophaneS den NikiaS in der Person eine? )

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Pleistoanax hingegen wurde von seinen Feinden wegen seiner [*]( 422 v. Chr. ) Rückkehr aus der Verbannung verläumdet und mußte seinen Namen > den Lakedämoniern gegenüber von jenen immer gemißbraucht hören; denn so oft den Staat ein Unglück traf, hieß es immer, das komme von der gesetzwidrigen Zurückberufung des Pleistoanax. Sie beschuldigten ihn nämlich: er mit seinem Bruder Aristokles habe die Oberpriesterin in Delphi beredet, den Lakedämoniern, wann sie in heiliger Sendung kamen, lange Zeit immer wieder das Orakel zu geben: „des Halbgottes und Zeussohnes Samen sollten sie von fremder Erde in die heimische zurückführen, sonst würden sie mit silberner Pflugschaar pflügen müssen" und so habe er endlich die Lakedämonier dahin gebracht, ihn aus seinem Zufluchtsort, dem Lykäon IV, — wo er wegen seines vermeintlich durch Bestechung erkauften Rückzuges aus Attika in der Verbannung lebte und aus Furcht vor den Lakedämoniern damals in einem Hause wohnte, das zur Hälfte auf dem Grunde des Zeusheiligthums stand — nach [*]( Sklaven, des Mitsklaven von Kleon und Demosthenes, ans die Bühne. Er wird da als bigott, furchtsam, weinerlich geschildert. Er erholte sich aus Mangel an Selbstvertrauen, während es bei Kleon Heuchelei war, Rath bei Wahrsagern und Orakelkrämern. Er wollte den Frieden um jeden Preis und zwar aus Furchtsamkeit, welcher Vorwurf auch aus der euphemistischen Ausdrucksweise des Thukydides herauszulesen ist. Plaß, Geschichte Griechenlands: Nikias war ein Mann von äußerst beschränkten Geistesgaben, aber vom Glücke mit einem ungewöhnlich großen Vermögen beschenkt und auf manchen Erpeditionen begünstigt; ein Mann, der seinerseits zu den Aristokraten gehörte und nach Abgang des älteren Thukydides als Haupt einer schwachen Opposition sich dem Perikles, später dem Kleon entgegenstellte, der aber andererseits zu furchtsam war, um anders als höchst schüchtern gegen den Pöbel zu reden, der deßhalb auch immer große Liebe bei diesem genoß und die Gewogenheit der Gemeinen durch eine Freigebigkeit steigerte, welche er in gleichem Grade gegen einzelne Bedürftige, wie durch Aufopferung für öffentliche Feste bewies. — Die Feigheit der gemäßigten Partei des Nikias ist neben der stumpfsinnigen Verblüfftheit deS Volks nach Aristophcmes die Hauptursache, warum Kleon so hoch steigen konnte. (Seeger. Uebeltrieben.) ) [*]( 15) Der Zeussohn und Halbgott ist Herakles, von dem die spartanischen Könige abstammen. Das Orakel bedeutet: ed werde HungerSnoth entstehen, so daß man im Lande kein Getreide finde, sondern dasselbe von auswärts durch Silber erkaufen müsse. ) [*]( 16) Berg in Arkadien. ) [*]( 17) Damit die Lakedämonier aus Scheu, das Heiligthum zu verletzen, ihn nicht onnten ausheben lassen. Der geheiligte Theil des Hauses diente ihm als Zufluchtsort )

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[*]( 421 v. Chr. ) neunzehn Jahren mit denselben Chortänzen und Opferfeierlichkeiten nach Sparta zurückzuführen, mit denen die Gründer Lakedämons die ersten Könige eingesetzt hatten.

Diese Verläumdung nun war ihm sehr lästig und dazu glaubte er, daß wenn Frieden eintrete, den Staat kein Unglück mehr betreffen könne, und auch zugleich die Lakedämonischen Gefangenen zurückkommen würden, und dann wäre er seinen Feinden unantastbar; so lange aber Krieg sei, wären die hervorragenden Männer in Folge von Unglücksfällen nothwendig immer der Verläumdung ausgesetzt; und deßhalb wünschte er eifrig den Frieden. Diesen Winter über nun wurde beiderseits verhandelt, und gegen den Frühling hin drohten bereits die Lakedämonier mit neuen Rüstungen, die sie durch die Städte ansagen ließen, gleich als beabsichtigten sie eine Belagerung, damit die Athener eher Gehör geben sollten. Bei den Verhandlungen nun wurden beiderseits viele Ansprüche vorgebracht, doch traf man 'eine Vereinbarung dahin, der Friede solle unter der Bedingung geschlossen werden, daß beide Theile, was sie durch Kampf gewonnen, zurückgäben. Nisäa aber sollten die Athener behalten; als diese nämlich die Herausgabe von Platäa verlangten, erklärten die Thebaner, sie hätten den Platz nicht durch Gewalt oder Verrath, sondern durch freiwillige Uebergabe seitens der Platäer in ihren Besitz gebracht, gerade wie die Athener Nisäa. Daraus riefen die Lakedämonier ihre Bundesgenossen zusammen, und da mit Ausnahme der Böotier und Korinther nnd Eleer und Megarer, welche nicht einverstanden waren, die Andern für den Frieden stimmten, so schlössen sie den Vertrag ab und bekräftigten ihn gegen die Athener, wie diese gegen die Lakedämonier, durch Opfer und Eidschwur. Er lautete aber so:

„Es haben Frieden geschlossen die Athener und die Lakedämonier und ihre Bundesgenossen unter diesen Bedingungen, auf welche alle Städte geschworen haben:

„Was die gemeinsamen Heiligthümer betrifft, so mag opfern [*]( im Falle eines Angriffs, und der andere als gewöhnlicher Aufenthalt, um nicht durch alltägliche Verrichtungen den geheiligten Theil entweihen zu müssen. — Ueber Pleistoanar vergl. auch l, N4 und II, 21. )

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und den Gott befragen und heilige Sendungen schicken nach väter- [*]( 421 v. Chr. ) licher Weise wer da will, zu Wasser und zu Lande, ungefährdet. Das, Heiligthum aber und der Tempel des Apollo zu Delphi und Delphi selbst sollen ihr^ eigenen freien Gesetze haben und an Niemanden Steuer zahlen und eigene Gerichtsbarkeit haben, die Einwohner über sich selbst und ihr Land nach Weise der Väter" 18).

,,Fünfzig Jahre soll der Friede bestehen zwischen den Athenern und den Bundesgenossen der Athener und den Lakedämoniern und den Bundesgenossen der Lakedämonier ohne Arglist und Gefährde zu Wasser und zu Lande."

„Waffen tragen zur Schädigung dürfen weder die Lakedämonier und ihre Bundesgenossen gegen die Athener und ihre Bundesgenossen, noch auch die Athener und ihre Bundesgenossen gegen die Lakedämonier und ihre Bundesgenossen, auf keinerlei Art und Weise."

„Wenn sie aber unter einander eine Streitsache haben, so sollen sie des Rechts gebrauchen und Eide schwören, wie sie unter einander vereinbart haben."

„Die Lakedämonier und Bundesgenossen sollen den Athenern Amphipolis zurückgeben."

„In allen Städten, welche die Lakedämonier an die Athener zurückgeben, sollen die Einwohner ausziehen dürfen, wohin sie wollen, sie selbst sammt Hab und Gut. Die Städte sollen nur den von AristideS festgesetzten Beitrag leisten und ihre eigenen Versassungen behalten. Und vom Abschluß des Friedens an dürfen die Athener und ihre Bundesgenossen die Städte, wenn sie ihre Steuer leisten, nicht mit gewaffneter Hand angreifen. Es sind aber diese Städte: Argilos, Stagciros, Akanthos, Skolos, Olynthos, Spartolos. Diese sollen neutral sein, weder den Lakedämoniern noch den Athenern verbündet. Wenn aber die Athener diese Städte überreden können, daß sie mit ihrem freien Willen in den Waffenbund der Athener treten, so soll ihnen das erlaubt sein." [*]( 18) Für die Freiheit deS alten dorischen StammheiligthumS sorgen die Lakedämonier. In Delphi regierte uralter Adel, die Deulalivniden. an seiner Spitze fünf Geweihte, die den Orakeldienst besorgten. ) [*]( 19) Dieser Tribut galt nur als Bundeskontingent, nicht als Abgabe. Vergl. l, S6. (Ar.) )

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[*]( 42 v. Chr. ) „In Mekybernä und Sana und Singä sollen die Bürger dieselben Freiheiten haben wie die Olynthier und die Akanthier."

„Die Lakedämonier und ihre Bundesgenossen sollen den Athenern auch Panakton zurückgeben."

„Die Athener sollen den Lakedämoniern Koryphasion und Kythera und Methone und Pteleon und Atalante zurückgeben und dergleichen auch alle Männer, die den Lakedämoniern angehören und zu Athen oder sonstwo auf Athenischem Gebiet in Gewahrsam sind. Auch sollen sie die in Skione belagerten Peloponnesier sowie alle Bundesgenossen der Lakedämonier, die dort sind, freigeben und auch Alle diejenigen, welche Brasidas dorthin geschickt hat, deßgleichen auch alle Bundesgenossen der Lakedämonier, die zu Athen oder sonstwo im Gebiet der Athener in Gewahrsam sind. Gleicher Weise sollen auch die Lakedämonier und ihre Bundesgenossen die bei ihnen gefangenen Athener und Bundesgenossen freigeben."

„Was aber die Skionäer und Toronäer und Sermylier betrifft, und welche Stadt sonst noch die Athener bereits genommen haben, über diese und die andern Städte sollen die Athener nach Gutdünken beschließen."

„Es sollen die Athener in allen Städten der Lakedämonier und ihrer Bundesgenossen den Eid schwören. Beide Theile sollen aber den Eid schwören, der nach der Landessitte der höchste ist, Männer aus jeder Stadt für sich. Der Schwur soll so lauten: „„Ich werde diesen Frieden und diese Verträge in Treuen und ohne Arglist beobachten." " Ebenso sollen auch die Lakedämonier und ihre Bundesgenossen den Athenern den Schwur leisten, und beide Theile sollen jedes Jahr den Schwur erneuern."

„Denksäulensollen errichtet werden zu Olympia und Pytho und auf dem Jsthmos und zu Athen in der Stadt und zu Lakedämon im Amykläon" 2').

„Wenn aber einer von beiden Theilen irgend etwas zu erwähnen vergessen hat, so soll es für Beide im Eide einbegriffen sein, daß sie unter rechtsgemäßem Verfahren Abänderungen treffen, wie sich beide Theile einigen, Athener und Lakedämonier." [*]( 20) Säulen, auf welchen die FiiedcnSbedimiungen eingeschrieben waren. ) [*]( 21) Pytho ist Delphi. Das Amykläon ein Apollohciligthum bei Sparta. )

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„Es beginnt die Wirksamkeit des Vertrages unter dem [*]( 421 v. Chr. ) Ephoren Pleistolas am siebenten Tage des absteigenden Monds Artemisios, und unter dem athenischen Archonten Alkäos am fünften Tage des absteigenden Monds Elaphebolion ^). Die Eidschwüre und Opfer haben vollzogen von Seiten der Lakedämonier: Pleistoanax, Agis, Pleistolas, Damagetos, Chionis, Metagenes, Akanthos, DaVthos, Jschagoras, Philocharidas, Zeuxidas, Antippos, Tellis, Alkinidas, Empedias, Menas, Laphilos, — von Seiten der Athener Lampon, Jsthmionikos, Nikias, Laches, Euthydemos, Prokles, Pythodoros, Hagnon, Myrtilos, Thrasykles, Theagenes, Aristokrates, Jolkios, Timokrates, Leon, Lamachos, Demosthenes."