History of the Peloponnesian War
Thucydides
Thucydides. Geschichte des Peloponnesischen Kriegs. Wahrmund, Adolf, translator. Stuttgart: Krais and Hoffmann, 1864.
„Jetzt, ihr Bundesgenossen, dürften wir die Lakedämonier nicht mehr beschuldigen, daß sie den Krieg nicht beschlossen hätten, da sie uns eben in dieser Absicht jetzt versammelt haben. Und in der That geziemt es sich auch denen, welche die Oberleitung haben, ihren eigenen Angelegenheiten nur nach der rechtlichen Gleichheit Rechnung zu tragen, die gemeinsamen aber vor Allem in's Auge zu fassen, da sie ja auch in andern Stücken vor Allen die Ehre voraus haben. WaS aber nnS betrifft, so darf man diejenigen, welche mit den Athenern schon verkehrt haben, nickt erst aufmerksam machen, daß sie vor jenen auf ihrer Hut sein müssen; die aber nicht an einem Seehafen, sondern tiefer im Lande wohnen, müssen wissen, daß ihnen die Ausfuhr der Landesfrüchte ind der Eintausch der Dinge, welche das feste Land vom Meere empfängt, sehr erschwert werden wird, wenn sie jetzt den Seeanwohnern nicht beistehen. Sie sollen sich darum nicht als schlechte Beurtheilcr zeigen und sagen, daß sie das Nichts angehe, was wir hier vorbringen. Sie mögen sich nur gefaßt machen, daß das liebe! auch bis an sie heranbringen wird, wenn sie jetzt daS Küstenland im Stich lassen, und sollen überzeugt sein, daß sich die Berathung auch um ihr eignes Wohl dreht. Darum dürfen sie auch nicht zaudern, den Frieden mit dem Krieg zu vertauschen. Denn vernünftige Männer verhalten sich zwar ruhig, so lange sie nicht beleidigt werden, tapfere Männer aber stehen nicht an, den Krieg dem Frieden vorzuziehen, wenn ihr Recht gekränkt worden ist; wenn eS sich ihnen dann wohl schickt, gehen sie vom Krieg wieder zum Frieden über, und überheben sich weder des Glücks im Kriegs, noch erkaufen sie vergnügliche Ruhe deS Friedens durch Erduldung von Unrecht. Denn wer solches Genusses halber zaudert, der möchte wohl, wenn er in Gemächlichkeit verharrt, sehr bald um die Freude an der bequemen Ruhe betrogen werden, die ihn zum Zaudern verleitet. Wer sich aber im Kriege seines Glückes überhebt, der bedenkt nicht, wie trüglich die Zuversicht ist, auf die fein Uebermuth sich gründet. Denn eS ist schon mancher schlechte Plan gelungen, nur weil die Feinde zufällig noch übeler berathen waren, und noch weit öfter geschiehteS, daßdieanfhceinendvernünstigstenEntwürfe auf schimpfliche Weise in's Gegentheil umschlagen. Denn Niemand geht mit derselben Sicherheit an die That, mit welcher der Rath kommt, sondern Zuversicht henschtbeim Nath,ZagheitundHalbheitbeidcrThat."
„Wir aber beginnen den Krieg, weil wir an unsern siechten gekränkt sind und erhebliche Beschwerden haben, ind wenn erst die Athener von uns bestraft und zurückgewiesen sind, weiden wir schon rechtzeitig Frieden machen. Daß aber der Sieg uns znsallen muß, ist aus vielen Gründen wahrscheinlich; denn für's Erste sind wir ihnen an Zahl und KrkgSerfahrung überlegen, und dann sind wir Alle gleicher Weise bereit, den Befehlen zu gehorchen lind auch eine Flotte, worin die Stärke jener liegt, werden wir nnS leicht verschaffen, theils aus den Mitteln, welche den Einzelnen unter uns zur Verfügung stehen, theils ans den Schätzen von Delphi nnd Olympia. Denn vermittelst einer Anleihe werden wir im Stande sein, ihnen durch höhere Löhnung ihr fremdes Seevolk abwendig zu machen, da ja die Athenische Macht mehr aus Söldneru, als ans Einheimischen besteht. Der unsrigen hingegen könnte dies nicht so leicht widerfahren, da sie mehr auf unseren eigenen Leuten, als auf Geldmitteln beruht. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Eine Seeschlacht genügen, sie zu Grunde zu richten. Sollten sie aber doch länger Stand halten, . nun, so werden wir uns auch um so längere Zeit im Seewesen üben, und wenn wir es ihnen hierin erst einmal in Geschicklichkeit gleich gethan haben, so werden wir ihnen durch unsern Muth ganz gewiß obsiegen. Denn einen Vorzug, der uns angeboren ist, dürsten sich jene wohl nicht anlernen können; was sie aber an Geschicklichkeit voraus haben, müssen wir durch Uebung zu erwerben trachten. Die nöthigen Geldmittel werden wir schon herbeischaffen, oder es wäre doch fürwahr sehr schlimm, wenn die Athenischen Bundesgenossen, die zur Befestigung ihrer eigenen Knechtschaft beisteuern, nicht im Rückstand bleiben, und wir unser Geld schonen wollten, wo es sich um Bestrafung unserer Feinde und um unsere eigne Rettung handelt, und wo es darauf ankommt, uns eben dieser Geldmittel nicht berauben zu lassen, damit man uns mit unserem eigenen Gut nicht wehe thue".
..ES bleiben uns aber auch noch andere Wege der Krieg [*]( 195) Bezieht sich ans die den Doriern eigenthümliche (militärische) Subordination. Kr. ) [*]( 196) ES scheint also Delphi bereits den Phvkiern nicht mehr »uterwursig gewesen zu sein (Pvppv). Vgl. I, l>2 und Am». I7S ans Ende. )
„Doch was nützt es, bei der Vergangenheit länger mit Tadel zu verweilen, als es den Zweck der Gegenwart fördert? In Betreff der Zukunft jedoch müssen wir uns jeder Mühe unterziehen, um unseren Verhältnissen aufzuhelfen, denn von euren Vätern her wißt ihr, daß aus Mühsal die Tugend geboren wird. Und an der . Art sollt ihr Nichts ändern, wenn ihr auch jetzt an Reichthum und Macht etwas höher stehet; denn es wäre nicht gar geschickt, was in Armuth erworben worden ist, im Ueberfluß zu verlieren. Vielmehr dürst ihr aus vielen Gründen mit Zuversicht des Siegs zum Kriege schreiten, da ja auch der Gott den Aussvruch gethan und bei euch zu stehen versprochen hat, und auch das gesammte übrige Hellas, sei eS. nun aus Furcht, oder sei es des Vortheils wegen, aus eurer Seite kämpfen wird. Auch werdet ihr nicht die sein, die den Vertrag zunächst brechen, da ja auch der Gott, indem er euch den Krieg befiehlt, ihn schon für gebrochen erklärt; vielmehr werdet ihr die Verletzung, der Verträge zu bestrafen scheinen; denn nicht die brechen den Frieden, welche sich zur Wehr setzen, sondern die, welche zuerst angreifen." .
„Da euch also alle Umstände einen glücklichen Krieg verheißen, und wir gemeinschaftlich euch dazu ermuntern, weil ohne allen Zweifel sowohl für die Staaten, als für die Einzelnen das Heil hierauf beruht, so steht nicht länger an, den Potidäern zu Hilfe zu eilen, — sie sind Dorier und'werden von Jonern belagert, während früher das Gegentheil vorzukommen pflegte, — und sichert auch den Andern ihre Freiheit! Denn es ist schon nicht mehr an der Zeit, noch länger zuzusehen, während die Einen schon Bedrängniß leiden und den Andern gewiß dasselbe angethan wird, sobald nur bekannt ist, daß wir zwar hier zusammengekommen sind, aber nicht den Muth hatten, zu den Waffen zu greifen. Ueberlegt also, ihr Männer und Bundesgenossen, daß die Zeit der höchsten Noth schon gekommen und daß dieser Rath der beste ist, und beschließt den Krieg. Fürchtet nickt die Gefahr des nächsten Augenblicks, sondern habt den bleibenden [*]( 196) Die Korinther nämlich. )
So sprachen die Korinther. Die Lakedämonier aber, nachdem sie Aller Meinung angehört hatten, forderten allen Bundesgenossen, so viele ihrer da waren, gleichviel ob aus größeren oder kleinen Staaten, der Reihe nach ihre Stimme ab, und es fand sich, daß die Mehrzahl für den Krieg stimmte. Den Beschluß allsogleich auszuführen war aber unmöglich, da es an der Vorbereitung fehlte; doch beschlossen sie, daß jeder Staat das Erforderliche ausbringen und Niemand sich säumig zeigen solle, und so verfloß unter den nöthigen Zurüstungen in der That kein volles Jahr, bis si§ in Attika einfielen und den Krieg offen begannen.
Inzwischen ließen die Lakedämonier durch ihre Gesandten bei den Athenern Beschwerde erheben, damit ihre Kriegserklärung um so begründeter ershceinen möge, wenn sie kein Gehör erlangten. Zuerst nun verlangten die Lakedämonier durch ihre Abgeordneten, daß die Athener den Frevel gegen ihre eigene Göttin sühnen sollten. Mit diesem Frevel verhielt es sich aber so. Es war in früherer Zeit ein athenischer Bürger, Namens Kylon, Olympiasieger, von edlem Ge-. schlecht und einflußreich, und Schwiegersohn des Megarensers Theagenes '97), welcher zu jener Zeit die Zwingherrschaft über Megara besaß. Aus dieses Kylon Anfrage in Delphi antwortete ihm der Gott, [*]( 197) TheageneS in Megara hatte sich als Befehlshaber eine bewaffnete Leibwache zu verschaffen gewußt, mit deren Hilfe er den Haß des Volkes gegen die Adeliche» nnd Reichen zum Sturz der Aristokratie beru tre, worauf er selbst die Tyrannis übernahm. Armut. Bellt. V, 4. S. Thuk. I. An. so. S. 2». Sein Schwiegersohn Kylon, von Geburt dem Adel angehörig und nicht ohne Beliebtheit beim Volk, versuchte nnn in Athen das Gleiche. Ol. 35 hatte er im DiauloS d. i. in der Doppel-Laufbahn gesiegt. ^ ) [*]( 8* )
Diesen Gräuel also befahlen die Lakedämonier zu tilgen, gleich als ob sie vor allen Dingen den Göttern die Ehre geben wollten; daneben wußten sie aber auch, daß Perikles, des Xanthippos Sohn, mütterlicher Seits mit jenem Geschlecht verwandt war, und dursten sicher sein, mit den Athenern leichter fertig zu werden, wenn jener ausgetrieben würde. Zwar erwarteten sie nicht sowohl, daß ihm grade dies widerfahren müsse, aber doch, daß es in der Stadt böses Blut gegen ihn machen werde, da er ja dieser schlimmen Verwandtschaft wegen auch zum Theil am Kriege Schuld sei. Denn er war zu seiner Zeit der mächtigste Mann, und da er die Staatsgeschäste lenkte, wirkte er in allen Dingen den Lakedämonier« entgegen, und ließ nicht zu, daß man ihnen nachgebe, sondern es war sein Trachten, die Athener zum Krieg zu bewegen.
Hingegen befahlen aber auch die Athener den Lakedämoniern, den Gräuel von TänaroS zu tilgen. Denn vor Zeiten hatten die Lakedämonier einmal schutzflehende Heloten aus dem Poseidon- tempel zu TänaroS weggelockt und dann getödtet, was sie selbst auch für die Ursache des großen Erdbebens hielten, welches über Sparta kam Außerdem befahlen sie ihnen auch, den Frevel gegen die ^Athene^ ChalkioikoS zn sühnen. Mit diesem verhielt es sich [*]( spulen. Wie erzählt wird, boten sich freiwillig zwei vornehmc Jünglinge, KrarinvS nnd KlesibivS, als Opfer dar. Auch errichtete EpimenideS das Heiligthuin der Eumenideu, d. h. er verwandelte seinem Berufe gemäß die schuldrächcuden Erinyen in versöhnte Göttinnen. Auch nahm er Einfluß auf die Gesetzgebung, indem er den Luxus bei Opfern untersagte, die Trauereereiiivnien beschrankte und mehrere Verfügungen traf, um die gesellshcaftliche Stellung des weiblichen Geschlechts zu heben. Bald nach seiner Rückkehr starb er. Spartaner lind Argiver gaben vor, seinen Leichnam zu besitzen. Zu Arhen setzte man ihm Bildsäule». — Unter den durch KleomeneS auSgetriebenett und später wieder zurückgekehrten Familien befand sich auch die der Alkmäoniden. welcher PerikleS durch seine Mutter Agariste, eine Urenkelin deS Alkmärm, angehörte. ) [*]( 202) l, tot. ) [*]( 202*) ChalkioikoS, d. l. erzhäusig. Die Statue der Göttin und die eigentliche Kapelle waren von Eisen oder Brente, d. h. die Wände waren mit Brvncetafel» verkleidet, wie es auch beim Schatzhaus deS AtreuS in M»ke»ä der Fall gewesen zu sein scheint, dessen steinerne Wände noch jetzt in gleichen Zwlschcuräumen mit starken, tief eiligetriebenen Brviicenägeln bedeckt sind, die )
So stand in dem Brief geschrieben. Xerxes aber freute sich sehr über denselben und schickte den ArtabazoS, des Pharnakes ^Sohn, an die Meeresküste mit dem Befehl, den Megabates abzulösen und an seiner Stelle die Statthalterschaft von Daökylion sMoskille am Marmora-Meer^ zu übernehmen, und gab ihm zugleich ein Antwortshcreiben unter Vorweisung des Siegels so schleunig als möglich an den Pausanias nach Byzanz zu bestellen; und wenn ihm Pausa [*]( wohl nur zum Festhalten solcher Erztoseln gedient hoben können. Pausan. IN, 17,3. )
Pausanias nun, der schon vorher wegen seiner Anführung bei Platää bei den Hellenen in hoher Achtung gestanden war, überhob sich nun noch viel mehr, nachdem er dies Schreiben empfangen hatte, und er konnte schon nicht mehr nach hergebrachter Weise leben, sondern verließ Byzanz in persischer Kleidung und ließ sich auf dem Wege durch Thrakien von persischen und ägyptischen Lanzknechten begleiten, speiste nach persischer Art und konnte überhaupt seine Absichten nicht verbergen, sondern zeigte schon in kleinen Dingen, was er später mehr im Großen zu thun gedachte. Er erschwerte den Zutritt zu sich und benahm sich gegen Alle ohne Unterschied so hochmüthig, daß ihm Niemand mehr nahe kommen mochte. Und dies war nicht der geringste Grund, weßhalb der Oberbefehl an die Athener überging.
Schon das erste Mal, als die Lakedämonier dies erfahren, hatten sie ihm die Heimkehr geboten; da er aber jetzt wieder mit dem [*]( Diejenigen, welche sich bei den Persern um die königliche Fa»iilie oder um den Staat verdient gemacht hatten, wurden Orosangen genannt, und ihre Namen und Tharen in besonderen Registern verzeichnet. Vergl. Buch Esther, Kap. S, Herbst. s, 85. ) [*]( 204) Angedenket wird, daß der König alle erforderlichen Gelder und Truppen hergeben wolle. Einer Angabe nach erhielt Pausanias SO» Talente Goldes, Stab. 39, 31 . (Kr.) )
Einen deutlichen Beweis hatten nun zwar die Spartaner nicht, weder seine Feinde, noch auch der ganze Staat, so daß sie ihn hätten zur Strafe ziehen können; denn er war von königlichem Geschlecht und stand auch gerade jetzt in königlichem Amte, weil er als Vetter über den jungen König PleistarchoS, des Leonidas Sohn, die Vormundschaft führte. Da er aber der Sitte zuwider handelte und barbarische Gebräuche nachahmte, so erweckte er selbst starken Verdacht, als wolle er dem Bestehenden nicht als Gleicher unter Gleichen gerecht . werden, und man gab deßhalb Acht auf ihn, ob er nicht in irgend etwas gegen die bestehenden Gesetze verstoße; und als es ihm beifiel, [*]( 205) Nollbries, Skytale, bestehend ans einem glatten, runden Stab. Einen hatten die Ephoret, den andern, von ganz gleicher Größe, erhielt der ausziehende Feldherr. Wollten die Ephoren diesem eine Depesche zusenden, so wickelten sie um ihren Stab einen weißen Riemen, beschrieben denselben und schickten dann den Riemen allein dem Feldherrn zu. Dieser wickelte ihn um . seinen Stab und las ihn. „Wenn man aber fragt, wie denn Pausanias die Stytale haben konnte, da er doch die Stadt insgeheim verlassen hatte, so ist zu antworten, daß er die Skytale noch von seiner ersten Feldherrnschast her besaß." (Schol.) ) [*]( 206) Vgl. Anm. IZZ. )
Als nun Pausanias sich zu ihm begab und um den Grund fragte,-weßhalb er sich als Hilseflehender gebehrde, so vernahmen sie Alles aus's Klärlichste, da ihm der Mensch sowohl das seinetwegen Geschriebene vorhielt und auch die andern Punkte einzeln zur Sprache brachte, wie er ihm ja doch in den Geschäften mit dem Perserkönig niemals fahrlässig gedient habe, und nun trotzdem den Ehrenlohn haben solle, sich wie so viele andere seiner Diener tödten zu lassen, woraus jener zugestehend antwortete und ihn bat, doch jetzt seinen Groll fahren zu lassen, und ihm Sicherheit verbürgte, wenn er sich aus dem Tempel entferne, und in ihn drang, doch so schnell als möglich abzureisen, damit die Unterhandlungen nicht in's Stocken geriethen 2").
Als die Ephoren dies Alles deutlich gehört hatten, entfernten sie sich, um ihn in der Stadt verhaften zu lassen; denn sie hatten jetzt eine sichere Ueberzeugung gewonnen. Da er nun auf der Straße ergriffen werden sollte, so merkte er, wie erzählt wird, an der Miene eines Ephoren, der auf ihn zuging, was dieser im Schilde [*]( 211)Die stanze Episode von Kap. 126 an wurde ihrer Klarheit wegen von jeher bewundert Die alten Nhetoren äußerten hier über TliukydideS Αέων έγέλασεν ένταυσα, ,,Hier hat der Löwe einmal gelacht." — Die ganze Episode könnte wohl von Thnkyd schon früher niedergeschrieben gewesen sein. ' )
Die Athener also verlangten ihrer Seits, daß die Lake-dämonier diesen Frevel tilgen sollten, als welchen ja auch der Gott selbst ihn erkannt habe. — Die Lakedämonier aber schickten Gesandte an die Athener und erhoben auch gegen den Themistokles die Anklage wegen Perserfreundschaft, denn die Untersuchung gegen den Pausanias habe dieselbe dargethan, und verlangten, er solle die Strafe erleiden. Die Athener ließen sich bereden, und da Themistokles, bereits durch das Scherbengericht verbannt? IV, damals in Argos wohnte, aber auch im Peloponnes umherreiste, so schickten sie mit den zur Verfolgung gleichfalls bereiten Lakedämoniern einige Leute aus, mit dem Befehl, ihn zu ergreifen, wo immer sie ihn träfen. [*]( 212) Der Tod des Pausn», fällt in Ol. 76,^ — 473 v. Chr.; Themi« stokle« war verbannt worden. Oh 76,l — 4 76 v. Chr. Krüger, Sind. S. 46, AS. )
Themistokles erhielt jedoch zu rechter Zeit Wind und floh aus dem Peloponnes nach Kerkyra, da er sich dessen Einwohner verpflichtet hatte ^ Weg. Weil aber die Kerkyräer sich fürchteten, ihn bei sich zn behalten, da sie sich dadurch, wie sie sagten, die Lakedämonier und Athener zu Feinden machen würden, so ließ er sich von ihnen . nach dem gegenüberliegenden Festland bringen. Da ihm aber die zur Verfolgung Ausgesandten auf der Ferse blieben, — denn sie hatten erfahren, wohin er gehe, — so zwingt ihn die Noth, beim Molosserkönig Admet, der nicht sein Freund war, einzukehren. Dieser selbst war nicht zu Hause, und Themistokles tritt als Hilfeflehender vor sein Weib, und diese weist ihn an, daß er ihrer beider Knäblein nehme und sich auf den Herd setze. Als nun nicht lange darauf Admet nach Haus kommt, gibt er zu erkennen,-wer er ist, und bittet, wenn er ihm auch einmal bei den Athenern in einer Rede entgegengetreten sei, so möge er das am Flüchtlinge nicht rächen; denn jetzt könne auch ein viel Schwächerer, als der König sei, ihm Schlimmes zufügen; edel aber sei es nur, vom Gleichen in gleicher Lage Sühnung zu fordern; auch habe er nur in einer unbedeutenderen Angelegenheit gegen jenen gesprochen und nicht in einer Sache, wo es sich um das Leben handelte; wenn er ihn aber jetzt ausliefere, so nehme er ihm alle Hoffnung auf Rettung; und zugleich erzählt er, weßhalb er verfolgt werde.
Da heißt ihn Admet mit seinem Söhnlein aufstehen, — so wie er sich mit dem Kind im Arme niedergesetzt hatte, denn das war die kräftigste Art der Schutzbitte, — und wie nicht lange darauf die Lakedämonier und Athener ankommen und viel Redens machen, gibt er ihnen den Themistokles nicht heraus, sondern läßt ihn, weil er zum König reisen wollte, auf dem Landwege nach dem jenseitigen [*]( 212*)Die Flucht faut Ol. 76,4, 473 v. Chr. Krnger, Sind. I, S. 51. Themistokles hatte davon abgerathen, die Kerkyräer und Andere, welche sich am Kampfe gegen die Perser nicht hatten bctheiligen wollen, zu bestrafen, Herab. 7, lK8; nach Blut. Thennst. 24 aber, weil er als Nichter einen Streit, den sie mit Korinth hatten, zn ihrem Vortheil entschied. Dem »achgenannte» König Admet hingegen hatte er sich hinderlich erwiesen, indem er den Athenern ein von demselben angetragenes Bündnis inißrieth. )
Der König nun, wie erzählt wird, bewunderte seine Klug- [*]( 213) Alexanders von Makedonien, vgl. Anm. 97. Das jenseitige Meer ist' daS Aestäische. ) [*]( 214) In Gesellschaft des sein theides, der sein und des Xerres Gastfreund war. Ausführlich erzählt bei Diodor XI, 56. )
ES ist erzählt worden, welche Forderungen die Lakedämonier bei ihrer ersten Gesandtschaft wegen der Fluchbeladenen Verbannung gestellt hatten, und was dagegen von ihnen war gefordert worden. Indem sie jedoch später noch einige Mal Gesandte schickten, verlangten sie von den Athenern, sie sollten von Potidäa abstehen und Aegina freigeben und endlich erklärten sie ganz bestimmt und deutlich, der Krieg könne von den Athenern abgewendet werden, wenn sie den Beschluß wegen Megara's zurücknähmen, in welchem gesagt war, daß die Megarer weder in den Häfen des Athenischen Gebietes, noch auch auf dem Attischen Markte zugelassen werden dürsten. Die Athener nun gaben weder im Uebrigen nach, noch auch nahmet sie diesen Beschluß zurück, sondern führten vielmehr Beschwerde über die Megarer, daß sie heiliges Feld und nicht abgegrenztes Land angebaut hätten^und ihren entlaufenen Sklaven Unterstand gewährten. Als aber als letzte Gesandte von Lakedämon Rhamphios, Melenppos und Agesander ankamen und von dem, was man früher von ihnen zu hören gewohnt war, Nichts mehr erwähnten, sondern nur dies: „Die Lakedämonier wollen, daß der Friede bestehe, und das könnte geschehen, wenn ihr den Hellenen die Unabhängigkeit lasset," so hielten die Athener eine Volksversammlung, und nachdem sie die unter ihnen vorhandenen Meinungen angehört hatten, beschlossen sie die ganze Angelegenheit ein für alle Mal zu berathen und eine endgiltige Antwort zu ertheilen. Es traten nun Viele auf, um zu reden, und es zeigten sich die Ansichten vershcieden, sowohl dafür, daß man Krieg führen müsse, als auch dafür, daß jener Beschluß dem Frieden nicht im Wege bleiben, sondern zurückgenommen werden solle. Da trat auch Perikles auf, deS Xanthippos Sohn, damals der Vor [*]( 216) Das heilige Gebiet zwischen Attika und Megara, welches die Athener den Elcustnischen Göttinnen geweiht hatten- Hievon verschieden ist daS „nicht abgegränzte Land", das keinen Besitzer hatte, also auch nicht bebaut werden durste. — linter den entlaufenen Sklaven werden Sklaven der Aspasia genannt; vgl. die letzte Anm. des l. B. )