History of the Peloponnesian War

Thucydides

Thucydides. Die Rede des Perikles für die Gefallenen. Binding, Rudolf G., translator. Mainz-Kastel: Hanns Marxen, 1937.

In diesem Winter feierten die Athener nach der Sitte der Väter öffentlich das Leichenbegängnis der ersten im Kriege gefallenen.

Mit dem Zuge kann jeder gehen der will, Bürger oder Fremder; auch die verwandten Frauen ziehen zur Bestattung hinaus in Wehklage.

Darauf setzt man die toten in dem öffentlichen Grabdenkmal bei, das in dem schönsten Vorort der Stadt gelegen ist. Und hier begrub man immer die im Kriege gefallenen, ausgenommen die Helden von Marathon; denn da man die Tapferkeit dieser für unvergleichlich erachtete gab man ihnen dort auf dem Schlachtfeld ihr eigenes Grab.

Wenn sie aber die Erde bedeckt hat spricht ein von der Stadt dazu erhobener Mann, der im Ansehen steht an Einsicht und würde hervorzuragen, zu ihrem Lobe wie es ihnen zukommt.

So werden sie bestattet. Danach entfernt man sich. Während des ganzen Krieges, so oft es dazu kam, hielt man sich an diese Sitte.

Für diese ersten nun wurde Perikles des Xanthippos Sohn erwählt zu reden. Als der Augenblick gekommen war, trat er, um weithin in der Versammlung gehört zu werden, vom Grabe hinweg auf einen Hochtritt, den man errichtet hatte und sprach also:

Die vielen, die vor mir von dieser Stätte aus gesprochen haben, preisen den der diese Rede des Gedenkens zum Gesetz erhoben hat; gleich als ob es genug der Ehre sei für die Gefallenen öffentlich zu reden. Mir aber würde es ehrenvoller erscheinen wenn Männer die durch die Tat sich geadelt haben, auch durch die Tat geehrt werden, wie sie ja in Gestalt dieser vom Staate selbst gerüsteten Bestattung vor Eurer aller Augen steht; und nicht sollte von eines Mannes Wort die Tapferkeit so vieler abhängen, sofern der dem dies Wort anvertraut ist vielleicht gut reden mag, vielleicht aber auch schlecht.

Denn schwer ist es das Maß der Rede zu treffen wo überhaupt kaum die Wahrheit zu veranschaulichen möglich ist.

Denn wer mit dabei war und den Dingen Gerechtigkeit widerfahren lassen will, der könnte leicht den Eindruck haben daß alles hinter seinem Willen und Wissen zurückbleibe. Der Unerfahrene aber wird es für übertrieben halten: aus Neid nämlich wenn er von Dingen hört die über seine Kräfte gehen. Denn daß anderen Lob gezollt werde ertragen die Menschen nur insoweit als auch jeder für seine eigene Person sich fähig hält, etwas von dem was er gehört hat zu vollbringen. Was aber darüber hinaus geht das neiden sie schon und schenken ihm keinen Glauben.

Da es indessen unsern Vorvordern so gut deuchte, muß auch ich dem Gesetze gehorchend versuchen, euer aller Erwartung und Wunsch zu erfüllen, so wie es in meiner Macht steht.-

Beginnen aber will ich mit unsern Vorfahren; denn dies ist nur gerecht gegen sie und ziemend, ihnen bei dieser Feier die Ehre des Gedächtnisses zu geben. Sie allein bewohnten dieses Land, nie vermischt mit Fremden, von ewigen Zeiten her, und in der Folge der Geschlechter bis zur Stunde überlieferten sie es dank ihrer Tapferkeit als ein freies Land bis auf uns.

Doch wenn jene würdig des Lobes sind, unsere Väter sind es noch mehr. Denn über das was ihnen überkommen war hinaus errangen sie, nicht ohne Mühen wahrlich, die Macht die wir jetzt innehaben und hinterließen sie uns, den Lebenden.

Das Höchste an Macht freilich haben wir selbst, das Geschlecht von heute, angehäuft und gefestigt in der Kraft unserer Mannesjahre und die Stadt in allen Stücken in den Stand gesetzt daß sie im Kriege wie im Frieden ganz sich selbst genüge.

Die Kriegstaten durch die das Einzelne errungen wurde, die Abwehrkämpfe in denen wir und unsere Väter gegen Barbaren oder Hellenen es schirmten, will ich unter Männern die des allen Zeugen waren nicht großsprecherisch schildern. Von dem Geiste aber der uns dahin gebracht, von den Staatseinrichtungen und Grundsätzen denen wir unsere Größe verdanken, davon will ich zuerst reden und dann zum lobenden Gedächtnis dieser Toten schreiten. Denn ich erachte es nicht nur als schicklich in diesem Augenblicke sondern auch als wesentlich und für jeden, Bürger wie Fremden, zuträglich solches zu hören.-

Wir genießen einer Verfassung welche die Gesetzgebung anderer

Staaten nicht nachahmt; im Gegenteil sind wir eher ändern ein Beispiel, als daß wir sie nachahmten. Und mit Recht wird sie, da die Gewalt nicht bei wenigen sondern bei der Gesamtheit ruht, Volksherrschaft genannt Jedem gebührt nach den Gesetzen gleiches Recht mit den ändern in allen seinen Angelegenheiten; in den öffentlichen Würden aber wird jeder dort wo er sich auszeichnet, nicht weil er aus einem bestimmten Teile der Bürgerschaft hervorgegangen sondern wegen seiner Tüchtigkeit, vorangestellt; auch wird keiner infolge von Armut, wenn er nur irgend etwas für den Staat zu leisten hat, um der Unscheinbarkeit seines Ranges willen ausgeschlossen.

Frei bewegen wir uns in den Verhältnissen des öffentlichen Lebens und untereinander bei der Reibung und dem Verdruß des Tages; wir tragen’s dem Nachbarn nicht im Zorn nach, wenn er etwas aus Lust und Übermut tut, wir verhärten uns aber auch nicht gegen ihn in Hinterhältigkeit und Zwang, die sein Auge schmerzlich und kränkend berühren würden.

Während wir dergestalt unbeschwert von Mensch zu Mensch verkehren, widerstreben uns im öffentlichen Leben zumeist aus sittlicher Ehrfurcht Unbotmäßigkeiten gegen die ständige Obrigkeit und die Gesetze, vorzüglich gegen die welche zum Schutze der Schwächeren und Notleidenden bestehen und, wenn auch ungeschrieben, doch nach allgemeiner Denkart den Übertreter brandmarken.—

Von der Arbeit bieten wir dem Geist vielerlei Erholung in Kampfspielen und Opferfesten, die über das Jahr hin gesetzlich angeordnet sind; nicht minder aber in gefälligen öffentlichen Bauten zum allgemeinen Gebrauch, dessen täglicher Genuß die Trübsal vertreibt.

Die Größe der Stadt zieht uns aus allen Ländern die Fülle der Erzeugnisse heran und was bei uns das Land an Gütern hervorbringt können wir nicht in höherem Grade als uns zu eigen genießen denn alle Schätze der Welt.—

Wir unterscheiden uns auch in Anschauung und Betreiben des Krieges von unseren Gegnern. Darin nämlich daß wir unsere Stadt als allen gemeinsam betrachten. Und nie geschieht es daß wir durch Ausweisung eines Fremden irgend jemanden von etwas Wissens- oder Sehenswertem abhalten, weil etwa dadurch daß man es nicht geheim hält irgend einer unserer

Feinde daraus Nutzen ziehen könne. Wir vertrauen nicht so sehr auf Vorkehrungen und Täuschungen als auf den in uns lebenden Mut und Glauben für alle unsere Werke. Und während jene schon von Kindesbeinen an, kaum entwickelt, in wahrhaft asketischen Übungen mannhaftes Wesen zu erwerben trachten, so gehen wir, wiewohl wir ungebundener leben, darum mit nicht geringerem Mut den gleichen Gefahren entgegen.

Beweis ist daß die Lakedaimonier nicht auf sich selbst vertrauend sondern mit allerlei Völkern gemeinsam unser Land bekriegen. Wenn aber wir den Krieg in fremdes Land tragen, so wird uns im Kampf selbst mit denen die Haus und Hof zu verteidigen haben meist unschwer der Sieg.

Auf unsere vereinte Macht stieß kein Feind jemals, weil wir mit dem Heer zugleich unsere Flotte halten und unsere Landmacht an vielen Punkten zugleich Verwendung findet. Wenn sie aber mit irgend einem Teile irgendwo zusammen treffen und geringfügige Kräfte von uns übermannen, prahlen sie, sie hätten unsere Gesamtmacht geschlagen, und wenn sie unterliegen, sie seien unserer gesamten Macht unterlegen.

Sei’s also drum, daß wir mehr aus Leichtblütigkeit als durch mühevolle Übungen und weniger infolge strenger Gesetze als infolge männlicher Grundsätze den Gefahren des Krieges gewachsen sind: es kommt uns zugute, zukünftiger Leiden wegen nicht im voraus uns zu sorgen und wenn sie da sind uns nicht mutloser als ewig sich Abmarternde zu erzeigen. —

Hierin ist die Stadt der Bewunderung würdig; aber nicht minder in anderem, denn wir sind Freunde des Schönen im Maße des Rechten und Freunde der Weisheit ohne der Weichheit zu verfallen. Vom Reichtum machen wir mehr zu gutem Werke Gebrauch als um in Worten damit zu prunken. Armut einzugestehen ist nicht schimpflich; doch ihr durch Arbeit nicht zu entfliehen ist mehr als schimpflich.

Dieselben Männer machen es sich zur Pflicht ihre eigenen Angelegenheiten zugleich mit denen des Staates zu verwalten; die ändern aber, die dem Werk ihrer Hände obliegen müssen, sind darum nicht ohne Verstand in politischen Dingen.

Denn wir allein sind es, die den der sich solchen ganz fernhält nicht für einen Ruheliebenden sondern für einen Unnützen

erachten. Auf eigenem Urteil und auf eigener Überzeugung beruht unser Tun; und wir halten nicht die Rede für eine Gefahr für die Tat, sondern eher, nicht durch die Rede sich belehren zu lassen bevor man zur Tat schreitet« Denn auch dies ist unsere Art: da am freiesten zu wagen wo wir am besten durchdacht haben; bei ändern aber erzeugt nur die Unkenntnis den Wagemut, die Überlegung jedoch Zagen. Die seelische Kraft derer wird wohl mit Recht als die stärkste gerühmt,die das Schreckliche wie das Süße mit voller Klarheit erkennen und doch sich keiner Gefahr entziehen.

Auch von der Tugend der Wohltätigkeit denken wir anders als die Meisten. Denn nicht Wohltat erleidend sondern Wohltat erweisend gewinnen wir Freunde. Beständiger ist der welcher die Gunst erwiesen hat; denn er ist gesonnen sich die Dankbarkeit dessen dauernd zu erhalten dem er gab. Der Empfänger indes ist weniger freudig insofern er nicht aus freier Gunst sondern nur in Entgegnung einer solchen gibt und Wohltat übt.

Und wir allein vermögen weniger aus Berechnung als aus stolzem Freigefühl und ohne üble Deutung zu beglücken. —

Indem ich alles zusammenfasse so sage ich daß unsere Stadt im großen eine hohe Schule für ganz Griechenland ist und daß im einzelnen jeder von uns vollkommen für jegliches Tun anmutig und sicher sich menschlich bewähren wird.

Daß dies nicht ein für die Gelegenheit berechneter Redeprunk sondern die Wahrheit der Dinge selbst ist? das erweist die Macht dieser Stadt, die wir kraft jener Eigenschaften aufgerichtet haben.

Sie allein geht, hocherhaben über alles von Menschen je Erhört, dem Gipfel ihrer Kraft entgegen und sie allein gibt weder dem andringenden Feinde Anlaß zur Entrüstung daß er von solchen Männern Schläge erleidet, noch Raum zu Klage bei den Unterworfenen daß sie von Unwürdigen beherrscht würden.

Unter gewaltigen Zeichen und wahrlich nicht unbezeugt haben wir unsere Macht ausgebreitet und die Bewunderung der lebenden Geschlechter wie der Nachwelt wird uns zuteil. Keines Homeros bedürfen wir als Verkünder unseres Ruhms noch sonst eines ändern der in Heldengesängen Herrliches darstellen mag während die Wahrheit die Uberhebung der Tat Lügen straft,

sondern wir haben zu allen Meeren und Ländern kühn uns den Eingang eröffnet und allüberall die Denkmäler unserer Taten im Bösen wie im Guten aufgerichtet.

Für eine solche Stadt nun haben diese willig ihr Leben hingegeben, tapfer gesonnen, sie nicht sich rauben zu lassen, und jeder der Unseren ist bereit aus Liebe zu ihr das Gleiche zu leiden. —

Deshalb aber habe ich den Angelegenheiten dieser Stadt länger das Wort gegeben um euch des zu belehren: daß wir nicht um Gleiches kämpfen wie die die nichts derart besitzen; zugleich aber um den Ruhm dieser für die ich spreche in allsichtbaren Beweisen ans helle Licht zu rücken.

Das höchste für sie ist schon gesagt. Denn was ich an dieser Stadt rühmte: dieser Männer und ihresgleichen Tüchtigkeit hat sie damit geschmückt; und nicht bei vielen Hellenen möchte ein solches Wort, wie bei diesen, die Taten nicht überbieten.

Ein solcher Untergang zumal wie ihn diese erlitten scheint mir Mannestugend zu bekunden, da er sie im ersten erfordert und im letzten besiegelt. Denn auch bei denen die sich in anderen Dingen schlechter erwiesen ist es gerecht die Tapferkeit im Kampfe für’s Vaterland über alles andere hinaus anzurechnen: indem sie dergestalt durch das Gute das Schlechte wettmachen, haben sie insgemein mehr genützt als im Einzelnen geschadet.

Von diesen aber hat weder einer, die Genüsse des Lebens voranstellend, in Wohlsein sich verweichlichen lassen noch in der Hoffnung seiner Armut durch Reichwerden zu entgehen es von sich geschoben dem Schrecklichen sich zu stellen. Die Züchtigung des Feindes war ihnen ersehnter, und indem sie die Gefahr des Todes als das Schönste empfanden, gedachten sie ihr zum Trotz den Feind zu züchtigen und damit zugleich das schönste Los zu gewinnen. Den unsichtbaren Erfolg überließen sie der Hoffnung, in der vor Augen liegenden Tat aber die es galt glaubten sie sich selber vertrauen zu müssen und gaben dabei Kampf und Tod den Vorzug vor Weichen und Rettung des Lebens. Schimpfliche Nachrede nur war es der sie zu entgehen trachteten. Die Tat aber bestanden sie mit ihrem Leibe, und auf einer ganz schmalen Schicksals schneide, vom höchsten Atem des Ruhmes umweht, fern aller Furcht, sind sie geschieden. —

Also handelnd

taten dem Staat sie Gebühr —: und sie wurden zu Helden. Die überlebenden aber sollen, wenn sie auch beten mögen um ein gnädigeres Schicksal, keine minder herrliche Gesinnung vor dem Feinde erweisen zu dürfen vermeinen. Denn allein den Nutzen einer solchen sollen sie nicht berechnend ins Auge fassen, den einer wohl dartun kann indem er euch weitschweifig vorredet was ihr schon wißt: wie gut und köstlich es sei den Feinden zu wehren; vielmehr sollt ihr, die Macht eurer Stadt Tag für Tag in solchem Wirken vor Augen sehend, sie liebgewinnen; und wenn sie euch groß dünkt an Ansehen, so bedenkt daß kühne Männer, die wußten was not tut und handelten wie es die Ehre ihnen gebot, dies alles errungen haben — die, wenn auch einmal ein Unternehmen fehlschlug, nun nicht gleich dem Staat ihre Kraft zu entziehen für gut befanden sondern sich ihm als schönstes Opfer darbrachten.

Zum Wohle aller gaben sie ihr Leben, sich selbst aber errangen sie unsterblichen Ruhm und das erhabenste Grab; nicht nur das in dem sie nun ruhen sondern auch jenes andere in welchem unvergessen ewig bei allen Geschlechtern bei jedem Anlaß der Rede oder der Tat ihr Gedächtnis bewahrt ist Leuchtender Männer Grab ist die ganze Erde und nicht nur die Inschrift der Säule in der Heimat bezeichnet sie.

Auch im fremden Lande lebt ewig in der Brust der Menschen das ungeschriebene Gedächtnis ihrer Gesinnung mehr noch als das ihrer Tat.

Diesen also eifert nach; und wenn ihr das Glück in der Freiheit, die Freiheit aber im Mute findet dann blickt ihr nicht ängstlich um euch in den Gefahren der Schlacht.

Nicht die welche ein elendes Dasein führen und keine Hoffnung vor sich sehen haben eine bessere Ursache das Leben in die Schanze zu schlagen, sondern die denen ein Umschwung vom Glück zum Unglück droht und bei denen der Unterschied groß ist wenn sie das Unheil betrifft.

Denn schmerzlicher trifft einen Mann die durch Verweichlichung eintretende Erniedrigung als der in der Blüte der Kraft und gemeinsamer Hoffnung nicht mehr fühlbare Tod. —

Deshalb will ich nun auch die Eltern der Gefallenen, euch zumal die ihr zugegen seid, nicht mehr beklagen sondern trösten. Wißt ihr doch selbst daß ihr in mannigfacher Unbeständigkeit

und vielerlei Wechsel des Geschickes herangewachsen seid. Das wahre Glück aber liegt in einem wohlanstehenden Schicksal wie es diesen in einem herrlichen Ende, euch in der edelsten Trauer bereitet ist, außer euch aber nur jenen gewährt wird denen ein gütiger Geist Leben und Sterben zu gleicher Wohltat hinausführt.

Wohl ist es schwer euch zu überzeugen die ihr so oft an jene gemahnt werdet wenn ihr andere in einem Glück erblickt auf das ihr selbst dereinst stolz wart. Man betrübt sich ja nicht um den Verlust von Gütern die man nie erfahren hat sondern um die deren man beraubt wird nachdem man sie genossen.

Es müssen aber in der Hoffnung auf andere Kinder die sich aufrichten die noch im Alter sind Kindern das Leben zu geben; denn im eigenen Hause werden vielleicht die Neugeborenen die vergessen lassen die nicht mehr sind, und dem Staate wird es ein doppelter Vorteil sein, nicht arm zu werden an Bürgern und an Sicherheit zu gewinnen. Denn es ist nicht möglich daß einer das Gemeinwohl im gleichen Sinne wohl berate wie andere, wenn er nicht, wie die Ändern, Kinder daran zu wagen hat.

Ihr aber, die ihr über jenes Alter hinaus seid, nehmt als Gewinn daß ihr den längeren Teil eures Lebens in Glück verbrachtet und der andere Teil nur kurz sein wird. An dem Ruhm dieser Toten sollt ihr euch aufrichten. Denn die Ehre allein ist nicht alternd und in den Jahren nutzlosen Greisentums ist es nicht Zinsgewinn was, wie viele sagen, am meisten erfreut sondern Ehre zu genießen.—

Euch Söhnen aber und Brüdern der Gefallenen, soviel eurer sind, sehe ich großen Wettstreit erwachsen. Denn wer nicht mehr unter den Lebenden ist, dessen Lob redet jeder; euch aber mag es selbst bei einem Übermaß von Tapferkeit nicht gelingen, jenen auch nur gleichgeachtet zu werden; immer vielmehr werdet ihr ihnen nachstehen müssen. Denn unter den Lebenden herrscht der Neid gegen den Nebenbuhler; dem Gegner aber, der nicht mehr im Wege steht, nicht mehr durch Gegnerschaft hemmt, dem tut man die Ehre des Wohlwollens an, das durch keine Gegnerschaft mehr beschränkt wird.

Ziemt es mir aber nun noch der fraulichen Tugend derer zu gedenken die nun im Witwentum leben werden, so will ich in kurzer Mahnung alles berühren. Euer Ruhm

wird es sein, der euch beherrschenden Natur nicht unterlegen euch zu erweisen; und nicht besprochen zu werden unter den Männern in Lob oder Tadel wird eure höchste Ehrung sein. —

So habe ich nun dem Gesetze gehorchend gesagt was in Worten zu sagen war: durch die Tat sind die Begrabenen schon geehrt. Ihre Söhne aber wird die Stadt auf öffentliche Kosten von jetzt ab bis zum Mannesalter erziehen und setzt damit ihnen wie auch den überlebenden den prächtigen Siegeskranz als Preis ihres Kampfes aus. Denn der Bürgerschaft werden die tapfersten Männer erwachsen in welcher der Tapferkeit der höchste Preis zuerkannt wird.

Nun aber weihe ein jeder den Seinigen die letzte Klage und darauf geht von hinnen.