De Libero Arbitrio

Methodius

Methodius, De Libero Arbitrio, Bonwetsch, Hinrichs, 1917

<Frage.> Und da nun, o Freund, du sagst, daß Gott nicht der Schöpfer des Bösen sei, sagst aber, daß es getan wird gemäß der Wirkung des Teufels von den ihm floge Leistenden, die sich jenes Willen hingegeben haben; daher, sagst du, würden sie auch mit Recht gestraft, da sie, obwohl vermögend seinen Willen zurückzuweisen, nicht wollen; so will ich dich über ihn, den Teufel selbst, fragen. — Hat Gott ihn so geschaffen, oder hat er sich selbst zum Bösen gewandt, nachdem er zuvor nicht so gewesen? —

Wenn er aber nun so [*](S Ezn — 6 vgl. Joh. Dam. De orthod. fide IV, 21 1 »scheint mir« < Ezn 2 »nicht zu« S 27v | »daß nicht — tun« Z. 3: »daß das, was dem Willen Gottes gemäß geschieht, gut ist, und was außerhalb seines Willens ist, böse ist« Ezn 4 »weil«: denn er weiß das Gute und tut es nicht, und er ist des Bösen kundig und meidet es nicht. Und nicht als böse und als quäler hat ihn Gott erschaffen, und nicht als Versucher, daß er die Gerechten durch ihn prüfend ausscheide, und nicht wird er selbst aus sich als böse befunden und nicht als unerschaffen und als Widersacher Gottes, sondern« Ezn | Joh. Dam. αὐτεξούσιος ὡς λογικός, ἑκουσίως τε τῆς κατὰ φύσιν ἀρετῆς ἀπεφοίτησεν 6 »er wagte dies zu tun«: »und an das, wovon er wußte, daß es böse sei, hat er sich gewagt« Ezn 8 »als — geschehe«: »als ein von den Zufällen des Wollenden Gewordenes« Ezn 10 »auch« + Ezn 15 »Du sagst«: »sagen sie« Ezn 17 »die — haben« Z. 18: »und betrogenen Menschen« Ezn 19 »obwohl — zurückzuweisen«: »denn sie hätten das Böse abschneiden und entfernen können« Ezn | »s. Willen« S 28 21 »Zu denen, die sagen: Hat Gott den Teufel böse geschaffen, oder hat er sich selbst verkehrt zum Nichtuatürlichen (nicht von Natur Eignenden)« vor »Hat« + rot S)

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war von Gott, so gebührte es ihm nicht, Strafe zu empfangen, da er sich in der Nture bewahrte, wie ihn Gott erschaffen. τοὺς <γὰρ> παρὰ τὴν προαίρεσιν τοῦ θεοῦ πράττοντάς τι δικαίως . . κρίωεσθαί φαμεν ὅτι μὴ ἔμειναν τοιοῦτοι, ὁποίους ἤθελεν ὁ θεὸς <εἶναι>.

Wenn aber von Gott jemand gut geworden ist, er jedoch seinen Willen auf das Böse verkehrte, nachdem er das Bessere gelassen, so empfange er mit Recht Strafe in betreff dessen, was er gewagt zu tun. Denn daß er nicht so von Gott geworden, sagte ich oben, durch ein Wort gesagt habend, daß ihm Neid die Ursache einer solchen Wahl war.

<Antw.> Und da DU wiederum bittest zu sprechen, beginne ich die Rede. Ich sage, daß der Teufel nicht von Natur ein von Gott Abspenstiger war, sondern eine gewisse zum Besseren dienende Kraft. Da er aber neidisch geworden auf den Menschen, sage ich, daß er durch seine eigene Wahl Teufel geworden sei; denn verlassend den Gehorsam [*](2 vgl. Athenag. Suppl. 24 S. 32, 12ff Schwartz — 8 De autex. 18, 8 S. 194, 4 ff S C (Z. 2f) Ezn — vgl. Basil., Quod deus non est auctor malorum 8. Didymus PGr 39 Sp. 1100. Theodoret Epit. div. decret. 8 PGr 83, 477 — 11 Chrysost. Hom. de diab. tent PG 49, 260 2 »erschaffen«: »und wer nicht mit Willen etwas tut, der braucht dafür nicht Strafe zu erleiden« + Ezn | Theodor. ἀγαθὸς δημιουργηθεὶς ὁ διάβολος, ἑκὼν εἰς πονηρίαν ἐπέκλινεν. ἀρκεῖ δὲ καὶ ἡ ἀπειληθεῖσα κόλασις αὐτῷ δεῖξαι τὸ τῆς κακίας αὐθαίρετον· Basil. πονηρὸς ὁ διάβολος, ἐκ προαιρέσεως ἔχων τὴν πονηρίαν, οὐ ζηλοτυπίας ἡμῖν εἰς ἔχθραν ἀντικατέστη | τοὺς—θεός Z. 4 C in C Bl. 135r (Holl 196). Lemma ἐκ τοῦ αὐτοῦ (nach De autex. 18, 8. 9) | τοὺς—φαμεν Z. 3: »aber wer mit Willen zu handeln vermag und eine Handlung der Schlechtigkeit verrichtet, der wird mit Recht gestraft« Ezn | γὰρ + S 3 δικαίως: etwa ζημιωθῆναι καὶ + S 4 ὅτι—εἶναι: »denn er blieb nicht in dem, was Gott will« Ezn | εἶναι + S 5 »er jedoch«: »und er selbst aus sich« Εzn 8 »er nicht so«: «der Satan nicht als Satan« Ezn | »sagte ich oben«: »wir wissen« Ezn | »durch e. Wort—Abspenstiger war Z. 11f: »sondern den Namen Satan erhielt er vom Abweichen als seinen Namen« Ezn (»denn Satan heißt in der Sprache der Hebräer und Syrer der Abgewichene«) + Ezn 11 Chrys. ἡ πονηρία ἐπὶ τοῦ διαβόλου οὐκ ἐξ ἀρχῆς ἦν, ἀλλὰ μετὰ ταῦτα ἐπεγένετο, διὸ καὶ ἀποστάτης λέγεται 12 »gewisse z. Bess. dienende«: »das Gute kennende« Εzn und + »wurde von Gott geschaffen« | »Kraft« S 28v 14 »sein Einflüsterer« Ezn)

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Gottes, fing er an ungehorsam zu sein und fing an zu lehren Gotte Widersprechendes, nachdem er verlassen das Bessere und sozusagen ein Deserteur von Gott geworden.

Es gibt mir aber Zeugnis, der ich so rede, ein heiliges Wort, einen Deserteur und eine Schlange ihn nennend, indem es spricht: »durch den Befehl aber tötete er die abgefallene Schlange«. Denn es war in Wahrheit das Wort Gottes den Teufel tötend, da er ihn zu untertreten die Macht den irdischen Menschen gab. Denn nicht hätte ihn einen Abgafallenen die heilige Schrift genannt, wenn er ein solcher geblieben wäre, wie er von Gott geschaffen war, und nicht verlassend, was er war, zu dem, was er nicht war, übergegangen wäre. Denn der Name Abgefallener zeigt an, daß er nicht dasselbe jetzt ist, was er zuvor war.

Dadurch zeight es sich auch, daß er nicht ungeschaffen ist. Denn wenn er ungeschaffen wäre, so wäre er nicht abgefallen von seiner Nature. Wenn ich aber auch einräume, daß dies möglich sei, muß man <doch>, da jetzt der Teufel böse ist, sagen, daß einst eine Zeit war, wo der Teufel nicht böse war; also aber auch, daß sich als nicht substantiell das Böse erweist. Denn dieselbe Natur (»Substanz«?), da sie bleibt, erleidet nicht, bald böse zu sein, bald wiederum gut.

[*](3 Slav. Henochb. 31, 4. Theoph. Ad Autol. II, 28 S. 136, 17 Otto. Iren. Adv. haer. V, 21, 2. 3 — 5 Jes. 27,1—7 Gen. 3, 15. Röm. 16,20 S Ezn — 3 Pseudoign. Ad Phil. 11 S. 226, 3 Zahn — 5f Pseudoignat. Ad Phil. 11. 12 S. 224, 30. 226, 14ff Zahn 1 »die Menschen zu lehren« Ezn 1f »Gotte Widerspr.«: »Gottes Geboten sich zu widersetzen« Ezn 2 »nachdem — geworden« Z. 3: »und wie ein Abtrünniger fiel er ab, und wendete sich von Gott ab« Ezn 3f Theoph. δαίμων δὲ καὶ δράκων καλεῖται διὰ ἀποδεδρακέναι αὐτὸν ἀπὸ τοῦ θεοῦ Iren. V, 21, 2 Satana . . apostatam significat. V, 21,3 fugitivum eum . . et apostatam Dei ostendens | Pseudoign. δοῦλος δραπέτης 5 »indem es spricht« < 5f Pseudoign. ὁ δράκων ὁ ἀποστάτης ὁ σκολιὸς ὄφισ ὁ τοῦ θεοῦ ἀποστάς u. e. 12 σὺ ἀποστάτης γέγονας 7 »den ird. Menschen« < Ezn 8 »Denn«: »Also einen Abtrünnigen nennt ihn« Ezn 10 »und nicht—zuvor war« Z. 12: »denn wer abtrünnig wird, der verläßt seine Lage« Ezn 11 »Denn der Name Rebell« otmětnoje bo imja: otmêtno obo (oboe B) imja 14 »Wenn ich aber—Böse erweist« Z. 17 <Ezn 15 »muß man« S 29 17 »substantiell« »von Natur« | »Denn — erleidet nicht« Z. 18: »denn es ist keiner Natur möglich, ohne ihne ihren Willen« Ezn 18 »Substanz« »Natur«)
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<Frage.> Wenn aber nun auch der Teufel geschaffen war, doch nicht so von Gott geschaffen, sondern er sich selbst verkehrte zum Schlimmeren vom Besseren, das heißt, vom Gehorsam zum Ungehorsam, sage.

ob Gott nicht gewußt habe, daß er ein solcher werden würde, und deshalb ihn schuf, oder indem er Kenntnis dessen, was er werden würde, hatte? Denn wenn er zuvor wußte, welche Schuld werde der Teufel haben? Wenn er aber nicht kannte den Abfall des Teufels vom Größeren, wird er unschuldig sein, aber geringer als heidnischen Wahrsager.

Antw. Daß irgendein Nichtwissen bei Gott ist, das zu sagen scheint mir ungeziemend zu sein; denn fremd ist dies der göttlichen Natur. Aber daß wiederum, wenn er, Kenntnis des Zukünftigen habend, den Teufel geschaffen, er schuldig ist am Bösen, ebenso auch sage ich, daß dieses ungeziemend sei.

Ich sage aber gleichwolh die Ursache aus, wegen welcher Gott, das Zukünftige vorauswissend, diesen geschaffen; ich sage aber nun dies, daß Gott, guten Wesens seiend, nicht wollte, daß sein Rechttun verborgen bleibe und er deshalb nicht bekannt werde, Deshalb hat — auch voraus wissend, daß der Teufel abfallen werde, wie die Menschen sündigen machen und übertreten sein Gebot —, damit vielmehr der freie Wille dem Menschen sich zeige, Gott ihn geschaffen, damit das Über- [*](3 De sanguis. 3 S Ezn 1 »Wenn aber«: »sagen sie« + Ezn 3 »Ungehorsam«: »Zu denen, die sagen: Wußte Gott, daß der Teufel böse werden würde, oder wußte er es nicht?« + in roter Schrift S 3f »ob Gott—habe« Z. 4: »Wußte Gott . . oder wußte er es nicht« Ezn 5 »dessen, was er werden würde«: viell. »des Zukünftigen« 6 »welche—Wahrsager« Z. 8: »und ihn doch erschuf, so ist Gott selbst die Ursache von dessen Abwendung vom Guten; aber wenn er es nicht wußte, wie erschuf er den, von welchem er nicht wußte, wie er werden würde?« Ezn 7f viell. »wird er von Größerem unschuldig sein« 9 »Antwort« + Ezn | »das—zu sein« Z. 10: »ist eine ungeheure Torheit« Ezn 10 »denn fremd —welcher« Z. 14 < Ezn 11 »habend« S 29v 14 »Gott«: »er allein« Ezn 15 »diesen — dies« < Ezn 15 »Rechttun« »Wohltat«: »Edelmut« Ezn 17 »und er — werde« < Ezn 18 »abfallen — sündigen machen« Z. 19: »ein Verleiter und Verführer der Menschen sein würde« Ezn 20 »zeige«: »DAß, wenn der Mensch allein ein Wissen des Guten wußte, er nicht wüßte den Unterschied des Bösen« + in rote Schrift S 20f Iren. IV, 39, 1 magnanimitatem . . praestante Deo)

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schwängliche seiner Güte den Menschen bekannt würde, wegen der Darreichung des »Erlasses der ersten Sünden«, nicht aber immer das Böse festzuhalten, um dessentwillen sie jenem ungehorsam waren, gehorchten aber dem geschaffenen Knecht; deschalb sage ich, daß Gott, obwolh er sehr wohl wußte, daß er ein solcher werden werde, den Teufel geschaffen, damit er seine Güte den Menschen zeige, auf daß der Mensch die Gnade Gottes erkenne, damit sein Vielfältiges die Menschen erkennen.

Denn wenn nicht wäre die entgegengesetzte Composition indem wir allein hiervon Kenntnis hätten, nicht wissend den Unterschied des Besseren. Dazu wäre aber auch der freie Wille dem Menschen genommen, indem er nur wüßte mit Gehorsam allein zu dienen; es wäre aber gleich auch das Ende aller Menschen, indem nicht unterschieden wäre die Wahl eines jeden, und es würde, der heute böse ist, dieselbe Gabe beanspruchen.